Individuelle Auswirkungen der Internetnutzung über psychologische, kognitive und soziale Dimensionen hinweg
30.05.2024 Einer neuen Studie zufolge beeinflusst nicht die Zeit, die wir online verbringen, sondern das, was wir uns ansehen, unsere psychische Gesundheit und unser Wohlbefinden.
Die in der Zeitschrift World Psychiatry veröffentlichte Forschungsarbeit ist eine umfassende Untersuchung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse über Bildschirmzeit und psychische Gesundheit, die von einem internationalen Forscherteam durchgeführt wurde.
Die Autoren betonen die Wichtigkeit eines individuellen und mehrdimensionalen Ansatzes bei der Frage, wie das Internet die psychische Gesundheit, die Kognition und das soziale Funktionieren beeinflusst. Inhalte, die für einige Nutzer relativ harmlos sein mögen, können für eine andere Bevölkerungsgruppe schädlich sein, wie z. B. die Auswirkungen von Fotos, die unrealistische Körperformen propagieren, auf Menschen, die anfällig für Essstörungen oder ein geringes Selbstwertgefühl sind.
Der Bericht geht auf eine Reihe von Auswirkungen ein, die eine verstärkte Online-Präsenz auf das psychische Wohlbefinden hat, und befasst sich mit Themen wie der „Angst, etwas zu verpassen“, der Manipulation von Verhaltensweisen und Ansichten durch soziale Medien, Isolation, sozialen Vergleichen und den Auswirkungen auf den Körper, wie z. B. vermehrte körperliche Inaktivität.
Co-Autor Lee Smith, Professor für öffentliche Gesundheit an der Anglia Ruskin University (ARU), sagte: „Nehmen wir zwei Szenarien: Im ersten Fall verbringt ein junger Mensch insgesamt vier Stunden pro Tag online, weil er ständig mit ablenkenden Benachrichtigungen konfrontiert wird, sobald sie auf dem Bildschirm erscheinen, und dann endlose Ströme von Kurzzeitmedien durchscrollt, die algorithmisch auf seine Laster oder Unsicherheiten ausgerichtet sein können. Dies kann dazu führen, dass die Konzentration auf wichtige Aufgaben nachlässt oder dass es zu Problemen mit dem Körperbild oder einem geringen Selbstwertgefühl kommt.“
„Im zweiten Szenario verbringt ein älterer Mensch genau dieselben vier Stunden pro Tag online, nutzt diese Zeit aber stattdessen, um neue soziale Beziehungen zu knüpfen und auf Bildungsinhalte zuzugreifen, was sich positiv auf sein Wohlbefinden und sogar auf seine Gehirnfunktion auswirkt. Hier können wir sehr unterschiedliche Ergebnisse sehen, die aus der exakt gleichen Dauer der Online-Nutzung resultieren.
Diese neuen Erkenntnisse darüber, wie die Online-Welt unser soziales Funktionieren und die Gesundheit unseres Gehirns beeinflussen kann, können genutzt werden, um konkretere Richtlinien und Strategien zu entwickeln, die den Menschen helfen, den Nutzen ihres individuellen „Online-Lebens“ zu maximieren und die Risiken zu minimieren.
Der Hauptautor Dr. Josh A. Firth von der University of Leeds erklärt: „Derzeit konzentrieren sich viele Richtlinien und Empfehlungen zur Internetnutzung auf die Begrenzung der Zeit, die wir online verbringen“.
„Es ist zwar vernünftig, die Nutzung digitaler Geräte einzuschränken, um Zeit für gesunde Aktivitäten in der realen Welt zu haben, aber wir sind jetzt in der Lage zu beschreiben, wie die Folgen unserer Nutzung digitaler Geräte durch Dinge bestimmt werden, die weit über die online verbrachte Zeit hinausgehen.“
Smith fügt hinzu: „Durch die Zusammenführung der neuesten Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft, der Bevölkerungsgesundheit und psychologischen Studien kann dieser Bericht beschreiben, wie die positiven oder negativen Auswirkungen der Internetnutzung für eine Person durch einfache Dinge wie Alter und soziodemografischen Status sowie durch komplexe Faktoren rund um die tatsächliche Art des ‚Online-Lebens‘ der Person beeinflusst werden können.“
© Psylex.de – Quellenangabe: World Psychiatry (2024). DOI: 10.1002/wps.21188