Alzheimer-Krankheit: Gehirn, Hirnforschung

Forscher markieren ‚Anfang‘ im Gehirn

22.02.2016 Eine kritische und anfällige Region im Gehirn scheint die erste zu sein, die bei spät beginnender Alzheimer-Krankheit betroffen ist.

Sie ist wichtiger als vorher angenommen für die Aufrechterhaltung der kognitiven Funktionen im späteren Leben laut einer neuen Überprüfung der wissenschaftlichen Literatur.

Locus caeruleus

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Bild: Locus caeruleus

Der Locus caeruleus (auch als Locus coeruleus oder Nucleus caeruleus bezeichnet) ist ein kleiner, bläulicher Teil des Gehirnstamms, der Noradrenalin freisetzt – ein Neurotransmitter, der wichtig ist für Regulation der Herzfrequenz, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Erkennungsvermögen.

Die Zellen bzw. Neuronen des Locus caeruleus senden verzweigte Axonen in große Teile des Gehirns und helfen bei der Regulation der Blutgefäßaktivität. Seine hohe Vernetzung kann ihn für die Wirkungen von Toxinen und Infektionen anfälliger machen im Vergleich zu anderen Gehirnregionen, sagte Hauptautorin Mara Mather – Professorin für Gerontologie und Psychologie an der University of Southern California.

Zeigt als erstes Tau-Pathologie

Sie schreibt weiterhin in der Zeitschrift Trends in Cognitive Sciences, dass der Locus coeruleus die erste Gehirnregion ist, die eine Tau-Pathologie – die sich langsam ausbreitenden Protein-Tangles (die später Alzheimer bestimmen) – zeigt. Obwohl nicht jeder Alzheimer bekommt, zeigen Autopsieergebnisse, dass die meisten Menschen einige anfängliche Hinweise auf eine Tau-Pathologie im Nucleus caeruleus im frühen Erwachsenenalter haben, fügte sie hinzu.

Noradrenalin kann schützen

Das vom Locus caeruleus freigesetzte Noradrenalin kann dazu beitragen, die Alzheimer Symptome zu verhindern. Mit Ratten und Mäusen durchgeführte Studien haben gezeigt, dass Noradrenalin hilft, Neuronen vor Faktoren zu beschützen, die die Zellen töten und die Alzheimer-Krankheit beschleunigen können – wie Entzündungen und übermäßige Stimulation durch andere Neurotransmitter.

Noradrenalin wird freigesetzt, wenn jemand sich mit einer Aktivität beschäftigt oder mental gefordert wird, seien es zu lösende Probleme am Arbeitsplatz, in einem Worträtsel oder beim Spielen eines schwierigen Musikstücks.

Bildung und fordernde Berufe schaffen eine ‚kognitive Reserve‘ fürs Alter oder eine effektive Gehirnleistung trotz vordringender Pathologie, sagte Mather. „Die Aktivierung des Noradrenalinsystems des Locus coeruleus durch neuartige und mentale Herausforderungen im Laufe des Lebens kann zu einer kognitiven Reserve beitragen.“

© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of Southern California, Trends in Cognitive Sciences; Feb. 2016

Ungleichgewicht bei den ungesättigten Fettsäuren im Gehirn

28.04.2017 Die Konzentrationen von sechs ungesättigten Fettsäuren in wichtigen Hirnregionen sind verknüpft mit den kognitiven Symptomen und der Neuropathologie der Alzheimer-Krankheit (AK) laut einer in PLOS-Medizine publizierten Studie des King’s College London.

Forscher um Cristina Legido-Quigley, Madhav Thambisetty führten eine nicht-gerichtete metabolische Profilingstudie durch, die die Konzentrationen von 100 strukturell verschiedenen Fettsäuren-Metaboliten in den Gehirngewebeproben von älteren Personen verglich, die an der Baltimore Längsstudie zum Altern teilgenommen hatten.


Bild: Gerd Altmann

Vergleich der Fettsäuren-Stoffwechselprodukte

Die Teilnehmer hatten alle an kognitiven Tests im Jahr vor dem Tod teilgenommen und wurden nach ihrem Tod neuropathologisch untersucht.

Die Teilnehmer fielen in drei Gruppen:

  1. 14 Menschen mit einem gesunden Gehirn,
  2. 15 mit neuropathologischen Tau-Proteinen oder Amyloid in ihren Gehirnen, aber ohne Gedächtnisprobleme, und
  3. 14 mit Alzheimer-Krankheit.

Die Metaboliten-Spiegel wurden in den Proben aus Gehirnregionen gemessen, die anfällig für Alzheimer-Pathologie (mittlere frontale und inferiore temporale Gyri) sowie diejenigen aus einer Hirnregion, die dagegen resistent ist (Cerebellum – Kleinhirn).

Die Forscher fanden, dass die Spiegel von sechs ungesättigten Fettsäuren (Linolsäure, Linolensäure, Docosahexaensäure, Eicosapentaensäure, Oleinsäure und Arachidonsäure) in den für Alzheimer anfälligen Gehirnregionen mit AK verbunden waren.

Die Studie kann nicht sagen, ob das Ungleichgewicht (die Dysregulation) der ungesättigten Fettsäuren Ursache für die Alzheimer-Pathologie oder eine Reaktion darauf ist. Auch sollten die Befunde in größeren Studien repliziert werden.

Dennoch legen diese Befunde nahe, dass die Dysregulation des Stoffwechsels der ungesättigten Fettsäuren eine Rolle bei der Entwicklung der Alzheimer-Pathologie spielt, und dass das Studienresultat weitere Belege für eine metabolische Grundlage der Alzheimer-Pathogenese liefert.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: King’s College London, PLOS-Medizine – DOI: 10.1371/journal.pmed.1002266; März 2017

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