Lügen lernen

Lügen lernen

Psychologie des Lügens

Lernen zu belügen und zu betrügen bringt Vorteile für das Denkvermögen

31.08.2018 Als Eltern und Lehrer – und die Gesellschaft als Ganzes – befürchten wir immer, dass es schlimme Folgen haben wird, wenn ein Kind lügt, sagt der Psychologe Kang Lee. Aber Kinder, die früher lügen lernen, zeigen größere kognitive Fähigkeiten als Kinder, die später lügen lernen.

Lee von der Universität Toronto und Kollegen führten ein Experiment mit 42 Kindern im Vorschulalter durch – die anfänglich keine Fähigkeit zum Lügen zeigten.

Täuschen lernen

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Bild: Gerd Altmann

Sie wurden in zwei Gruppen mit einer gleichen Anzahl von Jungen und Mädchen (Durchschnittsalter etwa 40 Monate) aufgeteilt. Vier Tage lang spielten sie ein Spiel, bei dem sie vor einem Erwachsenen ein Leckerli wie Popcorn in einer Hand verstecken sollten. Der Erwachsene musste die Hand wählen, die das Kind vorgab.

Wenn das Kind den Erwachsenen erfolgreich getäuscht (bzw. belogen) hat, durften sie den Leckerbissen behalten. Der experimentellen Gruppe von Kindern wurde beigebracht, wie man lügt, um das Spiel zu gewinnen, während die Kontrollgruppe nicht im Lügen unterrichtet wurde.

Selbstkontrolle und „theory of mind“

Bei standardisierten Tests zur Messung der exekutiven Funktion, einschließlich Selbstkontrolle und „theory of mind“ – der Fähigkeit, die Absichten und Ansichten einer anderen Person zu verstehen – übertrafen die Kinder, denen zu täuschen beigebracht wurde, die Kontrollgruppe.

Mit nur wenigen Tagen Unterricht lernten kleine Kinder schnell zu täuschen und gewannen sofort einen kognitiven Nutzen daraus, schreiben die Wissenschaftler im Journal of Experimental Child Psychology.

Vorteil für Denkfähigkeiten

Generell, fügen die Autoren hinzu, unterstützen diese Ergebnisse die Vorstellung, dass selbst scheinbar negative psychosoziale Verhaltensweisen einen Vorteil für die Denkfähigkeiten bringen können, wenn solche Verhaltensweisen eine Zielverfolgung, Problemlösung, Beobachten des psychologischen Verhaltens und Perspektivenübernahme erfordern.

Lügen ist ein normaler Teil des Erwachsenwerdens, sagt Lee – und je früher man lernt zu täuschen und zu lügen, desto besser. Wenn man sich die beiden psychologischen Fähigkeiten ansieht, die für das Lügen wichtig sind [Selbstkontrolle und theory of mind], so sind dies grundlegende kognitive Fähigkeiten, die der Mensch in unserer Gesellschaft für das Überleben braucht, schreibt der Wissenschaftler.

Bedeutet das, dass Eltern ihren Kindern das Lügen beibringen sollten? Nicht ganz.
„Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee wäre“, sagt Lee, „aber es ist keine schlechte Idee, sie solche Täuschungsspiele spielen zu lassen.“

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Journal of Experimental Child Psychology (2018). DOI: 10.1016/j.jecp.2018.07.008

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