Einstellung gegenüber Unsicherheit beeinflusst Verständnis der Welt

Fällt es Ihnen schwer, mit Unsicherheit umzugehen? Es könnte beeinflussen, wie Sie die Welt wahrnehmen

Einstellung gegenüber Unsicherheit beeinflusst Verständnis der Welt

05.04.2023 Immer den gleichen Weg zur Arbeit zu nehmen, in Restaurants immer das gleiche Gericht zu essen und jeden Sommer den gleichen Urlaub zu machen: Das mag denjenigen bekannt vorkommen, die Unsicherheit nicht mögen. Forscher haben nun herausgefunden, dass diese Abneigung unser Verständnis der Welt beeinflusst.

Marc-Lluis Vives erforscht an der Universität Leiden die Beziehung zwischen Kognition und individuellen Unterschieden. Zusammen mit seinen Kollegen hat er untersucht, wie unsere Persönlichkeit beeinflusst, wie wir die Welt um uns herum konzeptualisieren. Ein Thema, das bisher nur wenig erforscht wurde, teilweise weil es so komplex ist. Doch sie fanden einen bemerkenswerten Zusammenhang, den sie in Nature Human Behaviour veröffentlichten.

Repräsentation „unsicherer“ Konzepte

Unsere Konzepte und Kategorien ermöglichen es uns, der Welt einen Sinn zu geben, indem wir eine Reihe von sehr unterschiedlichen Gegenständen mit demselben Etikett zusammenfassen. Begriffe, die einander ähnlich sind, wie z. B. „Sofa“ und „Tisch“, werden im Gedächtnis näher beieinander gespeichert als Begriffe, die wenig gemeinsam haben, wie z. B. „Sofa“ und „Seepferdchen“.

Aber die Welt ist nicht so einfach zu kategorisieren, manchmal treffen wir auf Dinge, die keine eindeutige Bedeutung haben, wie das Konzept „Gewebe“, das mehrere Bedeutungen hat. Er kann sich sowohl auf z.B. Stoffe beziehen, als auch auf das Material, aus dem unsere Organe bestehen. In unserem Gehirn werden dann verschiedene Konzepte aktiviert, was zu Unsicherheit darüber führt, welches Konzept in dieser Situation zutrifft.

Dies kann für Menschen, die nicht gut mit Unsicherheit umgehen können, eine Herausforderung darstellen. Daher stellten die Forscher die Hypothese auf, dass Menschen, die Unsicherheiten scheuen, ihre Konzepte weiter voneinander entfernt darstellen, so dass eine solche Darstellung leichter zu unterscheiden ist und somit die Mehrdeutigkeit verringert. Dies würde bedeuten, dass diese Menschen ihr Wissen über die Welt in größeren mentalen Räumen darstellen. Kurz gesagt: Wir haben untersucht, wie das Bedürfnis zur Reduzierung von Unsicherheit die Organisation unserer mentalen Repräsentationen beeinflusst.

Darstellung im Gehirn und im Verhalten

Die Wissenschaftler nutzten mehrere Methoden zu Nachweis, dass Unsicherheiten abgeneigte Personen mehr Konzepte trennen. Zunächst haben sie den Teilnehmern verschiedene Konzepte vorgelegt und sie gefragt, inwieweit diese Konzepte ähnlich sind. Außerdem untersuchten sie, wie tolerant sie gegenüber Ungewissheit waren. Personen, die Ungewissheit schlecht tolerierten, stellten diese Konzepte distaler (weiter entfernt) dar und verwendeten einen größeren psychologischen Raum. Sie hielten sie stärker von einander getrennt.

Anschließend analysierten die Forscher die Gehirnaktivität in den verschiedenen Gruppen. Auch hier stellten sie fest, dass die mit den einzelnen Wörtern verbundenen neuronalen Aktivitätsmuster im linken inferioren frontalen Gyrus bei Personen, die Unsicherheit ablehnen, unterschiedlicher waren, sie wiesen einen größeren neuronalen Raum für die Repräsentation der Bedeutung auf.

Schließlich untersuchten die Psychologen die Auswirkungen dieser erweiterten Repräsentation auf das Verhalten. Dabei stellten sie fest, dass Menschen, die Unsicherheit ablehnen, besser Konzepte unterscheiden (Diskriminierung) konnten, aber nicht so gut darin waren, das Gelernte von einem Konzept auf ein anderes zu verallgemeinern.

Fähigkeit, der Außenwelt eine Bedeutung zuzuschreiben

Bisher wurden die individuellen Unterschiede beim Verständnis der grundlegenden Prinzipien, die unsere Kognition prägen, vernachlässigt. Die Forscher zeigen, dass selbst einer der grundlegendsten Prozesse – nämlich die Fähigkeit, der Außenwelt eine Bedeutung zuzuschreiben – in vorhersehbarer Weise je nach unseren persönlichen Bedürfnissen variieren kann.

Diese Arbeit eröffnet neue Wege, um ihre klinischen Anwendungen zu untersuchen, da Menschen, die Ungewissheit ablehnen, auch eher unter Angst leiden – ein Bereich, den die Psychologen in Zukunft erforschen möchten.

© Psylex.de – Quellenangabe: Nature Human Behaviour (2023). DOI: 10.1038/s41562-023-01566-0

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