Forschung-/Newsartikel zur Psychologie der Gruppe, Herde, Schwarm; Herdenmentalität, Schwarmintelligenz.
- Warum bestrafen wir die Großzügigsten unter uns?
- Die menschliche Herdenmentalität
- Kollaborative Hemmung
- Intergruppenkontakte
Warum bestrafen wir die Großzügigsten unter uns?
Menschen neigen dazu, besonders großzügige Gruppenmitglieder zu bestrafen, indem sie sie sozial zurückweisen, selbst wenn ihre Großzügigkeit jedem nützt.
Sanktionen gegen das Unangepasste
Der Grund ist: weil die großzügigsten Leute Nonkonformisten sind, laut einer neuen Studie.
Die Forscher der Baylor Universität bemerken, dass dies die Wichtigkeit hervorhebt, sich an die Standards einer Gruppe anzupassen. Sie weisen jedoch auch darauf hin, dass Schmarotzer – also jene, die knickerig sind, ebenfalls von der Gruppe ausgegrenzt werden.
Die Studie zeigte ebenfalls, dass besonders großzügige oder knickerige Personen nicht nur sozial ausgegrenzt werden, sondern auch durch andere Mitglieder der Gruppe bestraft werden; diese „zahlten“ (durch ein Punktesystem) dafür, um sie zu bestrafen.
„Dies ist ein verblüffendes Verhalten“, sagte Kyle Irwin, Ph.D., Dozent für Soziologie an der Baylor Universität.
„Warum sollte man die Leute bestrafen, die am meisten für die Gruppe tun?
Es scheint oberflächlich keinen Sinn zu machen, aber es zeigt die Macht von Normen. Folgende Erklärung wäre möglich: die Gruppenmitglieder denken, dass es wichtiger ist sich anzupassen, als für die Gruppe Gutes zu tun.“
Die Studie – das Experiment
Für die Studie führten Irwin und seine Ko-Forscherin Christine Horne ein Experiment mit 310 Teilnehmern durch.
Jedem wurden 100 Punkte gegeben und sie sollten entscheiden, wieviel sie davon der Gruppe geben (spenden) und wieviel sie behalten wollten. Die Entscheidungen wurden am Computer getroffen und für jeden Teilnehmer wurden die anderen „Gruppenmitglieder“ mit einem vorprogrammiertem Verhalten simuliert.
Jedem Teilnehmer wurde gesagt, dass er oder sie die Summe der Spenden von vier anderen sehen kann und selbst der fünfte ‚Geber‘ ist. Anschließend würde die Sequenz mit einer sechsten Person enden. Der letzte Geber war immer so programmiert, knickriger oder viel großzügiger als die anderen zu sein.
Die Spenden der Gruppenmitglieder lagen im Durchschnitt bei 50 Prozent ihrer Punkte. Die geizigste Person gab nur 10 Prozent, während die Großzügigsten 90 Prozent gaben.
Jedes Gruppenmitglied hatte auch die Gelegenheit über das Punktesystem „zu zahlen“, um jene zu bestrafen, die am meisten beitrugen. Der „Bestrafer“ würde einen Punkt für drei Punkte zahlen müssen, die dem großzügigsten Mitglied abgezogen würde, laut den Forschern.
Schließlich wurde jede Person gebeten auf einer Skala von 1-9 anzugegeben, wie sehr sie wollten, dass andere in der Gruppe blieben.
Ursachen / Gründe
Irwin verglich die Strafen mit dem Meiden oder Aufziehen/Hänseln von jemanden, der den Großteil der Arbeit in einem Gruppenprojekt für eine Klasse gemacht hatte – und manchmal wird diese Person sogar aus der Gruppe geworfen.
„Es könnte einige Gründe geben, warum großzügige Mitglieder bestraft werden“, sagte er. „Es kann sein, dass die Großzügigkeit dafür sorgt, dass andere sich schlecht fühlen oder schlecht aussehen. Oder es kann sein, dass sie eifersüchtig sind, oder weil sie denken, sie hätten nicht genug getan.“
Er fügte noch hinzu, dass (wenn die Beiträge sehr groß wurden) der Wunsch der Gruppenmitglieder von der großzügigen Gabe der großzügigsten Person zu profitieren ihren Wunsch außer Kraft setzen, diese Person zu bestrafen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Baylor Universität
Die menschliche Herdenmentalität
Eine neue Forschungsstudie beleuchtet ein Verhalten, das unter vielen Arten anzutreffen ist:
Entscheidungen treffen, die auf Verhalten von anderen basieren. Wissenschaftler an der Universität von Leeds glauben gefunden zu haben, warum Menschen ein ähnliches Verhaltensmuster in ihrer Herdenmentalität zeigen wie Schafe und Vögel, und im Unterbewusstsein einer Minderheit von Personen folgen.
Nur 5% geben der Herde die Richtung vor
Die Forscher entdeckten, dass nur eine Minderheit von fünf Prozent benötigt wird, um die Richtung einer Menge zu beeinflussen, und dass die anderen 95 Prozent folgen, ohne dies zu realisieren.
Nutzen der Erkenntnis über die Herdenpsychologie
Die Herdenmentalität
Die Befunde könnten größere Auswirkungen darauf haben, den Fluss von großen Massen in Katastrophenszenarien zu dirigieren, wo mündliche Kommunikation schwierig ist.
„Es gibt viele Situationen, wo diese Informationen eine gute Wirkung zeigen könnten“, sagt Professor Jens Krause von der Fakultät der Biowissenschaften.
„Sie könnten verwendet werden, um über Notfallplanungsstrategien zu informieren, und sie könnten nützlich sein für die Organisation des Fußgängerflusses in belebten Bereichen“.
Die Studie
Professor Krause führte mit dem Doktoranten John Dyer eine Serie von Versuchen durch, in denen Gruppen von Menschen darum gebeten wurden, zufällig um eine große Halle herum zu gehen. Innerhalb der ‚Herde‘, wurden einige wenige ausgewählt und erhielten weitere detaillierte Informationen, wo man auch gehen könnte. Die Teilnehmer durften nicht mit einander kommunizieren, aber sollten innerhalb einer Armlänge einer anderen Person bleiben.
Folgen in Schlangenformation
Die Befunde zeigen, dass in allen Fällen die ‚informierten Personen‘ von den anderen in der Menge, in selbstorganisierenden Schlangen-Formationen verfolgt wurden.
„Wir sind alle in Situationen gewesen, wo wir von der Menge weiter getrieben werden,“ sagt Professor Krause. „Aber, was interessant bei dieser Forschung ist, dass unsere Teilnehmer eine Konsensentscheidung trafen, obwohl sie nicht reden oder einander Handbewegungen zeigen durften. In den meisten Fällen merkten die Teilnehmer nicht, dass sie von anderen geführt wurden.“
Andere Versuche in der Studie benutzten Gruppen mit verschiedenen Größen und verschiedenen Verhältnissen von ‚informierten Personen‘. Die Forschungsbefunde zeigten, dass in großen Mengen von 200 oder mehr Personen, fünf Prozent der Gruppe ausreichen, um die Richtung zu beeinflussen, in der sie geht.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Animal Behavior Journal – 2008
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