Jhana: Fortgeschrittene Stufe der Meditation hat Auswirkungen auf das Gehirn und ist mit Aspekten des Wohlbefindens verbunden
08.11.2023 Ein Team unter der Leitung von Forschern des Massachusetts General Hospital (MGH) hat mit Hilfe fortschrittlicher Hirnscannertechnologie Einblicke in die Vorgänge im Gehirn während einer fortgeschrittenen Stufe der Meditation namens Jhana oder Dhyana gewonnen.
Durch die Aufdeckung unterschiedlicher Aktivitätsmuster in verschiedenen Hirnregionen während des Dhyana eröffnen sich spannende Möglichkeiten für innovative Therapien, bei denen uralte Meditationspraktiken mit modernen Neurowissenschaften kombiniert werden, um das Wohlbefinden zu verbessern, schreiben die Studienautoren.
Für die in der Zeitschrift Cerebral Cortex veröffentlichte Studie führten die Wissenschaftler eine Form der funktionellen Ultrahochfeld-Magnetresonanztomographie an einem Freiwilligen durch, der ein versierter Meditierender mit mehr als 25 Jahren Meditationserfahrung war. Die Bildgebungsdaten wurden während 27 Jhana-Sitzungen an fünf aufeinanderfolgenden Tagen gesammelt.
Jhana / Dhyana
Die fortgeschrittene, absorbierende Meditationspraxis, die als Jhana bekannt ist, steht in Verbindung mit Selbsttranszendenz, die manchmal auch als Ego-Auflösung oder Einsicht in das „Nicht-Selbst“ bezeichnet wird, sowie mit Aufmerksamkeitsfähigkeiten und innerlich erzeugter Freude und Gleichmut – Eigenschaften, die für das Wohlbefinden wichtig sind und bei verschiedenen psychiatrischen Störungen häufig gestört sind.
„In dieser Studie wurde ein Magnetresonanztomograph mit ultrahoher Feldstärke (7T) verwendet, um eine höhere Präzision bei der Kartierung des Gehirns zu erreichen, die noch nie in einer Studie über Meditation, geschweige denn über fortgeschrittene Meditation, eingesetzt wurde. Diese Technologie ermöglichte es uns, die Aktivität des Kortex, des Subkortex, des Hirnstamms und des Kleinhirns während einer Form der fortgeschrittenen Konzentrationsmeditation, die als Jhana bekannt ist, mit hoher Präzision zu bewerten“, sagt der Hauptautor Dr. Matthew D. Sacchet, Direktor des Meditationsforschungsprogramms und Assistenzprofessor für Psychiatrie am MGH und der Harvard Medical School.
„Dadurch konnten wir Einblicke in die allgemeine Funktionsweise des gesamten Gehirns im Zusammenhang mit der Jhana-Meditation gewinnen, einschließlich des selten untersuchten Hirnstamms und Kleinhirns“.
Gehirnaktivität, Achtsamkeit, jhanische Qualitäten
Sacchet und seine Kollegen beobachteten auch Korrelationen zwischen der Gehirnaktivität während Jhana und der Achtsamkeit, den jhanischen Qualitäten (einschließlich Freude, geistiger Leichtigkeit, Gleichmut und Formlosigkeit) und der Selbstwahrnehmung.
„Diese Forschung ist grundlegend für die Entwicklung innovativer Interventionen zur Förderung des Wohlbefindens und zur Behandlung psychischer Erkrankungen. Diese Interventionen könnten die Entwicklung neuartiger meditationsbasierter Therapien beinhalten, die auf fortgeschrittener Meditation wie Jhana beruhen, die von der Wissenschaft nur sehr wenig Beachtung gefunden haben“, sagt Sacchet.
„Unsere neurowissenschaftlichen Erkenntnisse können direkt in die Neurotechnologie einfließen, einschließlich Neurofeedback und Hirnstimulation, die auf bestimmte Hirnsysteme abzielen können, die bei fortgeschrittener Meditation eine Rolle spielen. Unsere Arbeit birgt bedeutende und unerschlossene Möglichkeiten zur Linderung von Leiden und zur Förderung des menschlichen Wohlbefindens“.
