Pressemitteilung der Universität Innsbruck
Geprüfte Liebe: Beziehungen in der Pandemie
02.04.2021 Liebe neu zu erfahren, Beziehungen neu zu organisieren sowie das intensive Zusammenleben oder Getrenntsein neu zu erleben – vor diesen Herausforderungen standen Paare während der Corona-Pandemie, die das Leben der Menschen grundlegend verändert hat. Marcel Zentner, Professor am Institut für Psychologie, hat gemeinsam mit seinem Team Beziehungen in Zeiten von COVID-19 analysiert.
Bereits kurz nach Ausbruch der Pandemie war dem Forschungsteam bewusst, dass diese Zeit eine Herausforderung, nicht nur für die Gesundheit, sondern für alle Bereiche des Lebens sein wird. Paare, die nicht zusammenleben, sahen sich plötzlich vor der Situation, sich nicht mehr jederzeit sehen zu können, während viele Zusammenlebende gezwungen waren, den ganzen Tag miteinander zu verbringen. Paare haben im vergangenen Jahr ihre Beziehungen neu erfahren. Gleich zu Beginn der Pandemie war es das Anliegen der Fachbereich für Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik des Instituts für Psychologie der Uni Innsbruck, die Auswirkungen der Pandemie und der damit verbundenen Veränderungen auf Partnerschaften und Familien zu untersuchen.
„Vor allem wollten wir erfassen, welche Rolle pandemiebezogene Einflüsse, Aspekte der Beziehung selbst sowie Persönlichkeitsaspekte der Teilnehmenden spielen“, so Julia Vigl, Mitverantwortliche der Studie. In einer Längsschnittstudie analysierten die Forscherinnen und Forscher an insgesamt vier Messzeitpunkten die Beziehungszufriedenheit von Paaren während der Pandemie. Bereits beim ersten Messzeitpunkt, kurz nach Ausbruch der Pandemie, haben über 3.000 Personen aus über 60 Ländern an der Studie teilgenommen. Die weiteren beiden Erhebungen fanden individuell nach jeweils 10 Tagen statt. Im November 2020 wurden die Teilnehmenden zum vierten Mal befragt.
Zufriedener als gedacht
Getrennte Liebende mussten Distanzen überwinden und zusammenlebende Paare waren gefordert, ihre Beziehung auf engem Raum zu intensivieren und sich mit der neuen Lebenssituation zu arrangieren. Die breit kommunizierte steigende Unzufriedenheit in Beziehungen konnten Marcel Zentner und sein Team allerdings nicht bestätigen.
„Erstaunlicherweise konnten wir in unserer umfassenden Studie nicht bestätigen, dass es während der Pandemie zu vermehrten Konflikten oder Trennungen gekommen ist. Es hat sich sogar das Gegenteil gezeigt. Vor allem Paare, die bereits vorher in ihrer Beziehung zufrieden waren, waren es zumeist auch nach Ausbruch der Pandemie“, so der Psychologe. Allerdings konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beobachten, dass sich Beziehungszufriedenheit und sexuelle Zufriedenheit vor allem bei nicht-zusammenlebenden Paaren zu Beginn der Pandemie verändert hat.
„Besonders zu Beginn der Pandemie gab es bei nicht-zusammenlebenden Personen einen Einbruch der Beziehungszufriedenheit, insbesondere bei der sexuellen Zufriedenheit. Es scheint aber so, als hätten sich die Paare im November wieder etwas erholt und ihr Zufriedenheits-Level von vor der Pandemie erreicht“, verdeutlicht Julia Vigl, die gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen zusätzlich positive und negative Einflussfaktoren auf die Beziehung analysiert hat. Vor allem Menschen mit einem sicheren Beziehungsstil waren während der Pandemie zufriedener. Damit sind vor allem Personen gemeint, die weniger Angst davor haben, verlassen oder betrogen zu werden, und Konflikten nicht aus dem Weg gehen.
„Positiv beeinflusst hat Paare auch, wenn sie mit der Privatsphäre in der eigenen Wohnung oder den Möglichkeiten, sich auch außerhalb aufzuhalten, zufrieden waren“, fasst Vigl zusammen. Dementsprechend schwieriger war die Situation für Beziehungen mit häufigen Auseinandersetzungen oder für Menschen, mit psychischen Auffälligkeiten, wie Depression oder Angstzuständen. Viele Paare haben in der Pandemie aber auch noch intensiver zueinandergefunden.
„Insbesondere emotionale Nähe, Lachen und Humor sowie eine gute Gesprächsqualität haben dazu beigetragen, dass die Beziehung während der Pandemie besser wurde. Zusammenlebende Personen haben häufiger vom positiven Effekt gemeinsamer Aktivitäten, nicht-zusammenlebende von der Bedeutung emotionaler Nähe berichtet“, so die Wissenschaftlerin. Weltweit haben Paare, egal ob sie zusammenleben oder nicht, große Herausforderungen gemeistert.
Quellenangabe: Universität Innsbruck
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