Marihuana / Cannabis gegen Stress

Niedrigdosiertes THC kann Stress abbauen; mehr kann zu Ängstlichkeit führen

03.06.2017 Marihuana-Raucher berichten oft, dass sie die Droge zur Entspannung oder zum Stressabbau benutzen, aber es gibt bislang nur wenige Studien, die klinische Belege für diese Effekte bieten.

Wieviel Cannabis genügt, um Stress abzubauen?

Nun haben Forscher der Universitäten Illinois in Chicago und Chicago herausgefunden, dass niedrig dosiertes Tetrahydrocannabinol (THC) – die wichtigste psychoaktive Verbindung in Marihuana – Stress reduziert, aber in einer stark dosisabhängigen Weise:

Sehr niedrige Dosen verringerten die Ängstlichkeit (z.B. vor Menschen zu sprechen), während etwas höhere Dosen – genug, um ein leichtes „High“ zu erzeugen – tatsächlich die Angst verstärken konnten.

Studienautorin Emma Childs vom Fachbereich für Psychiatrie und ihre Kollegen rekrutierten 42 gesunde Probanden im Alter von 18 bis 40 Jahren, die einige Erfahrungen im Cannabiskonsum hatten, aber es nicht täglich konsumierten.

Die Teilnehmer wurden zufällig in drei Gruppen eingeteilt:

  1. Die niedrig dosierte Gruppe erhielt eine Kapsel mit 7,5 Milligramm THC;
  2. die moderat dosierte Gruppe erhielt eine Kapsel mit 12,5 Milligramm THC; und
  3. eine Placebo-Gruppe erhielt eine Kapsel, die kein THC enthielt.

Weder die Teilnehmer noch die Forscher wussten, wer was bekam.

Die Dosen, die in der Studie verwendet wurden, produzieren Effekte, die nur ein paar Zügen einer Marihuana-Zigarette entsprachen, sagte Childs und bemerkte, dass es schwierig ist, Dosen aus gerauchtem Marihuana mit Dosen des aufgenommenen THCs zu vergleichen.

Die Forscher wollten keine viel größere Dosis benutzen, denn sie wollten potenzielle Nebenwirkungen oder Herz-Kreislauf-Effekte vermeiden, die sich aus höheren Dosen von THC ergeben können.

Stress, Angst und Stimmung


Bild: Emilian Robert Vicol (pixabay)

Vor, während und nach verschiedenen Aufgaben bewerteten die Teilnehmer ihr Stress-Niveau und ihre Gefühle. Blutdruck, Herzfrequenz und Cortisol, ein wichtiges Stresshormon, wurden in Intervallen gemessen.

Die Teilnehmer, die 7,5 Milligramm THC erhielten, berichteten über weniger Stress nach dem psychosozialen Test und ihre Stresswerte waren nach dem Test schneller abgebaut im Vergleich zur Placebo-Gruppe.

Teilnehmer, die 12,5 Milligramm THC vor den Aufgaben erhielten, entwickelten vor und während der Aufgaben eine stärkere negative Stimmung, und bewerteten die psychosoziale Aufgabe eher als „anspruchsvoll“ und „bedrohlich“. Sie nahmen sich auch mehr Pausen während des Tests im Vergleich zu denen in der Placebo-Gruppe.

Es gab keine signifikanten Unterschiede bei den Blutdruck-, Herzfrequenz- oder Cortisolwerten der Teilnehmer – vor, während oder nach den Dosen oder den Aufgaben, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt Drug and Alcohol Dependence.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universitäten Illinois in Chicago und Chicago, Drug and Alcohol Dependence; Juni 2017

Stress-Resilienz durch langfristigen Cannabis-Konsum?

31.07.2017 Eine neue im Fachblatt Psychopharmacology veröffentlichte Studie stellte fest, dass Cannabis-Langzeitkonsumenten eine gedämpfte physiologische Reaktion auf Stress zeigen.

Die Forscher setzten 40 Marihuana-Konsumenten (täglicher Konsum) und 42 Kontrollteilnehmer (hatten in ihrem Leben weniger als 10 mal Mariahuana geraucht) zwei Bedingungen aus: einem standardisierten Stress-Test (in diesem wurde starker Stress provoziert) und einem No-Stress-Test (gleiche Umgebungsbedingungen aber ohne Stress hervorzurufen). Alle waren am Tag des Tests Cannabis-abstinent.

Vor und nach dem Test wurde der Speichel der Teilnehmer auf das Stresshormon Cortisol untersucht; nach dem Test sollten die Teilnehmer ihre Stressreaktion bewerten.

Keine Reaktion auf hohen Stress

Die Wissenschaftler Carrie Cuttler und Ryan McLaughlin vom Fachbereich Psychologie der Washington State Universität fanden praktisch keinen Unterschied bei den Speichel-Cortisol-Werten der beiden Gruppen starker Cannabis-Konsumenten zwischen der psychologisch und physiologisch hoch-stressenden und der nicht-stressenden Situation.

D.h. die regelmäßig Marihuana rauchenden Testpersonen reagierten auf die Stressoren in der Hoch-Stress-Umgebung psychologisch und körperlich (Cortisol) nicht anders als in der fast stressfreien Umgebung.

Im Gegensatz dazu war der Cortisolspiegel bei den Kontrollteilnehmern – die also kein Marihuana rauchten – sehr viel höher in der hochstressenden Situation als im No-Stress-Szenario.

Die Ergebnisse bestätigen damit frühere Forschungsbefunde, wonach chronischer Cannabis-Gebrauch mit gedämpfter Nebennieren- und emotionaler Reaktivität einhergeht.

Vor- und Nachteile

Damit zeigt Cannabis einen Nutzen an für die Resilienz gegenüber Stressbelastungen, schreiben die Psychologen – vor allem bei Personen, die bereits eine emotional verstärkte Reaktivität gegenüber stressenden Situationen aufweisen – also z.B. bei stressanfälligen Menschen.

Allerdings betonten die Forscher, dass die Freisetzung von Cortisol in der Regel zur Anpassung an gefährliche Situationen benötigt wird, so dass der Betroffene Energiereserven mobilisieren und angemessen auf Bedrohungen in der Umwelt reagieren kann.

So könnte die Unfähigkeit, eine richtige hormonelle Reaktion auf Stress zu erbringen, auch schädliche Auswirkungen haben, die möglicherweise für das Individuum Nachteile bringen könnten, sagte Cuttler.

Die Psychologen können derzeit nicht bewerten, ob diese gedämpfte Stressreaktion eine gute oder eine schlechte Sache ist. Wichtig sind weitere Studien, um potenzielle therapeutische Vorteile von Cannabis in dieser Hinsicht zu erforschen.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Washington State Universität, Psychopharmacology – DOI: 10.1007/s00213-017-4648-z; Juli 2017

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