Psychische Belastbarkeit beeinflusst Lebenserwartung

Die Fähigkeit, mit Widrigkeiten im Alter fertig zu werden, ist mit einem geringeren Sterberisiko verbunden

Psychische Belastbarkeit beeinflusst Lebenserwartung

04.09.2024 Die Fähigkeit, schwierige Lebensumstände und -ereignisse im Alter gut zu bewältigen und sich darauf einzustellen, ist mit einem geringeren Sterberisiko bzw. einer höheren Lebenserwartung verbunden, so das Ergebnis einer großen, landesweit repräsentativen Studie, die in der Zeitschrift BMJ Mental Health veröffentlicht wurde.

Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von Bemühungen zur Stärkung der psychischen Belastbarkeit (Resilienz), so die Forscher.

Die vorliegenden Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Resilienz ein dynamischer und aktiver Prozess ist, der von verschiedenen Faktoren wie Geschlecht, Hormonen und den Genen, die die Stressreaktion des Körpers regulieren, beeinflusst wird. Es wird angenommen, dass sich diese Fähigkeit entwickelt und in den verschiedenen Phasen des Lebenszyklus variiert, so die Forscher.

Im Alter können gute Bewältigungsfähigkeiten dazu beitragen, die negativen Auswirkungen von Langzeiterkrankungen und späteren Behinderungen auszugleichen. Während die Fähigkeit, sich nach einer Krankheit oder einem Trauma körperlich zu erholen, mit einem langsameren Alterungsprozess und einem geringeren Sterberisiko in Verbindung gebracht wird, ist nicht klar, ob die psychische Belastbarkeit ähnliche Auswirkungen haben könnte, erklären die Forscher.

Um dies weiter zu untersuchen, nutzten die Forscher die US Health and Retirement Study (HRS), eine repräsentative Langzeitstudie von US-Erwachsenen im Alter von mindestens 50 Jahren. Diese Studie begann 1992 und enthält Informationen über den wirtschaftlichen, gesundheitlichen, ehelichen und familiären Status der Teilnehmer, die alle zwei Jahre befragt werden.

Die Forscher stützten sich auf zwei Wellen (2006-08) der HRS-Daten, in denen zum ersten Mal Fragen zur psychischen Belastbarkeit erhoben wurden, und bezogen insgesamt 10.569 Teilnehmer mit vollständigen Daten in die endgültige Analyse ein. Ihr Durchschnittsalter lag bei 66 Jahren; 59 % von ihnen waren Frauen.

Je höher Resilienzwert, desto geringer das Sterberisiko

Die Resilienz wurde anhand einer validierten Skala bewertet, die Eigenschaften wie Durchhaltevermögen, Gelassenheit, Zielstrebigkeit, Selbstvertrauen und die Erkenntnis, dass man bestimmte Erfahrungen allein bewältigen muss, umfasst. Der Durchschnittswert der gesamten Stichprobe lag bei 9,18 (Bereich 0-12).

Die Teilnehmer wurden bis zu ihrem Tod oder bis Ende Mai 2021 beobachtet, je nachdem, was zuerst eintrat. Während einer durchschnittlichen Nachverfolgungszeit von 12 Jahren starben 3.489 Personen.

Es zeigte sich ein fast linearer Zusammenhang zwischen dem Wert der psychischen Belastbarkeit und dem Tod aus beliebiger Ursache: je höher der Wert, desto geringer das Sterberisiko, wobei dieser Zusammenhang bei Frauen stärker war als bei Männern.

Die Resilienzwerte wurden in Quartile (25 %) eingeteilt und mit der 10-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit verknüpft. Diese betrug 61 % für das unterste Quartil (1), stieg auf 72 % und 79 % für die mittleren Quartile (2 und 3) und 84 % für das oberste Quartil (4).

Aus der Überlebensanalyse ging hervor, dass die Wahrscheinlichkeit, in den nächsten 10 Jahren zu sterben, bei den Personen im höchsten Quartil um 53 % geringer war als bei denjenigen im niedrigsten Quartil.

Dieser Zusammenhang blieb auch nach Bereinigung um Familienstand, Geschlecht, Ethnie und Gewicht (BMI) statistisch signifikant, sank jedoch auf 46 %, wenn Krankheiten (Diabetes, Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen) berücksichtigt wurden, und auf 38 %, wenn ein ungesunder Lebensstil berücksichtigt wurde.

Insgesamt war das Sterberisiko bei Personen mit höheren Werten für die psychische Belastbarkeit um 20 % (2. Quartil), 27 % (3. Quartil) und 38 % (4. Quartil) niedriger als bei denjenigen mit den niedrigsten Werten (1. Quartil), nachdem potenzielle Einflussfaktoren berücksichtigt worden waren.

Da es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, können keine eindeutigen Schlussfolgerungen zur Kausalität gezogen werden. Die Forscher räumen ein, dass der potenzielle Einfluss genetischer und hormoneller Faktoren sowie ungünstiger Umstände in der Kindheit nicht berücksichtigt wurde. Die Analyse stützte sich auch auf die Ausgangsdaten, wodurch potenziell einflussreiche Veränderungen während des Beobachtungszeitraums übersehen wurden.

Resilienz-Einflussfaktoren

„Verschiedene Faktoren, einschließlich, aber nicht beschränkt auf Lebenssinn, positive Emotionen, selbst eingeschätzte Gesundheit und Zufriedenheit mit sozialer Unterstützung, wurden als potenzielle Einflüsse auf die psychologische Resilienz identifiziert“, erklären sie.

„Die Auslösung dieser positiven Emotionen könnte die schützende Wirkung der psychologischen Resilienz verstärken und die negativen Auswirkungen von akkumulierten Widrigkeiten auf die psychische Gesundheit von Erwachsenen abmildern.“

Sie schlussfolgern: „Die Ergebnisse unterstreichen die potenzielle Wirksamkeit von Maßnahmen, die auf die Förderung der psychologischen Resilienz abzielen, um das Mortalitätsrisiko zu mindern.“

© Psylex.de – Quellenangabe: BMJ Mental Health (2024). DOI: 10.1136/bmjment-2024-301064

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