Das ‚errötende Gehirn‘: Neuronale Substrate der Erhöhung der Wangentemperatur als Reaktion auf Selbstbeobachtung
22.07.2024 Psychologen und Neurologen haben herausgefunden, dass Erröten eher mit einer erhöhten emotionalen Bewusstheit und ihren Handlungen zusammenhängt als mit dem Gefühl, von anderen beurteilt zu werden.
In ihrer in der Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences veröffentlichten Studie baten die Forscher der Universität Amsterdam (Niederlande) und der D’Annunzio-Universität Chieti-Pescara (Italien) eine Gruppe von Teenagern und 20-Jährigen, ein peinliches Ereignis zu durchleben, während das Gehirn mittels MRT gescannt wurde.
Die meisten Menschen sind schon einmal errötet und haben dies bei anderen beobachtet. Erröten wird durch eine erhöhte Durchblutung der Wangen und manchmal des gesamten Gesichts, der Ohren und der Brust verursacht. Erfahrungsberichte deuten darauf hin, dass solche Erlebnisse eng mit Gefühlen der Entblößung und/oder Peinlichkeit verbunden sind. Warum Menschen erröten und welche Prozesse dabei ablaufen, wurde jedoch nie geklärt.
Das Experiment
In dieser neuen Studie untersuchte das Forscherteam das Phänomen, indem es 40 Personen – Teenager und Personen Anfang 20 – rekrutierte, die beim Singen eines Karaoke-Songs aufgenommen wurden. Während der Aufführung führten die Forscher MRT-Scans durch.
Um die Peinlichkeit noch zu verstärken, teilten die Forscher den Freiwilligen mit, dass andere Personen die Aufführung beobachten und anhören würden. Das Forscherteam gab den Versuchspersonen auch nur vier Lieder zur Auswahl, die alle wegen ihres hohen Schwierigkeitsgrads ausgewählt worden waren.
Aktivität und Muster im Gehirn
Anschließend analysierte das Wissenschaftlerteam die MRT-Bilder und verglich sie mit denen der anderen Probanden, um die Ursache für das Erröten zu finden, das unweigerlich auftrat.
Die Forscher konnten anhand des Anstiegs der Hauttemperatur im Gesicht der Probanden feststellen, wann diese erröteten. Außerdem fanden sie bei den Probanden während des Errötens ähnliche Gehirnmuster, wobei sie eine erhöhte Aktivität feststellten, die im Allgemeinen mit emotionaler Erregung und selbstbezogener Aufmerksamkeit einhergeht.
Auffallend war, dass es keine Anzeichen für eine erhöhte Aktivität in Teilen des Gehirns gab, die typischerweise beobachtet werden, wenn man sich das eigene Verhalten oder das eines anderen Menschen vorstellt. Derartige Muster deuten laut dem Forscherteam darauf hin, dass das Erröten stärker mit der Selbstwahrnehmung einer Person zusammenhängt als mit der Wahrnehmung durch andere – ein Ergebnis, das sich mit Berichten von Menschen deckt, die angegeben haben, rot zu werden, wenn sie allein sind.
© Psylex.de – Quellenangabe: Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences (2024). DOI: 10.1098/rspb.2024.0958