Verschwörungstheorien (Psychologie)

Verschwörungstheorien (Psychologie)

Alltagspsychologie – Verhaltenspsychologie

Verschwörungstheorie: News und Forschungsartikel, die sich mit der Psychologie von Verschwörungen bzw. Verschwörungstheoretikern beschäftigen.

Warum Verschwörungstheorien faszinieren

Die Welt wartet immer noch auf Nachrichten, die erzählen, was nun mit dem verschwundenen Flugzeug Malaysian Airlines MH370 passiert ist, währenddessen sich außergewöhnliche Verschwörungstheorien bezüglich des Schicksals verbreiten.

Grund für das Entstehen von Verschwörungstheorien

Psychologe Rob Brotherton wollte untersuchen, warum viele Menschen sich oft so ominöse Dinge nach solchen Schlagzeilen-trächtigen Ereignissen vorstellen, die (noch) nicht vollständig aufgeklärt wurden. Also hat er eine Studie zusammen mit Kollegen von der University of London durchgeführt.

Er erklärt, dass er mehr als 400 Menschen hinsichtlich möglicher Szenarien für das Verschwinden von Flug MH370 befragt hat. Er legte ihnen sechs mögliche Szenarien vor: drei erklärten das Verschwinden durch zufällige Ereignisse, während drei verschwörerische Hintergründe anboten.

mondlandung
Bild: War Buzz Aldrin wirklich auf dem Mond?

Obwohl die Hälfte der Befragten sagte, dass ein versehentlicher Absturz am wahrscheinlichsten sei, sagte nur ein Fünftel, dass sie eine Entführung vermuten würden – was es zur zweithäufigst gewählten Option machte.

Sieben Prozent sagten sogar, dass das Verschwinden durch eine konzertierte Aktion einer Regierung eingefädelt wurde.

Interessanterweise, glaubten die Verschwörungstheoretiker auch eher daran, dass z.B. das Attentat auf John F. Kennedy eine Verschwörung war oder die Mondlandung nicht stattgefunden hat, und sie glaubten auch, dass MH370 aus dubiosen Gründen verschwunden ist.

Diejenigen, die nicht an Verschwörungstheorien glaubten, nahmen eher an, dass das Flugzeug aufgrund eines Unfalls verschwunden ist.

Ereignisse: Produkt der Absicht von Personen

“Natürlich heißt das nicht, dass die Verschwörungstheoretiker falsch liegen. Der Punkt ist, dass niemand genug Informationen hat, etwas mit Sicherheit zu sagen. Wir forderten die Menschen auf zu spekulieren, und ihre Vermutungen basierten auf ihrer Weltanschauung.”

Das passt zu Forschungsergebnissen, die zeigten, dass an Verschwörungstheorien glaubende Menschen, eher mal eben ‘ausgedachten’ Theorien glauben, und selbst unlogischen Theorien anheimfallen, sagten die Forscher.

Es ist keine Überraschung, dass sich Verschwörungstheorien über MH370 so schnell ausgebreitet haben. Verschwörungskonstrukte scheinen ein unvermeidbares Merkmal der Arbeitsweise unseres Gehirns zu sein, sagte Brotherton, und fügte hinzu: unser Verstand tendiert dazu, Ereignisse als das Produkt der Absicht von Personen zu interpretieren – so bevorzugen wir diese im Gegensatz zu der eines einfachen Unfalls.

Das Prinzip ist gleichsam auf die Religion anzuwenden: auch hier wird von den meisten die ‘Verschwörungstheorie’ Gott, der einfachen Erklärung ‘Evolution’ vorgezogen.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of London; Nov. 2015

Ängstlicher Bindungsstil / negative Kindheitserfahrungen lassen Menschen eher an Verschwörungstheorien glauben

12.05.2018 Der Glaube an Verschwörungstheorien rührt – zum Teil – von negativen frühkindlichen Erfahrungen mit Bezugspersonen her, wie neue im Fachblatt Personality and Individual Differences veröffentlichte Forschungsergebnisse zeigen.

Ängstliches Bindungsverhalten

In zwei Studien fanden Ricky Green und Professorin Karen Douglas vom Fachbereich Psychologie der Universität Kent heraus, dass Teilnehmer mit einem sogenannten “ängstlichen Bindungsstil” eher an Verschwörungstheorien glauben.

Ein ängstlicher Bindungsstil entsteht in der Kindheit, wenn eine Bezugsperson unbeständig zugänglich ist. Einmal geformt, hält dieser Bindungsstil auch im Erwachsenenalter an, wo er viele Aspekte des Lebens der Menschen, wie z.B. ihre Freundschaften und Einstellungen, beeinflusst.

Glaube an Verschwörungstheorien

Die psychologische Untersuchung ergab, dass Teilnehmer mit ängstlichem Bindungsstil nicht nur allgemein eher an Verschwörungsideen glaubten, sondern auch an bestimmte etablierte Verschwörungstheorien, wie z.B., dass Prinzessin Diana vom britischen Geheimdienst ermordet wurde.

