Nicht-kognitive Fähigkeiten: Der verborgene Schlüssel in der Bildung

Genetische Zusammenhänge zwischen nicht-kognitiven Fähigkeiten und schulischen Leistungen im Laufe der Entwicklung

Nicht-kognitive Fähigkeiten: Der verborgene Schlüssel in der Bildung

28.08.2024 Eine neue Studie zeigt, dass nicht-kognitive Fähigkeiten wie Motivation und Selbstregulation für den schulischen Erfolg ebenso wichtig sind wie die Intelligenz. Diese Fähigkeiten werden im Laufe der Ausbildung eines Kindes immer einflussreicher, wobei genetische Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Förderung nicht-kognitiver Fähigkeiten neben den kognitiven Fähigkeiten die Bildungsergebnisse erheblich verbessern könnte.

„Unsere Forschung stellt die lange Zeit vertretene Annahme in Frage, dass Intelligenz der wichtigste Faktor für schulische bzw. akademische Leistungen ist“, sagt Dr. Margherita Malanchini vom Fachbereich Psychologie der Queen Mary University of London. „Wir haben überzeugende Belege dafür gefunden, dass nicht-kognitive Fähigkeiten – wie Durchhaltevermögen, Beharrlichkeit, akademisches Interesse und Wertschätzung des Lernens – nicht nur signifikante Prädiktoren für den Erfolg sind, sondern dass ihr Einfluss mit der Zeit immer stärker wird.“

Die Studie beobachtete mehr als 10.000 Kinder im Alter von 7 bis 16 Jahren in England und Wales und nutzte eine Kombination aus Zwillingsstudien und DNA-basierten Analysen, um das komplexe Zusammenspiel zwischen Genen, Umwelt und schulischer Leistung zu untersuchen.

Die Macht der nicht-kognitiven Genetik

Eines der auffälligsten Ergebnisse ist die zunehmende Rolle der Genetik bei der Ausprägung nicht-kognitiver Fähigkeiten und deren Auswirkungen auf die schulischen Leistungen. Durch die Analyse der DNA erstellten die Forscher einen „polygenen Score“ für nicht-kognitive Fähigkeiten, im Grunde eine genetische Momentaufnahme der Veranlagung eines Kindes für diese Fähigkeiten.

„Wir haben herausgefunden, dass genetische Einflüsse, die mit nicht-kognitiven Fähigkeiten zusammenhängen, im Laufe der Schuljahre zunehmend die akademischen Leistungen vorhersagen, und dass sich ihre Wirkung zwischen dem Alter von 7 und 16 Jahren fast verdoppelt“, erklärt Koautor Dr. Andrea Allegrini. „Am Ende der Pflichtschulzeit sind genetische Dispositionen für nicht-kognitive Fähigkeiten bei der Vorhersage des schulischen Erfolgs genauso wichtig wie solche, die mit kognitiven Fähigkeiten zusammenhängen“.

Dieses Ergebnis stellt die traditionelle Auffassung in Frage, wonach der Bildungserfolg weitgehend durch die Intelligenz bestimmt wird. Die Studie deutet vielmehr darauf hin, dass die emotionale und verhaltensspezifische Veranlagung eines Kindes, die sowohl von den Genen als auch von der Umwelt beeinflusst wird, eine entscheidende Rolle für seinen Bildungsweg spielt.

Die Rolle der Umwelt

Während die Genetik zweifellos zu den nicht-kognitiven Fähigkeiten beiträgt, unterstreicht die Studie auch die Bedeutung des Umfelds. Durch den Vergleich von Geschwistern konnten die Forscher den Einfluss des gemeinsamen familiären Umfelds von den genetischen Faktoren isolieren.

„Wir haben festgestellt, dass familienweite Prozesse zwar eine wichtige Rolle spielen, der zunehmende Einfluss nicht-kognitiver genetischer Faktoren auf die schulischen Leistungen jedoch auch innerhalb der Familien deutlich zu erkennen ist“, so Allegrini. „Dies deutet darauf hin, dass Kinder ihre eigenen Lernerfahrungen auf der Grundlage ihrer Persönlichkeit, ihrer Veranlagungen und Fähigkeiten aktiv gestalten können, wodurch eine Rückkopplungsschleife entsteht, die ihre Stärken fördert.“

Auswirkungen auf die Bildung

Die Ergebnisse dieser Studie haben laut den Autoren tiefgreifende Auswirkungen auf das Bildungswesen. Indem sie die entscheidende Rolle der nicht-kognitiven Fähigkeiten berücksichtigen, können Schulen gezielte Maßnahmen entwickeln, um die emotionale und soziale Entwicklung der Schüler neben dem schulischen Lernen zu fördern.

„Unser Bildungssystem hat sich traditionell auf die kognitive Entwicklung konzentriert“, so Malanchini. „Es ist an der Zeit, diesen Fokus neu zu justieren und der Förderung nicht-kognitiver Fähigkeiten die gleiche Bedeutung beizumessen. Auf diese Weise können wir ein integrativeres und effektiveres Lernumfeld für alle Schüler schaffen.“

© Psylex.de – Quellenangabe: Nature Human Behaviour, 2024; DOI: 10.1038/s41562-024-01967-9

Weitere Infos, News dazu

Was denken Sie darüber? Oder haben Sie Erfahrungen damit gemacht?


Aus Lesbarkeitsgründen bitte Punkt und Komma nicht vergessen. Vermeiden Sie unangemessene Sprache, Werbung, themenfremde Inhalte. Danke.