Die Gruppe sammelt derzeit Gehirnbilddaten von weiteren Meditierenden und erforscht weitere Methoden, um Jhana und andere Formen fortgeschrittener Meditation zu untersuchen.
© Psylex.de – Quellenangabe: Cerebral Cortex (2023). DOI: 10.1093/cercor/bhad408
News zu Meditation und das Gehirn
- Jhana: Fortgeschrittene Stufe der Meditation hat Auswirkungen auf das Gehirn und ist mit Aspekten des Wohlbefindens verbunden
- Auswirkung auf das Gehirn
- Meditation verändert Gehirnstruktur
- Meditationseffekte auf neuronale Aktivitäten bei Mönchen am Everest
- M. gegen Gehirndegeneration, Gehirnabbau
- Weitere News- / Forschungsartikel dazu
Auswirkung auf das Gehirn
18.05.2014 Achtsamkeits- oder Einsichtsmeditation. Zen. Acem. Meditationstrommeln. Chakra. Buddhistische und Transzendentale Meditation. Es gibt unzählige Formen zu meditieren, aber der Zweck hinter ihnen bleibt grundsätzlich gleich: mehr Frieden, weniger Stress, bessere Konzentration, größere Selbsterkenntnis und bessere Verarbeitung von Gedanken und Gefühlen.
Aber welche dieser Techniken sollte ein armer, völlig gestresster Mensch auswählen? Was sagt die Forschung? Sehr wenig – zumindestens bis heute.
Ein Forscherteam der norwegischen University of Science and Technology (NTNU), der Universität von Oslo und der University of Sydney untersucht, was das Gehirn während verschiedener Formen der Meditation macht.
Meditationstechniken
Konzentrative Meditation
Die verschiedenen Meditationstechniken können tatsächlich in zwei Hauptgruppen eingeteilt werden. Der eine Typ ist konzentrative Meditation, bei der die meditierende Person die Aufmerksamkeit auf die eigene Atmung oder auf spezifische Gedanken richtet und dabei andere Gedanken unterdrückt.
Nondirektive Meditation
Der andere Typ könnte non-direktive Meditation genannt werden, bei der sich der Meditierende – ohne sich anzustrengen – auf die eigene Atmung oder auf einen Meditationsklang konzentriert, aber dem Geist erlaubt, ‘umherzuwandern’. Einige moderne Meditationsmethoden sind eher von dieser non-direktiven Art.
Messung der Auswirkung
“Niemand weiß, was das Gehirn macht, wenn sie meditieren. Deswegen wollte ich die Auswirkungen untersuchen”, sagt Jian Xu, Arzt am St. Olavs Hospital in Trondheim, Norwegen und Forscher an der NTNU.
Vierzehn mit der norwegischen Acem-Meditationstechnik erfahrene Teilnehmer wurden mit der Magnetresonanztomographie begutachtet. Untersucht wurden eine einfache Ruhephase, nondirektive Meditation und eine eher konzentrative Meditationsaufgabe. Das Forscherteam wollte Personen untersuchen, die Erfahrungen mit Meditation hatten, weil es weniger Missverständnisse darüber geben würde, was die Teilnehmer tatsächlich tun, während sie in der MRT-Maschine lagen.
Die Ergebnisse wurden vor kurzem in Frontiers in Human Neuroscience herausgegeben.
Im Gehirn
Nondirektive Meditation führte zu höherer Aktivität in dem Teil des Gehirns, das selbstbezogene Gedanken und Gefühle verarbeitet, als während der Ruhephase. Während der konzentrativen Meditation, war die Aktivität in diesem Teil des Gehirns fast gleich hoch wie während der Ruhephase.
“Ich war überrascht, dass die Aktivität des Gehirns am größten war, während die Gedanken der Person frei umherschweiften, größer, als wenn sich der Meditierende fokussierte”, sagte Xu.
