- Achtsame Menschen fühlen weniger Schmerz
- Achtsamkeitsmeditation genauso wirksam gegen Schmerzen wie kognitive Verhaltenstherapie
- Achtsamkeitsübungen wirksam gegen körperliche Schmerzen und negative Emotionen
- Meditation gegen Schmerzen
- Zen gegen Schmerzen
- Achtsamkeit und die Psyche
- Weitere News-/Forschungsartikel dazu
Achtsame Menschen fühlen weniger Schmerz
09.09.2018 Eine im Fachblatt PAIN veröffentlichte Studie untersuchte, warum achtsame Menschen weniger Schmerzen zu empfinden scheinen als andere?
Dispositionelle Achtsamkeit
Achtsamkeit hängt damit zusammen, dass man sich des gegenwärtigen Moments bewusst ist, ohne zu sehr emotional zu reagieren oder zu bewerten, sagte Studienautor Dr. Fadel Zeidan, Assistenzprofessor für Neurobiologie und Anatomie an der medizinischen Fakultät des Wake Forest Baptist Medical Center. Einige Menschen sind achtsamer als andere, und sie scheinen weniger Schmerzen zu verspüren.
Die Forscher analysierten die Daten aus einer im Jahr 2015 veröffentlichten Studie, die Achtsamkeitsmeditation mit Placebo bei der Linderung von Schmerzen verglich. In der aktuellen Folgestudie versuchte Zeidan festzustellen, ob dispositionelle Achtsamkeit, das angeborene oder natürliche Maß an Achtsamkeit eines Individuums, mit einer geringeren Schmerzempfindlichkeit verbunden ist, und welche Gehirnmechanismen beteiligt sind.
In der Studie absolvierten 76 gesunde Freiwillige, die noch nie meditiert hatten, zunächst das Freiburger Achtsamkeitsinventar, ein zuverlässiges klinisches Maß für Achtsamkeit, um ihre Ausgangswerte zu bestimmen. Dann, während sie sich der funktionellen Magnetresonanztomographie unterzogen, wurden sie einer schmerzhaften Hitzestimulation (etwa 49° Celsius) ausgesetzt.
Stärkere Deaktivierung des posterioren cingulären Cortex
Die Gehirnanalysen ergaben, dass eine höhere dispositionelle Achtsamkeit während der schmerzhaften Hitzezufuhr mit einer stärkeren Deaktivierung einer Hirnregion verbunden war, die als posteriorer cingulärer Cortex bezeichnet wird, einem zentralen neuronalen Knoten des Standardmodus-Netzwerks (default mode network).
Darüber hinaus gab es bei denen, die über größere Schmerzen berichteten, eine stärkere Aktivierung dieser äußerst wichtigen Gehirnregion.
Standardmodus-Netzwerk
Das Standardmodus-Netzwerk erstreckt sich vom hinteren cingulären Cortex bis zum medialen präfrontalen Cortex des Gehirns. Diese beiden Hirnregionen leiten kontinuierlich Informationen hin und her. Dieses Netzwerk ist mit der Verarbeitung von Gefühlen der Selbstwahrnehmung und Gedankenwanderns verbunden, sagte Zeidan.
Sobald man mit der Ausführung einer Aufgabe beginnt, löst sich die Verbindung zwischen diesen beiden Hirnregionen im Standardmodus-Netzwerk auf und das Gehirn ordnet Informationen und Prozesse anderen neuronalen Bereichen zu, sagte er.
Der Standardmodus wird deaktiviert, wenn Sie irgendeine Aufgabe ausführen, wie z.B. Lesen oder Schreiben. Das Standardmodus-Netzwerk wird reaktiviert, wenn der Einzelne aufhört, eine Aufgabe auszuführen, und zu selbstbezogenen Gedanken, Gefühlen und Emotionen zurückkehrt. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass achtsame Menschen scheinbar weniger in das Erleben von Schmerzen verstrickt sind, was mit geringeren Schmerzerfahrungen verbunden ist.
Die Studie liefert neuartige neurobiologische Informationen, die zeigen, dass Menschen mit einer höheren Achtsamkeit eine geringere Aktivierung in den zentralen Knoten (posteriorer cingulärer Cortex) des Standardnetzwerks und weniger Schmerzen hatten. Diejenigen mit niedrigeren Achtsamkeitsbewertungen hatten eine größere Aktivierung dieses Teils des Gehirns und fühlten auch mehr Schmerzen, sagte Zeidan.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: PAIN Ann N Y Acad Sci. 2016 Jun; 1373(1): 114127. doi: 10.1111/nyas.13153
Achtsamkeitsmeditation genauso wirksam gegen Schmerzen wie kognitive Verhaltenstherapie
01.02.2019 Achtsamkeitsmeditation ist eine vielversprechende Option zur Linderung chronischer Schmerzen laut einer in Evidence Based Mental Health veröffentlichten Forschungsarbeit.
