Können wir erkennen, ob unsere Erinnerungen zuverlässig sind?

Studie: Metakognitives Bewusstsein für Gedächtnisverzerrungen während des Abrufs

Können wir erkennen, ob unsere Erinnerungen zuverlässig sind?

06.07.2024 Wie viel Vertrauen sollten wir in unsere Erinnerungen, in unser Gedächtnis setzen? Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass wir sehr wohl wissen, wann wir uns akkurat an Ereignisse erinnern – und wann unser Gehirn Lücken mit Allgemeinwissen füllt.

Erinnerungen sind eine Mischung aus erinnerten Details und „prototypischen“ Informationen, aber eine Studie der Universität Birmingham hat gezeigt, dass wir weniger Vertrauen in die Erinnerung haben, wenn Prototypen stärker hervortreten.

Das bedeutet, dass wir in der Lage sind, zwischen diesen beiden Arten von Erinnerungen zu unterscheiden und genau einzuschätzen, wie zuverlässig unsere Erinnerungen sind. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Communications Psychology veröffentlicht.

Einmalige und wiederkehrende Ereignisse

„Wir verlassen uns auf unsere Erinnerungen, vor allem, wenn es sich um ein einmaliges Ereignis handelt, z. B. ein Geburtstagsessen“, erklärt der Hauptautor Dr. Ben Griffiths. „Aber regelmäßig wiederkehrende Ereignisse, wie der Weg zur Arbeit, werden vom Gehirn so gestrafft, dass nur die einmaligen Elemente im Gedächtnis bleiben – etwa eine Baustelle oder ein Beinahe-Unfall. Der Rest der Details wird aus bereits vorhandenem Wissen ergänzt.“

„Wir wollten herausfinden, wie gut Menschen in der Lage sind, diese generischen oder ‚prototypischen‘ Erinnerungen zu erkennen, und wie weit sie ihren Erinnerungen vertrauen können.“

In der Studie absolvierten etwas mehr als 200 Teilnehmer eine Reihe von Experimenten, in denen sie Objekte in verschiedenen „nicht zusammenpassenden“ Farben betrachten sollten. Zum Beispiel einen blauen Apfel. Nachdem sie zur Ablenkung eine einfache Rechenaufgabe gelöst hatten, sollten sie sich die Farbe merken und sie dann aus einer Farbskala heraussuchen, um zu prüfen, wie genau sie sich an den Farbton erinnern konnten.

Abschließend sollten sie bewerten, wie sicher sie sich der Richtigkeit ihrer Antwort waren, indem sie zwischen „sicher“, „unsicher“ und „erraten“ wählten.

Generische und prototypische Informationen

Die Forscher verwendeten unüberwachtes maschinelles Lernen, um Muster aus den Antworten herauszufiltern. Auf diese Weise konnten die Forscher die generischen bzw. „prototypischen“ Farbtöne erkennen, für die sich die Befragten tendenziell entschieden, wenn sie sich nicht sicher waren, ob sie die Farbe richtig in Erinnerung hatten.

Die Ergebnisse zeigten, dass das Vertrauen der Teilnehmer in ihre Farbauswahl tendenziell abnahm, wenn die Farben näher an den vom Algorithmus für maschinelles Lernen als prototypisch identifizierten Farbtönen lagen. Dies deutet darauf hin, dass wir uns des wahrscheinlichen Ausmaßes bewusst sind, in dem Prototypen Lücken in unserem Gedächtnis füllen, und dass wir dieses Wissen berücksichtigen können, wenn wir aufgefordert werden, die Genauigkeit unserer Erinnerung zu bewerten.

Die Ergebnisse haben z.B. Folgen für Augenzeugenberichte in Rechtsfällen, bei denen das Vertrauen in die Genauigkeit der Erinnerung entscheidend ist.

Griffiths fügte hinzu: „Bei der Gesichtserkennung wissen wir, dass Menschen Schwierigkeiten haben, genaue Erinnerungen von Prototypen zu unterscheiden. Wir wissen weniger darüber, dass auch die Erinnerung an Ereignisse verzerrt sein kann, aber das ist ebenso wichtig, wenn es darum geht zu entscheiden, wie sehr man der Erinnerung einer Person vertrauen kann“.

„Unsere Forschung zeigt, dass Menschen recht gut erkennen können, wann ihre Schilderungen zuverlässig sind und wann sie von ihrem Gehirn beeinflusst werden, das Lücken mit generischen Informationen auffüllt.“

© Psylex.de – Quellenangabe: Communications Psychology (2024). DOI: 10.1038/s44271-024-00108-2

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