Psyche der Whistleblower

Ein Whistleblower (Hinweisgeber, Enthüller oder Skandalaufdecker) ist jemand, der für die Gesellschaft wichtige Informationen über Missstände oder Fehlverhalten in Organisationen öffentlich macht.
News aus der Forschung zur Psyche dieser Enthüller bzw. zur Psychologie dieser Personen.

Hinweisgeber, Enthüller leiden oft unter schweren psychischen Problemen

20.02.2018 Whistleblower spielen eine sehr wichtige und unverzichtbare Rolle in der Gesellschaft. Jedoch sind die Auswirkungen des Whistleblowings auf die Enthüller dramatisch laut einer neuen empirischen psychologischen Studie der Universität Tilburg.

Negative psychosoziale Folgen

Etwa 80 % berichten über sehr negative Auswirkungen auf Arbeit und Einkommen und fast 50 % über sehr negative Auswirkungen auf das Familienleben.

Etwa 85% litten unter schwerer bis sehr schwerer Angst / Angststörungen, depressiven Störungen, zwischenmenschlichen Problemen und Misstrauen, Agoraphobie-Symptomen und/oder Schlafstörungen.

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Bild: adriannesquick (pixabay)

45 % litten unter klinischen bzw. psychiatrischen Symptomen dieser psychischen Störungen, schreiben die Psychologen im Fachblatt Psychological Reports.

Dies sind die Hauptergebnisse einer Studie von Peter G. van der Velden und Kollegen unter 27 niederländischen Whistleblowern, d. h. Personen, die über einen Fall von Fehlverhalten informiert haben und eventuell über das Fehlverhalten auch außerhalb der Organisation (wie z. B. in den Medien) berichtet haben, weil ihre Beschwerden keine Auswirkungen hatten (außer z. B. Vergeltungsmaßnahmen).

Um einen Einblick in die relative Prävalenz von psychologischen Problemen unter Hinweisgebern zu erhalten, haben die Psychologen sie mit entsprechenden Kontrollen – wie arbeitsunfähigen Personen, Krebspatienten, Menschen ohne physische Krankheiten und einer repräsentativen Stichprobe der niederländischen Bevölkerung verglichen. Die Skandalaufdecker wurden über die Expertengruppe Whistleblowers in den Niederlanden und die (ehemals) Advice Point Whistleblowers eingeladen.

Psychische Gesundheitsprobleme

Die Auftretenshäufigkeit psychischer Gesundheitsprobleme bei Hinweisgebern ist etwa sechsmal höher als bei vergleichbaren Kontrollen.

Die Prävalenz ist vergleichbar mit dem Auftreten von psychologischen Problemen, die zwei bis drei Wochen nach der Katastrophe unter niederländischen Bewohnern auftreten, die von einer Katastrophe größeren Ausmaßes betroffen sind.

Darüber hinaus hat etwa die Hälfte der Hinweisgeber in den letzten 12 Monaten psychiatrische Dienste in Anspruch genommen. Die Ergebnisse zeigten außerdem, dass sich die jüngsten Hinweisgeber in Bezug auf die Symptomwerte nicht von denjenigen unterschieden, die vor vielen Jahren über Missstände berichteten. Dies deutet darauf hin, dass viele Whistleblower unter chronischen psychischen Problemen leiden.

Professionelle psychologische Unterstützung

Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig eine angemessene und professionelle Unterstützung von Hinweisgebern ist. Es sollte verhindert werden, dass Whistleblower für die Aufdeckung von Fehlverhalten und Missständen „den Preis zahlen“, während die Gesellschaft von ihrem Handeln profitiert, schreiben die Psychologen.
Dies ist die erste (internationale) vergleichende Studie unter Hinweisgebern zu psychischen Problemen mit validierten Fragebögen. Die Ergebnisse stehen im Einklang mit früheren Forschungsergebnissen, die zeigen, dass viele Hinweisgeber unter den negativen psychischen Auswirkungen leiden, die das Whistleblowing mit sich bringt.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Tilburg; Psychological Reports (2018). DOI: 10.1177/0033294118757681; Feb. 2018

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