Wenn die Teilnehmer aufhörten, eine bestimmte Aufgabe zu tun, und nichts wirklich Spezielles taten, gab es eine Zunahme in der Aktivität in dem Bereich des Gehirns, wo wir Gedanken und Gefühle verarbeiten. Es wird als eine Art Ruhe-Netzwerk beschrieben. Und genau dieser Bereich war am aktivsten während der nondirektiven Meditation, fuhr er fort.
“Die Studie legt nahe, dass nondirektive Meditation mehr Raum für die Verarbeitung von Erinnerungen und Emotionen zur Verfügung stellt, als dies während konzentrierter Meditation der Fall ist”, sagt Svend Davanger, Neurologe von der Universität Oslo und Koautor der Studie.
“Dieser Bereich des Gehirns hat seine höchste Aktivität, wenn wir uns ausruhen. Es repräsentiert eine Art Basisbetriebssystem – ein ruhendes Netzwerk, das übernimmt, wenn externe Aufgaben unsere Aufmerksamkeit nicht erfordern. Es ist bemerkenswert, dass eine geistige Aufgabe – wie nondirektive Meditation – zu einer noch höheren Aktivität in diesem Netzwerk führt, als die reguläre Ruhe”, sagt Davanger.
© PSYLEX.de – Quelle: University of Science and Technology (NTNU), Universität von Oslo, University of Sydney, Mai 2014
Meditation verändert Gehirnstruktur
25.01.2015 Eine Studie des Massachusetts General Hospital konnte zeigen, dass Meditation die graue Substanz des Gehirns ändern kann, was erklärt, warum Meditierende bedeutende Verbesserungen bei Gedächtnis, Selbstbewusstsein, Empathie und Stress erfahren.
Ursache für die Verbesserungen: Entspannung oder Gehirnstrukturänderung
Unsere Studie zeigt, dass die Veränderungen in der Gehirnstruktur einigen dieser berichteten Verbesserungen zugrundeliegen können, und dass sich die Meditierenden nicht nur besser fühlen, weil sie sich entspannen, sagte Autorin Dr. Sara Lazar vom Massachusetts General Hospital Neuroimaging Research Program in der Zeitschrift Psychiatry Research: Neuroimaging.
Frühere Forschungsarbeiten zeigten bereits strukturelle Unterschiede im Gehirn zwischen erfahrenen Meditierenden und nicht meditierenden Personen, z.B. eine Verdickung der Hirnrinde in Regionen, die mit Aufmerksamkeit und emotionaler Integration verbunden sind. Jedoch konnten die Forscher in jenen Studien nicht feststellen, ob die Unterschiede tatsächlich durch die Meditation verursacht worden waren.
8-wöchige Meditationsschulung
Für die gegenwärtige Studie praktizierten 16 Studienteilnehmer ein achtwöchiges achtsamkeitsbasierendes Stressabbau-Programm (Mindfulness-Based Stress Reduction – MBSR) am Zentrum für Achtsamkeit an der Universität von Massachusetts. Zwei Wochen vor und zwei Wochen nach dem Programm machten die Forscher Bilder der Gehirne (mit Magnetresonanztomographie – MR) dieser Teilnehmer und von Kontrollteilnehmern.
Die Teilnehmer nahmen an wöchentlichen Sitzungen teil; außerdem übten sie zuhaus und berichteten, wie lange sie jeden Tag trainierten.
Die Teilnehmer der Meditationsgruppe berichteten, sie hätten im Durchschnitt etwa 27 Minuten pro Tag meditiert. Ihre Antworten bei einem Achtsamkeitsfragebogen zeigten deutliche Verbesserungen gegenüber den Antworten vor den Meditationsübungen.
