Gut und Böse im Gehirn

Gut und Böse im Gehirn

Wissenschaftler lokalisieren Gut und Böse im Gehirn

08.08.2016 Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften und der Universität Haifa untersuchten mit Hilfe von verstörenden, emotional widersprüchlichen Szenen aus Quentin Tarantinos Film „Reservoir Dogs“, welche Gehirngebiete bei Gut-Böse-Entscheidungen beteiligt sind.

Einschätzung emotionaler Widersprüche

Lächelt uns jemand an und macht ein Kompliment, können wir dies sofort eindeutig als ‚gut‘ einordnen; ebenso leicht kategorisieren wir einen ‚bösen‘ Blick bei gleichzeitiger Beschimpfung als ’schlecht‘ oder ‚böse‘. Werden wir aber beleidigt von einer uns anlächelnden Person, ist für uns nicht sofort erkennbar, ob uns wohl oder schlecht gesonnen ist. Wie entscheidet unser Gehirn in solchen Situationen? Ordnen wir sie falsch ein, können soziale Probleme entstehen.

Die Forscher unter der Leitung von Christiane Rohr ließen Teilnehmer von einem MRT scannen, während diese emotional verwirrende bzw. widersprüchliche Filmausschnitte anschauten. Anschließend sollten die Versuchsteilnehmer berichten, ob sie Konflikte sahen und wie sie die Szenen empfanden.

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Bild: Gerd Altmann

Zwei Netzwerke

Die Forscher konnten zwei Bereiche im Gehirn feststellen, die bei der emotionalen Einschätzung einer Situation eine wichtige Rolle spielen, und deren Netzwerke an- bzw. ausgeschaltet werden.

Wenn wir etwas als positiv einschätzen, schaltet sich das eine Netzwerk ein unter der Führung des sogenannten Sulcus temporalis superior im Temporallappen, bei einer negativen Einschätzung das andere – unter der Leitung des Lobus parietalis inferior im Parietallappen. Diese beiden Bereiche in diesen Netzen sind dafür zuständig, einen Wechsel zwischen den beiden Empfindungen auszuführen.

Wenn emotional komplizierte Einschätzungen vorzunehmen sind, werden beide Bereiche aktiviert.

Die Schalter emotionaler Konfliktbearbeitung

Die Analysen ergaben, dass

  1. die Amygdala und der mediale präfrontale Cortex signifikant bei der Priorisierung positiver oder negativer Signale beteiligt waren, aber nicht bei den subjektiven Bewertungen von Konflikten per se, und
  2. der superiore temporale Sulcus und der inferiore Parietallappen, die mit sozialer Kognition und emotionaler Kontrolle in Verbindung gebracht wurden, bei der Priorisierung positiver oder negativer Signale und der subjektiven Konfliktbewertung beteiligt waren und so die „Hubs“ oder „Schalter“ in der emotionalen Konfliktbewertung darstellen.

„Die beiden Regionen scheinen miteinander zu kommunizieren um so herauszufinden, welche von ihnen aktiviert oder inaktiviert wird“, sagt die Koautoron Hadas Okon-Singer im Fachblatt Human Brain Mapping. „Sie legen so vermutlich fest, ob in einer unklaren Situation eher positive oder negative Elemente überwiegen und beeinflussen darüber wiederum andere Hirnbereiche.“

Normalerweise können diese emotional widersprüchlichen Situationen adäquat eingeordnet werden. Menschen mit psychischen Störungen können aber Probleme damit haben; diesen wollen die Forscher mit ihrer Forschung helfen. „Letztlich wollen wir dazu beitragen, Therapien zu entwickeln, die ihnen helfen, schwierige Situationen adäquater einordnen zu können.“

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Max-Planck-Institut, Universität Haifa, Human Brain Mapping – DOI: 10.1002/hbm.23169; August 2016

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