Genetische Anfälligkeit?
20.04.2017 Laut einer auf der 83. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim vorgestellten neuen Studie der Universität Lübeck könnten genetische Ursachen an der Entstehung des sogenannten Gebrochenen-Herz-Syndroms (auch Stress-Kardiomyopathie oder Tako-Tsubo-Syndrom genannt) beteiligt sein.
„Bisher sind die genauen Ursachen des Broken Heart Syndroms trotz intensiver Forschung weiter unklar“, sagte Studienleiter Dr. Ingo Eitel vom universitären Herzzentrum. „Mit dieser Arbeit haben wir einen neuen und wichtigen Baustein geliefert, dass auch genetische Ursachen mitverantwortlich sein könnten.“
Die Wissenschafter analysierten das Erbgut von 96 Tako-Tsubo-Patienten und fanden 68 genetische Auffälligkeiten, wobei 18 besonders große Abweichungen zeigten – verglichen mit der gesunden Kontrollgruppe.
Genetische Zusammenhänge
Gene, die z.B. bei Übergewicht, Krebs oder psychische Erkrankungen eine Rolle spielen, waren besonders betroffen. Am deutlichsten waren die Abweichungen aber bei den Genen, die Blutdruck und Schilddrüsenfunktion beeinflussen, sagte Eitel.
„Das sind vielversprechende Ergebnisse“, schloss er. „Tatsächlich leiden viele Patientinnen an Bluthochdruck und frühere Studien haben auch eine Korrelation mit Krebserkrankungen gezeigt. Um endgültige Klarheit zu gewinnen, brauchen wir aber noch deutlich größere, multizentrische Studien mit 500 bis 1.000 Patienten.“
Gelänge es für die Stress-Kardiomyopathie verantwortliche Gene zu bestimmen, könnten sich so zum ersten Mal Risikopatienten identifizieren lassen. „Dann wäre es möglich, diese vorbeugend – etwa mit Betablockern – zu behandeln und vielen ein lebensbedrohliches Risiko zu ersparen“, sagte Dr. Eitel.
Häufigkeit und Prognose
Die Forscher weisen darauf hin, dass das Syndrom wohl deutlich häufiger auftritt. „Heute gehen wir davon aus, dass drei bis fünf Prozent aller vermeintlichen Herzinfarkt-Patienten gar keinen Infarkt sondern eine Stress-Kardiomyopathie erlitten haben“, sagte Eitel, wobei er auch noch zur Prognose aufklärt: „Bisher dachten wir, dass Patienten, die das Akutgeschehen überstanden haben, eine gute Prognose hätten. Eine Studie, die wir im Vorjahr publiziert haben, zeigt aber, dass die Mortalität deutlich höher ist als bisher angenommen“.
Die Sterberate bei den 286 Patienten in der Studie lag ein Jahr nach dem Vorfall bei 10 und 4 Jahre nach dem Ereignis bei 25%. „Diese Daten zeigen, dass die Stress-Kardiomyopathie genauso lebensbedrohlich ist wie der klassische Herzinfarkt und es daher wichtig ist die genauen Ursachen zu kennen und optimiert zu therapieren“, sagte Dr. Eitel.
Genetische Ursache
Die Wissenschaftler vermuteten eine genetische Ursache, weil in 90% der Fälle das Takotsubo Syndrom bei älteren Frauen nach der Menopause auftritt – häufig nach einem stressigen Erlebniss (z.B. nach Tod des Ehemannes).
„Wir wissen, dass alle Frauen in diesem Alter stressige Erlebnisse haben“, erklärt Eitel. „Dass aber nur wenige darauf mit einem Broken Heart Syndrom reagieren, legte den Verdacht nahe, dass genetische Ursachen daran beteiligt sein könnten, die dann für eine erhöhte Vulnerabilität für das Auftreten der Erkrankung verantwortlich sein könnten“.
Auch gab es einige Fälle, in denen Geschwister oder Zwillingsgeschwister ebenfalls eine Stresskardiomyopathie erlitten hatten. Ein weiterer Hinweis für eine Beteiligung der Gene sei, dass bei 5 – 10 % der Broken-Heart-Patienten diese Anfälle erneut auftreten, schreiben die Wissenschaftler.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Int J Cardiol (2017); DGK 2017 Abstract Eitel et al. Genome-wide association study in takotsubo syndrome preliminary results and future directions. Clin Res Cardiol 106, Suppl. 1, April 2017; DGK-Kongress Mannheim, Deutsche Gesellschaft für Kardiologie Herz- und Kreislaufforschung e.V. German Cardiac Society; April 2017
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