Moralische Überlegenheit (Psychologie)
News/Forschung, die sich mit der Psychologie der moralischen Überlegenheit beschäftigen.
Die Illusion der moralischen Überlegenheit
Nahezu jeder fühlt sich den meisten anderen Menschen moralisch überlegen.
29.11.2016 Eine in der Fachzeitschrift Social Psychological and Personality Science veröffentlichte Studie der Universität London zeigt, dass fast alle Menschen ihre eigene Moral höher bewerten als die der meisten anderen Menschen – d.h., sie empfinden sich selbst als fairer als den Durchschnittsmenschen.
Illusorische Überlegenheit
Dieses als Besser-als-der-Durchschnitt oder Illusorische Überlegenheit bekannte Phänomen spiegelt die allzu positive Einschätzung der Menschen von sich selbst wider – ein „positives Trugbild“, das Folgen für die Entscheidungsfindung und Konflikte haben kann.
Wenn jeder etwas Besonderes ist, ist es keiner
Bild: Peggy und Marco Lachmann-Anke
Die Forscher vom Fachbereich Psychologie des Royal Holloway College ließen die Teilnehmer eine Reihe von menschlichen Qualitäten dahingehend beurteilen, wie wünschenswert diese Charakterzüge und wie ausgeprägt diese Persönlichkeitseigenschaften bei ihnen selbst und beim Durchschnittsmenschen sind. Auskunft sollten die Befragten zu den Qualitäten fleißig, gesellig, ehrlich, vertrauenswürdig und voreingenommen geben.
Fast alle Teilnehmer schätzten sich selbst bei den moralischen Charakterzügen hoch ein, den durchschnittlichen Menschen jedoch als klar geringer. Diese Diskrepanz zwischen dem wahren Durchschnitt (wie alle Befragten sich selbst bewerteten) und dem wahrgenommenen Durchschnitt (wie jeder den Durchschnittsmenschen einschätzte) lässt die Wissenschaftler annehmen, dass fast alle Teilnehmer irrational ihre moralischen Qualitäten übertrieben.
Positive Trugbilder fördern Wohlbefinden?
Frühere Feldforschungen legten nahe, dass solche ‚positiven Trugbilder‘ das individuelle Wohlbefinden fördern. Diese Studie demonstriert jedoch, dass selbst Personen mit einer relativ niedrigen Selbstachtung sich selbst moralisch höher bewerten als den Durchschnittsmenschen.
Der Weg ist mit guten Absichten gepflastert
Die Studienbefunde zeigen, dass die meisten Menschen glauben, sie seien gerechter, tugendhafter und moralischer als der Durchschnitt, und dass dieses Phänomen eine irrationale bzw. illusorische Annahme bei vielen sein dürfte, erklärte der Psychologe und Studienleiter Ben Tappin.
Es ist wichtig zu erkennen, dass wir eine ‚positive Illusion‘ unserer eigenen Güte konstruieren. Wenn wir uns fortgesetzt einreden, unsere Annahmen, Handlungen und Charakterzüge wären besser als die der Anderen, ist es leicht die Berechtigung anderer Ansichten und die unserer eigenen Fehlbarkeit zu übersehen, sagte er.
Dr. Ryan McKay, Leiter des Instituts für Moral- und Glaubensforschung am Royal Holloway kommentierte, die Studie untersuchte nicht, warum die Menschen so denken, oder welche Konsequenzen das hat. Die Forschungsarbeit stellt dafür Fragen darüber, wie diese Urteile unser Leben beeinflussen – in persönlichen, Arbeits- und Gruppenbeziehungen, sowie prosozialem Verhalten.
Zukünftige Forschungsarbeiten der Wissenschaftler untersuchen diese Themen, einschließlich, wie sich das Trugbild der moralischen Überlegenheit in Gruppen und Personen äußert.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität London – Royal Holloway College, Social Psychological and Personality Science – DOI: 10.1177/1948550616673878; Nov. 2016
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