Erhöhung der Dichte im Hippocampus u.a. Hirnregionen
Die Analyse der MR-Bilder zeigte eine Dichte-Erhöhung der grauen Hirnsubstanz im Hippocampus, welcher beim Lernen und Erinnern wichtig ist, und in Hirnstrukturen, die mit Selbsterkenntnis, Empathie und Introspektion verbunden sind.
Teilnehmer, die weniger Stress erfuhren, zeigten eine reduzierte Dichte der Hirnsubstanz in der Amygdala, die eine wichtige Rolle bei Angst und Stress spielt.
Es ist faszinierend, die Plastizität (Formbarkeit) des Gehirns zu beobachten, und dass wir durch Meditation eine aktive Rolle bei der Veränderung des Gehirns ausüben und unser Wohl und unsere Lebensqualität so verbessern können, sagten die Forscher.
© PSYLEX.de – Quelle: Harvard University, Psychiatry Research: Neuroimaging
Meditationseffekte auf neuronale Aktivitäten bei Mönchen am Everest
05.08.2016 Wissenschaftler untersuchten meditierende Mönche am Mount Everest in Nepal, um die Auswirkungen auf das Gehirn zu erforschen.
Seit Jahrzehnten haben Wissenschaftler die Effekte von Meditation auf die Gehirnaktivitäten von Mönchen und anderen Menschen in ihren Laboratorien untersucht. Nun machten sich zum ersten Mal Wissenschaftler auf zur Mount-Everest-Region Nepal, um die Gehirntätigkeit von meditierenden tibetanischen buddhistischen Mönchen in ihren eigenen Klöstern zu erfassen.
Die Studie wurde im Mai dieses Jahres von den Universitäten Viktoria (UVic) und British Columbia (Okanagan Campus) von den Hirnforschern Olav Krigolson und Gordon Binsted durchgeführt.
Änderungen der neuronalen Aktivitäten
Ob man es Meditation oder Achtsamkeit nennt; Menschen sind zweifellos dazu in der Lage, einen “Gehirnzustand” zu erreichen, in dem sie zufrieden, bedächtig und fokussiert sind. Wissenschaftler haben dies gemessen, und fanden, dass tiefe Zustände der Meditation mit Unterschieden bei den durch die Neuronen erzeugten elektrischen Signale in Verbindung stehen, sagt Krigolson. “Wir haben diese Belege, aber keiner weiß wirklich, wie es funktioniert.”
Unter der Verwendung eines elektroenzephalographischen (EEG) Systems in Form eines Stirnbands untersuchten Krigolson und Binsted die entsprechenden Nerventätigkeiten bei meditierenden Mönchen.
27 Mönche aus den Klöstern Namche und Tengboche stellten sich zur Verfügung. Krigolson sagte, dass “wir jetzt ein klareres Bild dessen haben, was während der Meditation geschieht.”
Was während der Meditation geschieht
In Übereinstimmung mit vorherigen Arbeiten zeigen die vorläufigen Befunde (die Forscher wollen die Arbeit in Nepal fortführen) eine Erhöhung der Gehirnaktivitäten während der Meditation. Insbesondere beobachteten sie eine
- vergrößerte Alpha-Aktivität (verbunden mit Entspannung),
- erhöhte Beta-Aktivität (verbunden mit der Fokussierung) und
- verstärkte Gamma-Aktivität (verbunden mit einer erhöhten Synchronizität im Gehirn)
während der Meditation im Vergleich mit einem Ruhezustand.
Weiterhin fanden sie, dass die neuronalen Reaktionen auf visuelle Stimuli – nach einer Meditation zur fokussierten Aufmerksamkeit – erhöht waren; eine neue Erkenntnis.
“Wir wissen kaum irgendetwas über das Gehirn”, sagt Krigolson. “Wir wissen sehr wenig darüber, wie Menschen etwas lernen und Entscheidungen treffen. Diese ganze Forschung wurde entworfen, um eines Tages ein Bild zu ergeben, wie das Gehirn funktioniert … und es fehlen derzeit noch viele Stücke des Puzzles.”
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Viktoria, Universität British Columbia; August 2016
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