Wie Vergleichsmöglichkeiten den Aktienkauf beeinflussen

Das Geld so anlegen, dass eine kleine Chance auf hohe Gewinne besteht? Oder doch lieber die Investition wählen, die bescheidene Renditen in Serie verspricht?

Wie Vergleichsmöglichkeiten den Aktienkauf beeinflussen

22.03.2024 Wenn ein Unternehmen erstmals an die Börse geht, nennt man die entsprechenden Wertpapiere auch IPO-Aktien (für «Initial Public Offering»). Typisch für sie: Die Rendite in den ersten Jahren nach dem Börsenstart ist unterdurchschnittlich – bis auf wenige Ausnahmen, bei denen es gleich von Anfang an hervorragend läuft. Es gibt also nur minimale Chancen auf hohe Gewinne. 

Warum Menschen dennoch IPO-Aktien kaufen? Sie überschätzen die Wahrscheinlichkeit, dass das seltene Ereignis, die Super-Performance, tatsächlich eintritt. So beschreibt es die Prospect-Theorie, die führende Theorie zur Erklärung von Entscheidungen unter Unsicherheit. Bei Menschen, die an Lotterien teilnehmen, ist es ja ähnlich: Sie hoffen auf den Sechser.

Es gibt auch Geldanlagen, bei denen die Verteilung von Gewinnen und Verlusten ganz anders aussieht. Hier ist es sehr wahrscheinlich, kleine Gewinne mitzunehmen. Sie sind sozusagen der Normalfall. Die Wahrscheinlichkeit für einen hohen Verlust ist dagegen gering. Beispiel: Katastrophenanleihen, sogenannte «Cat Bonds». Versicherungsunternehmen bilden mit diesen Anleihen ihr finanzielles Polster, um im Falle einer Katastrophe die Versicherungssumme decken zu können. Passiert nichts, erhalten die Anlegerinnen und Anleger kleine Prämien in Serie. Aber wenn es doch zur statistisch unwahrscheinlichen Naturkatastrophe kommt, geht das ganze Geld verloren.

Welche Aktie darf‘s denn sein?

Doch unter welchen Umständen entscheiden sich Menschen überhaupt für welchen Typ Wertpapier? Dazu hat Dr. Sebastian Olschewski von der Fakultät für Psychologie eine Studie im Fachjournal «PNAS» veröffentlicht.

Im Experiment mussten seine Versuchspersonen zwischen zwei bis drei unterschiedlichen Aktien wählen. Hier Aktien vom Typ «kleine Chancen auf sehr hohe Gewinne», da Aktien vom Typ «grosse Chancen auf kleine Gewinne bei seltenen, aber hohen Verlusten».

Als Entscheidungshilfe dienten Informationen über die Performance der Aktien, also wann welche Aktie welche Rendite abwarf: an Tag 1, Tag 2, Tag 3 und so weiter. So konnten die Versuchspersonen die Höhe und Häufigkeit von Gewinnen bei jeder einzelnen Aktie genau prüfen.

Häufige Gewinne bevorzugt

Ergebnis: Haben Menschen die Möglichkeit, mehrere unterschiedliche Aktientypen miteinander zu vergleichen, wird ihre Entscheidung dadurch massgeblich beeinflusst. Und zwar in Richtung der Geldanlagen vom Typ Cat Bond. «In unserem Experiment wählten die Versuchspersonen solche Aktien, die an den meisten Tagen einen hohen Gewinn abwarfen. Wie hoch dieser absolut war, spielte dabei eine untergeordnete Rolle.» Diesen Effekt nennen Fachleute auch «frequent-winner effect».

Wie stark er ist, zeigte sich, als die Gewinninformationen in einem zweiten Versuchsdesign manipuliert wurden. Dahingehend, dass nun die «lotterieartigen» Investitionen häufiger den höheren Gewinn aufwiesen. Was die Versuchspersonen prompt dazu brachte, diesen Typ Aktie zu bevorzugen.

Den Aktienmarkt besser verstehen

Welche Schlüsse lässt die Studie zu? «Wollen wir das Verhalten im Aktienmarkt vorhersagen, müssen wir mitberücksichtigen, wie Menschen sich informieren», sagt Olschewski. «Ob sie nur Erfahrungen über eine einzelne Aktie sammeln oder ob sie zwei oder drei Optionen miteinander vergleichen.»

So etwas vorhersagen zu können, sei wichtig für Ökonominnen oder Analysten, die Preisentwicklungen am Aktienmarkt verstehen wollen. Aber auch für soziale Planer – zum Beispiel einen Staat, der Investitionen zum Wohle seiner Bürger tätigen soll. In der Schweiz, so der Forscher, werde ja ein Teil der Altersvorsorge am Kapitalmarkt investiert.

Originalpublikation: Sebastian Olschewski, Mikhail S. Spektor, Gaël Le Mens Frequent winners explain apparent skewness preferences in experience-based decisions PNAS (2024), doi: 10.1073/pnas.2317751121

Quellenangabe: Pressemitteilung Universität Basel

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