Sucht, Abhängigkeit im Gehirn

Gehirn bewahrt Zeichen von Kindheitstrauma und Warnung für Drogensüchtige

Gehirn und Suchterkrankungen
Bild: Gerd Altmann

13.07.2014 Das Gehirn von in der Kindheit misshandelten Menschen zeigt oft ein geringeres Volumen in einigen Regionen der Hippocampusformation.

Diese mit emotionalen und Gedächtnisfunktionen verbundenen Bereiche des Gehirns stehen auch mit einem erhöhten Rückfallrisiko – und mit schwereren Rückfällen – bei Drogenabhängigen in Verbindung, laut einer neuen Yale Studie.

Die in der Zeitschrift JAMA Psychiatry veröffentlichte Arbeit identifiziert mögliche biologische Marker, die Süchtige mit einem hohem Risiko für einen Rückfall bestimmen können.

„Wir müssen darüber nachdenken, welche Erkrankung bei Drogenmissbrauch anzusprechen ist und wir sollten herausfinden, welche Behandlungen, Übungen und Medikamente benutzt werden können, um Konnektivität und neues Wachstum in den Gehirnzellen dieser spezifischen Gehirnregionen anzuregen, damit ein Trauma-gebundener Gehirnschwund ausgeglichen werden kann“, sagte Autorin Rajita Sinha, Psychiatrie-Professorin und Direktorin des Yale Stress Center.

Das Yale Team untersuchte 175 wegen Drogenmissbrauch behandelte Patienten – sowie Kontrollteilnehmer – und führte bei beiden Gruppen Gehirnscans durch. Zu den Mitgliedern beider Gruppen zählten Personen, die über Missbrauch in ihrer Kindheit berichtet hatten.

Die Missbrauchsopfer zeigten eine Reduktion des Gehirnzellvolumens in der Hippocampusformation.
Drogenmissbraucher mit einem geringeren Hirnvolumen speziell in diesen traumabetroffenen Bereichen zeigten ausgeprägtere (schwerere) Suchtrückfälle als diejenigen, die ein größeres Volumen in diesen Regionen des Gehirns hatten und diejenigen, die über keine oder geringere Traumata berichteten.

„Da Kindheitstraumata häufig bei Drogensüchtigen vorkommen, könnten Interventionen, die diese traumagebundenen strukturellen Gehirnveränderungen ansprechen, helfen, bessere Behandlungspläne zu entwickeln, die eine erfolgreiche Genesung von der Sucht fördern“, sagte Sinha.

© PSYLEX.de – Quelle: JAMA Psychiatry/Yale Stress Center, Juni 2014

Sucht fängt mit Überkorrektur im Gehirn an

17.07.2014 Neue Forschungsbefunde legen nahe, dass der Prozess der Sucht/Abhängigkeit des Gehirns einem Fahrer ähnlich ist, der ein Fahrzeug übersteuert.

Wenn Alkohol, Nikotin und andere Drogen ein unnatürlich hohes Dopaminniveau im Belohnungssystem des Gehirns freisetzen, tritt oxidativer Stress im Gehirn auf, laut Wissenschaftlern der Brigham Young University, USA.

„Sucht ist eine Erkrankung des Gehirns, die wie jede andere Krankheit behandelt werden kann“, sagt Forscher Scott Steffensen.

Entstehung von Schmerzen und Angst

Während ihrer Forschung stellten Steffensen und seine Mitarbeiter fest, dass das Gehirn mit der Herstellung eines Proteins – Wachstumsfaktor BDNF (eng.: „Brain-derived neurotrophic factor“ – ‚dem Gehirn entstammender neurotropher Faktor‘) reagiert. Diese Korrektur unterdrückt die normale Produktion des Dopamins im Gehirn lange noch nachdem jemand von einem Hoch herunterkommt. Aber wenn nicht genug Dopamin vorhanden ist, entstehen (beim Entzug) Schmerzen und Angst.

„Der Körper versucht, das unnatürlich hohe Niveau an Dopamin zu kompensieren, aber ein pathologischer Prozess tritt dadurch auf“, sagte Steffensen. „Wir denken, dass es sich alles auf eine Teilmenge an Neuronen konzentriert, die normalerweise bei der Dopaminfreisetzung bremsen.“

Dopamin

Steffensen und sein Team haben drei neue wissenschaftliche Forschungsartikel zu diesen Prozessen herausgegeben, die ihre Forschung ausführlich darstellen:

In The Journal of Neuroscience zum Thema Entzug und wie Nikotin und Alkohol im Gehirn wechselwirken, und in Addiction Biology wie die Effekte einer Kokainsucht auf das Belohnungszentrum des Gehirns wirken. In allen drei Studien ist Dopamin der rote Faden.

Sucht ist ein riesiges Problem in unserer Gesellschaft und wird eigentlich missverstanden, sagen die Autoren. „Unsere Forschung hilft uns, Ideen zu entwickeln, wie wir diesen Personen durch nicht-invasive und nicht-pharmakologische Mittel besser helfen können.“

„Ich bin optimistisch, dass wir in der nahen Zukunft in der Lage sein werden, die Gehirnveränderungen bei der Dopaminübertragung, die mit der Drogenabhängigkeit auftreten, umkehren und so einem Süchtigen einen relativ normalen Zustand zurückgeben können“, sagte Steffensen. „Dadurch wird es dem Süchtigen ermöglicht rationalere Entscheidungen bezüglich seines Verhaltens zu treffen, und es wird ihm ermöglicht drogenfrei zu bleiben.“

© PSYLEX.de – Quelle: Brigham Young University, Juli 2014

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