Diese Form von Achtsamkeitsübungen kann die Schwere und die Auswirkungen chronischer Schmerzen auf das tägliche Leben sowie die damit verbundene Belastung verringern, so die Ergebnisse.
Kognitive Verhaltenstherapie vs. Achtsamkeitstherapie
Die am weitesten verbreitete psychologische Technik zur Behandlung chronischer Schmerzen ist die kognitive Verhaltenstherapie. Aber nicht jeder, der mit chronischen Schmerzen lebt, die etwa jeden fünften Erwachsenen betreffen, findet kognitive Verhaltenstherapie (KVT) hilfreich.
Die Forscher durchsuchten Datenbanken auf relevante klinische Studien, in denen die Wirksamkeit von KVT oder achtsamer Stressabbau bei der Behandlung von chronischen Schmerzen (mindestens drei Monate) untersucht wurde.
Chronische Schmerzen
Die meisten Studienteilnehmer waren Frauen im Alter zwischen 35 und 65 Jahren. Die Erkrankungen, die ihnen Schmerzen verursachten, waren weitgehend Muskel-Skelett-Erkrankungen. In fast vier von zehn Studien hatten die Teilnehmer ihre Schmerzen mehr als ein Jahrzehnt lang ertragen.
Die Überprüfung kombinierte sowohl direkte als auch indirekte Belege für die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen von KVT im Vergleich zu normaler oder keiner Behandlung, Achtsamkeit im Vergleich zu gewöhnlicher oder keiner Therapie und Achtsamkeit im Vergleich zu kognitiver Verhaltenstherapie.
Keine wesentlichen Unterschiede bei Wirksamkeit
Die Analyse zeigte, dass es keine wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Verfahren gab. Beide verbesserten die körperliche Leistungsfähigkeit signifikant und verminderten die Schmerzstärke und die damit verbundene Depression im Vergleich zur normalen oder fehlenden Versorgung.
Die Forscher bemerken jedoch, dass nur eine der 21 Studien KVT direkt mit Achtsamkeit verglich, und nur 12 Studien wurden als von angemessener oder guter Qualität eingestuft.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Evidence Based Mental Health, DOI: 10.1136/ebmental-2018-300062
Achtsamkeitsübungen wirksam gegen körperliche Schmerzen und negative Emotionen
20.02.2020 Lediglich eine kurze Einführung in Achtsamkeit half Menschen, mit körperlichen Schmerzen und negativen Emotionen klarzukommen laut einer in Social, Cognitive, and Affective Neuroscience veröffentlichten Studie.
Die Wirkung von Achtsamkeit war so ausgeprägt, dass die Gehirne der Teilnehmer selbst bei starker Hitzeeinwirkung auf ihren Unterarm so reagierten, als ob ihr sie eine normale Temperatur fühlten, schreiben die Wissenschaftler um Hedy Kober vom Fachbereich Psychologie der Columbia Universität.
Physische Schmerzen und negative Emotionen
Die Teilnehmer der Studie wurden in zwei Kontexten getestet, während sie mit MRT gescant wurden – zum einen, um die Reaktion auf körperliche Schmerzen zu beurteilen, die durch die Anwendung hoher Hitze auf den Unterarm ausgelöst werden, und zum anderen, um ihre Reaktion zu messen, wenn sie mit negativen Bildern konfrontiert werden.
In beiden Kontexten fanden die Forscher signifikante Unterschiede in den Signalwegen des Gehirns, wenn die Teilnehmer Achtsamkeitstechniken anwenden sollten – im Vergleich zum normalem Verhalten.
Aktivität im Gehirn
Insbesondere berichteten die Teilnehmer über weniger Schmerzen und weniger negative Emotionen bei der Anwendung von Achtsamkeitstechniken, und gleichzeitig zeigte ihr Gehirn eine signifikante Verringerung der mit Schmerzen und negativen Emotionen verbundenen Aktivität.
Diese neurologischen Veränderungen traten nicht im präfrontalen Cortex auf, der die bewusste oder rationale Entscheidungsfindung reguliert, und waren daher nicht das Ergebnis bewusster Willenskraft, wie die Autoren feststellen.
Die Fähigkeit, im Hier und Jetzt zu bleiben – in dem Moment, wo man Schmerzen oder negative Emotionen empfindet, lässt vermuten, dass ein Training der Achtsamkeit auch bei chronischen psychischen und körperlichen Erkrankungen klinischen Nutzen haben kann, selbst ohne lange Meditationspraxis, sagte Kober.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Social Cognitive and Affective Neuroscience (2020). DOI: 10.1093/scan/nsz104
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