Überlegenheitskomplex (Psychologie)

Definition

Definition: Der Überlegenheitskomplex ist ein psychologischer Abwehrmechanismus, der einen Minderwertigkeitskomplex ausgleicht. Der Begriff wurde von dem Psychologen und Psychotherapeuten Alfred Adler im Rahmen seiner Schule für Individualpsychologie geprägt. Es wurde in seiner Buchreihe „Menschenkenntnis“ und „Superiority and Social Interest“ vorgestellt.

Abgrenzung zum Minderwertigkeitskomplex

Adler schreibt dazu: Man solle nicht erstaunt sein, wenn man in den Fällen, in denen ein Minderwertigkeitskomplex zu sehen ist, ein Überlegenheitskomplex mehr oder weniger verborgen vorzufinden ist. Auf der anderen Seite, wenn man einen Überlegenheitskomplex erforscht und seine Kontinuität studiert, kann man immer einen mehr oder weniger verborgenen Minderwertigkeitskomplex (Minderwertigkeitsgefühle) finden.

Der Überlegenheitskomplex, wie Alfred Adler ihn beschrieben hat, ist meist gut an Einstellung, Persönlichkeitseigenschaften, Ansichten und Meinungen hinsichtlich der eigenen „übermenschlichen Gabe und Leistungsfähigkeit“ zu erkennen.

Charaktermerkmale

Laut Adler kann er auch an „übertriebenen Ansprüchen an sich und an die anderen“ (siehe auch Perfektionismus) sichtbar werden.

„Die Nase hoch tragen, Eitelkeiten in bezug auf äußere Erscheinung, sei diese nobel oder vernachlässigt, aus der Art fallende Trachten, übertrieben männliches Auftreten bei Frauen, weibliches bei Männern, Hochmut, Gefühlsüberschwang, Snobismus, Prahlsucht, tyrannisches Wesen, Nörgelsucht, …

Entwertungstendenz, übertriebener Heroenkult sowie eine Neigung, sich an prominente Personen anzubiedern oder über Schwache, Kranke, über Personen von geringeren Dimensionen zu gebieten, Betonung der besonderen Eigenart, Mißbrauch von wertvollen Ideen und Strömungen behufs Entwertung der anderen usw. können die Aufmerksamkeit auf einen aufzufindenden Überlegenheitskomplex lenken“.

Affekte

Auch können „Affektsteigerungen, wie Zorn, Rachsucht, Trauer, Enthusiasmus, habituell schallendes Lachen, Weghören und Wegblicken beim Zusammentreffen mit anderen, das Lenken des Gesprächs auf die eigene Person, habitueller Enthusiasmus bei oft nichtigen Angelegenheiten“ oft ein Minderwertigkeitsgefühl anzeigen, das in einen Überlegenheitskomplex“ übergehen kann.

Weiterhin können Vorstellungen, „Glaube an telepathische oder ähnliche Fähigkeiten, an prophetische Eingebungen den Verdacht auf einen Überlegenheitskomplex“ erwecken.

Adler warnt aber davor, die Begriffe (Überlegenheits- und Minderwertigkeitskomplex) „zu einem Überwertigkeitskomplex zu benützen, oder sie unbesonnen jedermann an den Kopf zu werfen“.

Denn „man macht sich selbst der beiden verdächtig, wenn man vorschnell damit herumwirft, und man erreicht damit nicht mehr als eine – oft berechtigte – Gegnerschaft“. Und vergessen sollte man dabei dann auch nicht „die allgemeine menschliche Fehlerhaftigkeit“, durch die auch „vornehme und wertvolle Charaktere dem Fehler des Überwertigkeitskomplexes verfallen können“.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: A. Adler, Die Zwangsneurose. In: Zeitschrift für Individualpsychologie. Leipzig 1931.

Überlegenheitskomplex? Menschen, die glauben alles besser zu wissen, überschätzen ihr eigenes Wissen

13.04.2018 Niemand mag Menschen, die glauben, das Wissen gepachtet zu haben: Freunde, Verwandte oder Mitarbeiter mit Überlegenheitskomplex (s. Definition), die glauben, dass ihr Wissen und ihre Überzeugungen denen von anderen überlegen sind.

Eine neue psychologische Studie der Universität Michigan zeigt, was viele Menschen vermuten: Diese Besserwisser sind besonders anfällig dafür, zu überschätzen, was sie tatsächlich wissen.

Selbst nachdem sie Rückmeldungen erhalten, die ihnen zeigen, wie sehr sie die relevanten politischen Fakten nicht kennen, behaupten diese Menschen immer noch, dass ihre Überzeugungen objektiv akurater seien als die aller anderen.

