Im Fokus der Entscheidung: Studie untersuchte Rolle defensiver Freezing-Zustände bei Annäherungs- / Vermeidungsentscheidungen unter Bedrohung
14.06.2024 Wenn Menschen einer akuten Bedrohung ausgesetzt sind, neigen sie dazu, auf eine von drei Arten zu reagieren: Kampf, Flucht oder Erstarren. Eine Doktorarbeit von Felix Klaassen von der Radboud Universität zeigt, dass die „Freeze“-Reaktion sehr hilfreich sein kann, um mit einer Situation auf wohlüberlegte Weise umzugehen. „Die Leute denken, dass wir bei einer Freeze-Reaktion gelähmt sind, aber das stimmt überhaupt nicht.“
Eine Person, die angesichts einer akuten Bedrohung erstarrt, mag völlig überfordert wirken. Es stimmt jedoch nicht, dass nichts passiert, wenn wir erstarren, so Klaassen. „Unter der Haube [im Gehirn] laufen alle möglichen Prozesse ab, die uns beim Umgang mit der Situation helfen“.
Wenn wir mit einer akuten Bedrohung konfrontiert werden, etwa einem bellenden Hund, oder in jenen nervösen Momenten, kurz bevor wir einen Raum betreten, um eine Präsentation zu halten, erleben Menschen Angst. In solchen Situationen wägen sie ein positives gegen ein negatives Ergebnis ab: Ja, es mag beängstigend sein, diesen Vortrag zu halten, aber das Ergebnis könnte es wert sein, also betreten sie den Raum trotzdem.
Erstarren
„Die erste Reaktion, die alle Menschen in solchen Situationen in mehr oder weniger starkem Maße zeigen, ist das Erstarren. Der Körper versteift sich und die Herzfrequenz sinkt. Die sensorische Verarbeitung wird aktiviert. Bei Tieren kann man sehen, wie sich die Ohren aufstellen und die Pupillen erweitern.“
Wie die Kampf- oder Fluchtreaktion läuft auch die Erstarrungsreaktion völlig automatisch ab, und man hat keine Kontrolle über sie. Klaassen: „Unsere Studie zeigt, dass bei einer Freeze-Reaktion viel im Gehirn passiert. Relevante Informationen werden stärker verarbeitet“.
Das Experiment
Im Rahmen der Studie lösten die Probanden eine Aufgabe am Computer. Sie konnten eine Geldsumme gewinnen, indem sie sich durch Drücken einer Taste auf eine Situation zu- oder von ihr wegbewegten. Wenn sie sich auf die Situation zubewegten, konnten sie entweder das Geld erhalten oder ihr Finger erhielt einen kleinen Stromschlag – nicht sehr schmerzhaft, aber doch unangenehm.
Die Befragten wussten nicht im Voraus, welches Ergebnis sie erhalten würden. Wenn sie sich stattdessen entschieden, sich von den Situationen zu entfernen, konnten sie zwar die Schocks vermeiden, verpassten aber auch die Chance, das Geld zu gewinnen.
„Während dies geschah, haben wir gemessen, was im Körper und im Gehirn passiert. Wir stellten fest, dass das Gehirn Belohnungen und Bestrafungen umso stärker gegeneinander aufwiegt, je stärker die Freeze-Reaktion ist.“
Folgen des Handelns besser einschätzen
„Wenn wir Belohnungen und Bestrafungen stärker gegeneinander abwägen, können wir die möglichen Folgen unseres Handelns besser einschätzen. Das kann uns helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wir haben gesehen, dass das Erstarren nicht unbedingt zu einer Vermeidung führt“, so der Neurowissenschaftler.
Klaassen: „Unsere Forschung zeigt, dass die Freeze-Reaktion dafür sorgt, dass wir auf mögliche Gefahren und mögliche Belohnungen aufmerksamer achten, so dass wir in der Lage sind, eine ausgewogenere Entscheidung zu treffen. Es lähmt uns nicht, sondern bremst das System vorübergehend, und wenn man diese Bremse löst, kann man sich schneller für die richtige Vorgehensweise entscheiden“.
„Erstarren kann also eine gute Sache sein, denn es kann uns helfen, besser mit den gefährlichen Situationen umzugehen, denen wir im Leben begegnen.“
© Psylex.de – Quellenangabe: Radboud Universität