Ein ängstlicher Bindungsstil erklärte auch den Glauben an Verschwörungstheorien, wenn dabei andere wichtige Faktoren wie

  • ein generelles Gefühl von Misstrauen,
  • das Alter,
  • die Bildung und
  • die Religiosität der Teilnehmer berücksichtigt wurden.

Die Ergebnisse fügen weitere Belege dafür hinzu, dass die Bindung nicht nur die Art und Weise beeinflusst, wie eine Person mit anderen interagiert, sondern auch, dass sie die Weltanschauungen und politischen Einstellungen der Menschen beeinflusst, schließen die Psychologen.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Kent; Personality and Individual Differences – http://dx.doi.org/10.1016/j.paid.2017.12.023

Verschwörungstheoretiker machen keinen Unterschied zwischen Laien- und Expertenmeinung

30.05.2018 Eine im Fachblatt Personality and Social Psychology Bulletin veröffentlichte psychologische Studie untersuchte die Verbindung zwischen Verschwörungsmentalität und dem Vertrauen in Experten- und Laienansichten.

Generalisiertes Misstrauen gegenüber Machtpositionen

Prof. Dr. Roland Imhoff von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Kollegen untersuchten die neuartige Idee, dass Menschen, die eine konspirative Denkweise (Verschwörungsmentalität) unterstützen, tatsächlich deutlich andere Reaktionen auf Hinweise auf wissenschaftliche Autorität zeigen als diejenigen, die dies nicht tun.

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Bild: Gerd Altmann

“Das generalisierte Misstrauen gegenüber Machtpositionen ist bei Verschwörungstheoretikern relativ stark verankert”, sagt der Forscher vom Psychologischen Institut mit einem Hinweis auf frühere Forschungsarbeiten.

Die Psychologen testeten ihre Annahme an knapp 1.200 Studienteilnehmern, denen zu geschichtlichen Ereignissen verschiedene Versionen der Ereignisse von Laien bzw. Expertenhistorikern vorgestellt wurden.

Die Befunde zeigen: Während die wahrgenommene Glaubwürdigkeit einflussreicher Quellen mit der Verschwörungsmentalität der Empfänger abnahm, nahm die der schwachen Quellen unabhängig und inkrementell zu anderen Vorurteilen zu, wie etwa der Notwendigkeit, die innere Gruppe in einem besonders positiven Licht zu sehen.

Keine kognitive Verzerrung bei Verschwörungsmentalität?

D.h.: Teilnehmer ohne Verschwörungsmentalität – die also nicht daran glauben, dass die Welt von Verschwörungen regiert werde – fanden die Expertenmeinungen glaubwürdiger.

Verschwörungstheoretiker folgten entgegen den Erwartungen der Psychologen nicht einfach mehr den Erklärungen der Laienhistoriker, sie machten “keinen Unterschied zwischen Laien und Experten”.

“Das widerspricht dem häufig gezeichneten Bild, dass Personen mit einer Verschwörungsmentalität kognitiven Verzerrungen unterliegen”, schreibt Imhoff.

Für Anhänger von Verschwörungstheorien extremen Ausmaßes, waren auf YouTube veröffentlichte Informationen gleich glaubwürdig wie Artikel in renommierten Zeitungen.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Johannes Gutenberg-Universität Mainz; Personality and Social Psychology Bulletin – DOI: 10.1177/0146167218768779

 

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Beiträge zu “Verschwörungstheorien (Psychologie)”

  1. Ich frage mich, ob ich ein Verschwörungstheoretiker bin. Ich bin oft kritisch und mißtrauisch und glaube nicht alles. Was kann ich tun?

  2. Ich bedanke mich für die umfassenden, wissenschaftlich fundierten Erläuterungen. Die Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und der Tendenz zu Verschwörungsdenken und entsprechendem Verhalten werden verständlich und nachvollziehbar belegt und mit wissenschaftlichen Studien untermauert. Als Angehöriger und deswegen unmittelbar Betroffener kann ich dem nur zustimmen. Das stark paranoide Denken und die sehr stark narzisstischen Persönlichkeitsmerkmale einzelner Familienmitglieder haben schon immer großes Leid in unserer Familie verursacht. Während der Coronapandemie fielen die Verschwörungsmythen auf fruchtbaren Boden und haben dieses Leid immens verstärkt und zu völlig irrationalen und selbstschädigenden Reaktionen geführt. Ich begrüße mit Nachdruck die wissenschaftliche Aufarbeitung dieser psychologischen Phänomene, insbesondere in Bezug auf den rasant steigenden Einfluss von unseriösen Medien, die nicht evidenzbasiert arbeiten sondern nur dem Kommerz und/oder der destruktiven Einflussnahme dienen.

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