Überlegenheit auf vielen Gebieten

Die Studie konzentrierte sich auf Menschen, die glaubten, ihre Ansichten seien anderen Standpunkten überlegen, wenn sie sich auf politische Fragen beziehen. Die Psychologen stellten fest, dass diese Personen neben der Politik auch in anderen Bereichen wie Umwelt, Religion, Psychologie, Beziehungskonflikte und sogar relativ triviale Themen wie Etikette und persönliche Vorlieben Überlegenheit beanspruchen.

In mehreren Experimenten untersuchte die Studie zwei Schlüsselfragen zur Überlegenheit des politischen Glaubens:

  1. Besitzen Menschen mit Überlegenheitskomplex tatsächlich mehr Wissen über die Themen, bei denen sie sich überlegen fühlen?
  2. Und nutzen die „Überlegenen“ bei der Suche nach neuem Wissen überlegene Strategien?

Überschätzung des eigenen Wissens

Um die erste Frage zu beantworten, berichteten die Teilnehmer über ihre Überzeugungen und Gefühle der Überlegenheit bei verschiedenen politischen Themen. Die Psychologen fragten sie, wie viel sie über diese Themen zu wissen glaubten, und testeten dann ihre tatsächlichen Kenntnisse über diese Themen.

super gehirn
Bild: Gerd Altmann

Beim Vergleich dieses angenommenen Wissens mit dem, was die Menschen tatsächlich wussten, stellten die Wissenschaftler jedoch fest, dass die Teilnehmer mit Überlegenheitskomplex ihr eigenes Wissen immer wieder überschätzten.

Voreingenommene / unterstützende Strategien des Wissenserwerbs

Für die zweite Frage stellten die Forscher den Teilnehmern Nachrichtenartikel zu einem politischen Thema zur Verfügung und baten sie, auszuwählen, welche sie lesen möchten. Die Hälfte der Artikel unterstützte den eigenen Standpunkt der Teilnehmer, während die andere Hälfte ihre Position in Frage stellte.

Personen mit Überlegenheitskomplex wählten deutlich wahrscheinlicher als ihre bescheideneren Kollegen Informationen aus, die ihre Überzeugungen unterstützten.

Außerdem waren sie sich bewusst, dass sie nach voreingenommenen Informationen suchten: Als die Psychologen sie fragten, welche Art von Artikeln sie gewählt hatten, gaben sie bereitwillig zu, dass sie eher Artikel ausgewählt hatten, die ihre eigenen Überzeugungen unterstützten.

Dies deutet darauf hin, dass sie eher Möglichkeiten ausließen, ihr Wissen zu verbessern, schreiben Michael P.Hall vom Fachbereich Psychologie der Uni Michigan und Kollegen im Fachblatt Journal of Experimental Social Psychology.

Identifikation mit eigenen Ansichten, Meinungen

Warum also scheinen diese Menschen konträre Standpunkte zu meiden? Wahrscheinlich liegt es daran, vermuten die Forscher, dass wir uns alle gut fühlen, wenn die Überzeugungen, die wir für wichtig halten, bestätigt werden.

Mit anderen Worten, wenn ein Glaube fest verankert ist, an die eigene Identität oder Werte gebunden ist oder mit einem Gefühl der moralischen Überzeugung verbunden ist, neigen Menschen eher dazu, sich von Informationen und Menschen zu distanzieren, die ihren Glauben / ihre Annahmen in Frage stellen.

Unbehagen

Die Bestätigung der eigenen Überzeugungen fühlt sich gut an, während die Anfechtung Unbehagen hervorruft, und dieses Unbehagen nimmt im Allgemeinen zu, wenn die eigenen Annahmen besonders stark vertreten und für wichtig erachtet werden, schreiben die Psychologen.

Wenn Menschen sich also stark mit ihrem „Wissen“ / ihrem Glauben identifizieren – so wie das bei Personen mit Überlegenheitskomplex besonders ausgeprägt ist – dann versuchen sie es auch besonders vehement zu verteidigen.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Michigan; Journal of Experimental Social Psychology – https://doi.org/10.1016/j.jesp.2018.03.001

Weitere News aus der Forschung dazu

Beiträge zu “Überlegenheitskomplex (Psychologie)”

  1. Wie sieht es hierbei mit Manipulation, Gehirnwäsche, Fanatismus usw. aus? Demagogen, Diktatoren, Sektengurus, Bonzilanten rechts – und linksextremistischer Parteien, skrupellosen Politikern?

    Wird es nicht höchste Zeit, Grundkenntnisse in Psychologie und Psychiatrie schon in der Kita, an Grund, Förder, Haupt und Realschulen zu vermitteln, um unsere Kinder auf Selbstdenkertum zu trimmen?

    Also die heranwachsende Generation dazu zu bilden, sich zu bilden und ihr so erworbenes Wissen zu hinterfragen und zu prüfen?

Was denken Sie darüber? Oder haben Sie Erfahrungen damit gemacht?


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