Starke Bindungen in der Lebensmitte können Gesundheitsrisiken für Opfer von Kindesmissbrauch ausgleichen
13.05.2018 Frühere psychologische Forschungsarbeiten zeigen, dass Missbrauch / Misshandlungen in der Kindheit mit vielen negativen Folgen für die Gesundheit im Erwachsenenalter – einschließlich vorzeitiger Sterblichkeit – in Verbindung gebracht werden.
Aber laut einer im Fachblatt Nature Human Behaviour veröffentlichten psychologischen Studie der Northwestern Universität können unterstützende Beziehungen in der Lebensmitte teilweise die mit dem Missbrauch von Kindern verbundenen Sterblichkeitsrisiken kompensieren.
Kompensation der negativen Gesundheitseffekte
Angesichts der schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen von Kindesmisshandlungen im späteren Leben – wie Herzkrankheiten, Schlaganfall und einige Krebsformen – wollten Studienautorin Jessica Chiang und Kollegen untersuchen, ob es etwas gibt, das diese Effekte kompensieren oder umkehren kann.
Bild: Gerd Altmann
Viele der Krankheiten, die mit Kindesmissbrauch verbunden sind, treten typischerweise in mittleren und späteren Stadien des Erwachsenseins auf – Jahrzehnte nach dem Missbrauch, sagt Chiang. Die Wissenschaftler untersuchten, ob psychosoziale Unterstützung während dieser Zeit der ‚Inkubation‘ bzw. der Übergangszeit Gesundheitsrisiken ausgleichen könnte, die mit viel früheren Missbrauchserfahrungen verbunden sind.
Unter Verwendung einer Stichprobe von 6.078 Erwachsenen aus der National Survey of Midlife Development in den Vereinigten Staaten untersuchten die Forscher, ob die selbstberichtete soziale Unterstützung von Erwachsenen das Sterblichkeitsrisiko verminderte, das mit der selbstberichteten Exposition gegenüber drei Arten von Kindesmissbrauch verbunden ist: schwerer körperlicher Missbrauch, mittelschwere körperliche Misshandlung und emotionaler Missbrauch.
Geringeres Sterblichkeitsrisiko
Soziale bzw. psychosoziale Unterstützung war deutlich mit einem geringeren Sterblichkeitsrisiko verbunden, was die Forscher aufgrund von Voruntersuchungen auch erwartet hatten.
Wichtig ist jedoch, dass sich das Ausmaß der Verringerung des Mortalitätsrisikos im Zusammenhang mit der sozialen Unterstützung in der Lebensmitte zwischen den Personen, die über Kindesmissbrauch berichteten, und denen, die über minimale oder gar keine Kindesmisshandlung berichteten, unterschied, sagte Chiang.
Insbesondere war eine stärkere soziale Unterstützung mit einem 19 bis 26 Prozent niedrigeren Sterblichkeitsrisiko (abhängig von der Art der Misshandlung – schwere körperliche, moderate körperliche oder emotionale Misshandlung) bei denen verbunden, die über Missbrauchserfahrungen in der Kindheit berichteten.
Es war mit einem leichteren 7 bis 8 Prozent niedrigeren Sterblichkeitsrisiko bei denen verbunden, die minimale oder keine Erfahrungen mit Misshandlungen berichteten, sagte sie.
Psychosoziale Hilfe in der Lebensmitte scheint also ein Puffer gegen die gesundheitlichen Auswirkungen zu sein, schließt sie.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Northwestern Universität; Nature Human Behaviour (2018). doi:10.1038/s41562-018-0316-5
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