Studien zur Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie zeigen, dass Zahnarztangst bei Erwachsenen mit negativen Kindheitserfahrungen zusammenhängt

31.07.2024 Zahnarztangst (auch Dentalphobie oder Zahnbehandlungsangst genannt) ist ein weit verbreitetes Problem, von dem weltweit unzählige Menschen betroffen sind und das bewirkt, dass sie die zahnärztliche Versorgung meiden und unter einer schlechten Mundgesundheit leiden. Eine Studie des Fachbereichs für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (OMFS) der zahnmedizinischen Fakultät der Universität Hongkong (HKU) ergab, dass sowohl zahnmedizinische als auch nicht-zahnmedizinische Faktoren, d. h. negative Erfahrungen in der Kindheit, mit der Zahnarztangst in Verbindung gebracht werden.
Durch die Kombination von Erkenntnissen aus zwei wissenschaftlichen Arbeiten untersuchten die Forscher der OMFS sowohl zahnmedizinische als auch nicht-zahnmedizinische Faktoren, insbesondere negative Kindheitserfahrungen (ACE, adverse childhood experiences) (Definition gemäß Weltgesundheitsorganisation, 2020), die zur Zahnarztangst beitragen.
Mike YY Leung, klinischer Professor für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, der das Projekt leitete, sagte: „Unser Ziel ist es, das Bewusstsein für die Bedeutung dieser Faktoren bei der Bewertung und Bewältigung von Zahnarztangst zu schärfen, weitere Forschungen anzuregen und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu fördern, um Menschen dabei zu helfen, ihre Ängste zu überwinden und die notwendige zahnärztliche Versorgung zu erhalten.“
Zahnmedizinische Faktoren, die zu Zahnarztangst führen
Die erste Studie des OMFS- Forscherteams, die im Dezember 2022 im International Journal of Environmental Research and Public Health unter dem Titel „Qualitative Evaluation of YouTube Videos on Dental Fear, Anxiety, and Phobia“ veröffentlicht wurde, analysierte 145 YouTube-Videos, um deren Qualität und Inhalt zu bewerten.
Die Studie ergab, dass diese Videos, die von verschiedenen Quellen produziert wurden, zahlreiche Faktoren, Symptome und Interventionen abdeckten, aber keine Informationen zur Definition oder Diagnose von Zahnarztangst, -furcht und -phobie enthielten. Viele Videos hatten eine hohe Anzahl von Aufrufen, darunter auch Erfahrungsberichte von Patienten.
Die Ätiologie der in den Videos erwähnten Zahnarztangst, -furcht und -phobie lässt sich grob in zwei Gruppen einteilen: kognitive und verhaltensbezogene Faktoren.
Kognitive Faktoren, wie z. B. das Gefühl, keine Kontrolle über den Zahnarzt zu haben, wurden in Aussagen wie „Der Zahnarzt gab mir das Gefühl, machtlos zu sein“ deutlich. Verhaltensfaktoren, einschließlich direkter Traumata und Konditionierung durch Modellierung und verbale Anweisungen, trugen mit Aussagen wie „Meine Schwester hat auf dem Zahnarztstuhl geweint“ und „Meine Eltern haben mir erzählt, dass mein Onkel beim Zahnarzt gestorben ist“ zur Zahnarztangst bei.
Negative Kindheitserfahrungen stehen im Zusammenhang mit Zahnarztangst
Während die Patientenaussagen aus der ersten Studie in früheren Untersuchungen ausführlich dokumentiert wurden, muss man bei der Erforschung der Ursachen von Zahnarztangst über zahnmedizinische Faktoren hinausgehen. In der kürzlich veröffentlichten Studie „Adverse Childhood Experiences and Dental Anxiety Among Chinese Adults in Hong Kong: A Cross-sectional Study“, die in der Zeitschrift Frontiers in Psychology veröffentlicht wurde, untersuchten die Forscher den Zusammenhang zwischen negativen Kindheitserfahrungen (Adverse Childhood Experiences, ACE) und Zahnarztangst.
In dieser Studie füllten 171 Teilnehmer Online-Fragebogen (mit dem Adverse Childhood Experiences International Questionnaire – ACE-IQ) aus, um ihre negativen Kindheitserfahrungen und ihre Zahnarztangst (mit dem Modified Dental Anxiety Cale – MDAS und Dental Fear Survey – DFS) zu bewerten.
Die Ergebnisse zeigten einen signifikanten Zusammenhang zwischen belastenden Kindheitserfahrungen und Zahnarztangst, wobei eine höhere kumulative Anzahl von belastenden Kindheitserfahrungen positiv mit höheren Werten für Zahnarztangst korrelierte. Es wurde festgestellt, dass bestimmte Erfahrungen, wie emotionale und körperliche Vernachlässigung, sexueller Missbrauch und Drogenmissbrauch im Elternhaus, einen signifikanten Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit haben, eine verstärkte Zahnarztangst zu erleben.
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Umsetzung einer umfassenden Bewertung und Behandlung
Zahnbehandlungsangst, -furcht und -phobie sind weit verbreitete Ängste, die die Mundgesundheit und das allgemeine Wohlbefinden des Einzelnen erheblich beeinträchtigen. Die Ergebnisse der beiden Studien verdeutlichen, wie wichtig es ist, bei der Untersuchung der Ursachen von Zahnarztangst sowohl zahnmedizinische als auch nicht zahnmedizinische Faktoren zu berücksichtigen. Die Analyse der YouTube-Videos ergab, dass genaue Informationen und eine Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten und Experten für psychische Gesundheit erforderlich sind, um sicherzustellen, dass der Öffentlichkeit zuverlässige Inhalte zur Verfügung stehen.
Um die signifikanten Zusammenhänge zwischen Zahnbehandlungsangst und negativen Kindheitserfahrungen zu erforschen, müssen Zahnärzte bei der Untersuchung der Ursachen von Zahnbehandlungsangst unbedingt frühe Lebenserfahrungen berücksichtigen und einen umfassenderen Ansatz für die Bewertung und Behandlung wählen, der sowohl zahnmedizinische als auch nicht zahnmedizinische Faktoren berücksichtigt.
Darüber hinaus kann die Zusammenarbeit mit Experten für psychische Gesundheit die Entwicklung gezielter Interventionen erleichtern, die sowohl zahnmedizinische als auch psychologische Aspekte berücksichtigen. Sensibilisierung und Aufklärung über Zahnarztangst, einschließlich ihrer möglichen Ursachen, sind ebenfalls von entscheidender Bedeutung.
Die Koautorin Natalie Wong erklärte: „Zahnarztangst ist ein komplexes Problem mit zahlreichen Einflussfaktoren. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Ursachen der Zahnarztangst zu mildern, und selbst einfache Maßnahmen wie die, dass Eltern ihre Kinder nicht erschrecken, können hilfreich sein.“
© Psylex.de – Quellenangabe: Frontiers in Psychology (2024). DOI: 10.3389/fpsyg.2024.1372177