Lernt man neue Wörter am besten, wenn man sie laut wiederholt?

Das Hinauszögern der Wortproduktion verringert ihre nachteilige Wirkung auf das Erlernen von Wörtern

Lernt man neue Wörter am besten, wenn man sie laut wiederholt?

18.01.2023 Wenn jemand einen Begriff oder den Namen einer Person zum ersten Mal hört, besteht die häufigste Methode des Erlernens dieses neuen Wortes darin, es laut zu wiederholen. Frühere Studien haben jedoch widersprüchliche Auswirkungen dieser fast gleichzeitigen Produktion auf unsere Fähigkeit, neue Wörter zu lernen, festgestellt.

Eine neue Studie des baskischen Zentrums für Kognition, Gehirn und Sprache (BCBL) ergab, dass die Wiederholung neuer Vokabeln negative Auswirkungen auf das Lernen haben kann, insbesondere wenn die Wiederholung unmittelbar erfolgt. Das stille Anhören des Wortes oder eine Pause zwischen dem Hören und dem Produzieren des Wortes können effektivere Methoden sein, um es zu lernen.

Die Forscher des BCBL untersuchten die kognitiven Mechanismen, die bei der Sprachverarbeitung eine Rolle spielen bei mehr als 300 Freiwilligen. Sie haben sich darauf fokussiert, wie wir in der Lage sind, ein kürzlich in unser mentales Wörterbuch aufgenommenes Wort zu erkennen.

„In dieser Studie haben wir untersucht, wie sich das sofortige laute Wiederholen eines neuen Wortes oder das Nicht-Wiederholen auf das Lernen auswirken kann. Mit anderen Worten, welchen Einfluss diese Lernmethode auf die Integration eines gerade gehörten Begriffs in unser lexikalisches System hat, so dass wir ihn später wiedererkennen können“, sagt die Projektleiterin Efthymia Kapnoula, Wissenschaftlerin am BCBL.

Die Teilnehmer der Studie wurden verschiedenen Tests und Trainingseinheiten unterzogen, um herauszufinden, wie man neue Wörter am besten lernt.

Positive oder negative Auswirkungen auf die Integration

In der ersten Phase des Projekts wurde mit Hilfe von Eye-Tracking-Techniken in Echtzeit beobachtet, ob die Wiederholung oder Nichtwiederholung eines Wortes beim Lernen positive oder negative Auswirkungen auf seine Integration in das mentale lexikalische System hat.

„In diesem ersten Experiment haben wir festgestellt, dass die Wiederholung zu Beginn einen leicht positiven Effekt hatte, aber ihre endgültige Wirkung war negativ“, sagt Kapnoula.

In der zweiten Phase wurden daher längere Begriffe in der Trainingsphase verwendet und einige der Laute nachträglich verändert, z. B. ein „s“ in ein „f“ umgewandelt. Auf diese Weise konnten die Forscher überprüfen, inwieweit die kognitiven Mechanismen nicht nur in der Lage waren, das Wort zu integrieren, sondern auch die Wahrnehmung der Sprachlaute neu zu kalibrieren, um das richtige Wort zu erkennen.

In dieser zweiten Trainingssitzung wurden die Teilnehmer in vier verschiedene Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe lernte die Wörter nur durch Zuhören, eine andere sollte jedes Wort unmittelbar nach dem Hören wiederholen, eine weitere wiederholte jedes Wort zwei Sekunden nach dem Hören, und die letzte Gruppe wiederholte jedes Wort vier Sekunden später.

Negativer Effekt der Wortwiederholung

Den Experten des BCBL zufolge konnte anhand der verschiedenen Methoden festgestellt werden, dass der negative Effekt der Wortwiederholung in der Studie auf die zeitliche Überschneidung zwischen der Codierung des Wortes im Gehirn und seiner Produktion zurückzuführen ist.

„Wenn eine Person ein Wort unmittelbar nach dem Hören wiederholt, werden die kognitiven Ressourcen für die Vorbereitung der Produktion des Wortes verwendet, so dass diese Ressourcen nicht für eine tiefere Kodierung des Wortes genutzt werden können. Wird die Produktion dagegen um einige Sekunden verzögert, wird diese Überschneidung vermieden, so dass ein tieferes Lernen und eine tiefere Kodierung stattfinden können“, sagt Kapnoula.

Die in der Fachzeitschrift Language, Cognition and Neuroscience veröffentlichten Ergebnisse verbessern nicht nur unser Verständnis der kognitiven Mechanismen, die beim Erlernen neuer Wörter eine Rolle spielen, sondern sie könnten auch dazu beitragen, effizientere Lernprogramme zu entwickeln.

„Das Verständnis dieser kognitiven Mechanismen kann uns lehren, wie wir Wiederholungen in Bildungskontexten effizienter einsetzen können. So können Lehrer beispielsweise Schüler dazu ermutigen, ein neues Wort zu wiederholen, wenn sie es zum ersten Mal hören, aber danach sollten sich die Lernprozesse mehr auf das Zuhören als auf die Produktion konzentrieren“, sagt Kapnoula.

© Psylex.de – Quellenangabe: Language, Cognition and Neuroscience – DOI: 10.1080/23273798.2022.2144917

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