Von der Forschung zur Realität: Ein Bild vom aktuellen Stand der psychedelisch unterstützten Psychotherapien bei Drogensüchten

26.08.2024 Nachdem psychedelische Substanzen jahrelang als gefährliche „Partydrogen“ galten, erhalten sie nun wieder mehr Aufmerksamkeit als Therapien für Suchtkranke – aber es ist noch viel mehr Forschung nötig, so eine neue Sonderserie von Artikeln im Journal of Studies on Alcohol and Drugs (JSAD), die von der Rutgers University veröffentlicht wurde.
Drogen wie Psilocybin, Ketamin und MDMA („Ecstasy“) werden in der sogenannten psychedelisch unterstützten Therapie derzeit erneut untersucht: Dabei werden unter ärztlicher Aufsicht kleine Dosen dieser Drogen in Kombination mit einer herkömmlichen verbalen Psychotherapie verabreicht.
Wie in der JSAD-Serie hervorgehoben wird, wurde in einer Reihe kleinerer klinischer Studien die psychedelisch unterstützte Therapie zur Unterstützung von Menschen mit Alkoholabhängigkeit, Opioidabhängigkeit und bestimmten anderen Störungen des Drogenkonsums untersucht. Die Ergebnisse sind laut den Autoren vielversprechend und deuten darauf hin, dass der Ansatz zu höheren Abstinenzraten führen kann als die konventionelle Therapie allein.
Besonders bemerkenswert ist, wie schnell die psychedelisch unterstützte Psychotherapie im Vergleich zur Standardtherapie wirken kann: Bereits nach ein bis drei Therapiesitzungen konnte ein anhaltender Nutzen festgestellt werden.
„Sie stellt die herkömmliche Behandlung von Substanzkonsumstörungen wirklich auf den Kopf“, sagte Dr. Dominique Morisano vom Zentrum für Sucht und psychische Gesundheit der Universität Toronto.
Oberflächlich betrachtet mag es kontraintuitiv erscheinen, Sucht mit einer psychedelischen Droge zu behandeln, so Morisano, die einen Leitartikel mitverfasst hat, der in der Reihe veröffentlicht wurde. Aber, so Morisano, Menschen mit Substanzmissbrauchsstörungen nehmen normalerweise Drogen, um sich vor ihren quälenden Gedanken und Gefühlen zu „verstecken“.
„Aha-Erlebnisse“ und „Neuroplastizität“
Die psychedelisch unterstützte Therapie hingegen scheint dazu beizutragen, „den Schleier zu lüften“ und den Menschen Einsichten – „Aha-Erlebnisse“ – zu ermöglichen, die ihnen bei ihrer Genesung helfen, erklärte Morisano. Die Patienten können zum Beispiel ein neues Gefühl der Selbstwirksamkeit entwickeln, das es ihnen erleichtert, gesündere Verhaltensweisen und Bewältigungsstrategien anzunehmen.
Keiner weiß genau, wie Psychedelika dies bewirken. Eine Theorie ist, so Morisano, dass sie über „Neuroplastizität“ wirken – die Fähigkeit des Gehirns, seine Verschaltung neu zu organisieren.
Es ist klar, dass noch viel mehr Forschung nötig ist, so Morisano. Es gibt immer noch grundsätzliche Fragen, z. B. welche Psychedelika sind bei Substanzmissbrauchsstörungen wirksam? Welche Protokolle funktionieren am besten? Dazu seien Finanzmittel erforderlich, die bisher hauptsächlich aus privaten Quellen stammten, während sich die staatliche Finanzierung gerade erst zu öffnen beginne.
Keine Do-it-yourself-Behandlung
Bis dahin sollten die Menschen verstehen, dass Psychedelika keine Do-it-yourself-Behandlung für Drogenmissbrauch oder psychische Störungen sind: Die psychotherapeutische Komponente ist entscheidend, sagt sie.
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„Viele Menschen haben den Irrglauben, dass sie sich selbst eine Mikrodosis verabreichen können“, sagte Morisano. „Aber man kann die Psychotherapie nicht einfach weglassen.“
© Psylex.de – Quellenangabe: Journal of Studies on Alcohol and Drugs (2024). DOI: 10.15288/jsad.24-00208
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