„Es ist wie in einem Tunnel“: Der Weg des Patienten vom Zahnverlust zum Leben mit herausnehmbarem Zahnersatz
21.06.2024 Eine neue Studie hat die verborgenen emotionalen Belastungen aufgezeigt, die Patienten nach einem Zahnverlust durchleben. Die Patienten berichten über Gefühle von Unsicherheit, Scham oder Angst sowie über körperliche Empfindungen wie Schmerzen und Empfindlichkeit, sowie über Sorgen, wie der Zahnverlust ihr Leben beeinflussen könnte.
Verbesserungen in der zahnärztlichen Versorgung, eine höhere Lebenserwartung und der gesellschaftliche Stellenwert eines ’strahlenden‘ Lächelns haben dazu geführt, dass die Menschen ihre eigenen Zähne länger behalten, aber auch dazu, dass immer mehr Menschen eine Restauration benötigen, einschließlich Kronen, Brücken und Implantate.
Diese Behandlungen sind für viele Menschen aufgrund der hohen Kosten für private Zahnbehandlungen unerschwinglich. Herausnehmbare Prothesen sind oft die einzige praktikable Option für alle, die von Zahnverlust betroffen sind.
Eine neue Studie von Forschern des Healthy Life Span Institute der Universität Sheffield und der School of Clinical Dentistry hat die emotionalen Probleme und versteckten Herausforderungen aufgezeigt, mit denen Patienten konfrontiert sind, wenn ihnen Zahnersatz eingesetzt wird. Es handelt sich laut den Autoren um die erste Studie, die den Weg des Patienten aufzeichnet und zeigt, wie sich diese Erfahrung auf den Gesamterfolg der Behandlung auswirken kann.
Die Studie ergab, dass die Patienten ihren Weg zum Zahnersatz in vier Phasen betrachten:
- Zahnverlust: Dies ist die erste Phase, in der die Patienten den physischen Verlust von Zähnen erleben.
- Der emotionale Tunnel: In dieser Phase geht es um die emotionale Achterbahnfahrt des Zahnverlusts. Die Patienten erleben Selbstzweifel, Depressionen und haben Probleme mit dem Zahnersatz. Sie können Scham, Wut oder Angst, aber auch Hoffnung empfinden.
- Hoffnung durch die Prothesen: Diese Phase steht für die Hoffnung und den Optimismus der Patienten, wenn sie Zahnersatz erhalten. Sie erwarten vielleicht, dass sie ihr Lächeln und ihre Fähigkeit der normalen Nahrungsaufnahme wiedererlangen.
- Prothetischer Kompromiss zur Bewältigung der Situation: In dieser letzten Phase wird akzeptiert, dass man sich an den Zahnersatz gewöhnen muss. Die Patienten müssen möglicherweise ihre Erwartungen anpassen und lernen, wie sie mit einer Prothese sprechen und essen können. Sie könnten auch Strategien entwickeln, um sich wohl zu fühlen, wenn sie ihre Prothese anderen gegenüber offenlegen.
Diese Gefühle und wie Zahnärzte damit umgehen, können das Ergebnis für den Patienten beeinflussen. Das Einfühlungsvermögen des Zahnarztes während dieser Anpassungsphase ist entscheidend für die erfolgreiche Verwendung von Prothesen und bessere Ergebnisse für die Patienten, schreiben die Forscher.
In der Studie wurde auch festgestellt, dass das Tragen von herausnehmbarem Zahnersatz für viele eine versteckte Behinderung darstellen kann. Menschen mit Zahnprothesen haben das Gefühl, sie verstecken zu müssen, weil sie sich schämen oder befürchten, dass sie herausfallen könnten. Einige Patienten vermeiden auch soziale Situationen.
Der leitende Forscher Barry Gibson, Professor für medizinische Soziologie an der Universität Sheffield, sagte: „Zahnverlust kann sehr traumatisch sein, und diese Studie hat aufgedeckt, wie schwierig es für Menschen ist, die Teilprothesen benötigen. Gefühle wie Verlegenheit oder Scham können den Prozess der Anfertigung und Anpassung von Zahnersatz erheblich beeinträchtigen. Wenn die Prothese dann auch noch nicht richtig sitzt, können alltägliche Aktivitäten wie Sprechen, Essen und Trinken sehr schwierig werden, was die Lebensqualität der Betroffenen beeinträchtigt. Die Auswirkungen können so dramatisch sein, dass sie sich nicht mehr trauen, das Haus zu verlassen. Dies kann verheerende und dauerhafte psychische und körperliche Auswirkungen haben“.
„Das Verständnis der in der Studie festgestellten emotionalen Probleme wird den Zahnärzten helfen, die Versorgung von Zahnersatzpatienten zu verbessern und zu einer erfolgreicheren und besseren Erfahrung für alle zu führen.“
© Psylex.de – Quellenangabe: Journal of Dentistry, 2024; 145: 104964 DOI: 10.1016/j.jdent.2024.104964