Super-Ager: Das verjüngte Gehirn
Biologische Psychologie – Gehirnforschung
‚SuperAger‘: Warum deren Gehirne 30 Jahre jünger sind
05.02.2015 Eine aktuelle Studie hat entdeckt, dass die Gehirne von bestimmten Menschen (80-jährig und älter) – sogenannten SuperAgern – 30 Jahre jünger aussehen, ein Befund, der mit höherer sozialer Intelligenz und mit 90% weniger fibrillären Ablagerungen (Alzheimer) verbunden ist.
Bild: Gerd Altmann
Diese Gruppe kognitiv ‚begnadeter‘ von den Forschern der Northwestern University als SuperAger betitelte Senioren erleiden nicht die üblichen Einbußen beim Gedächtnis und der Alterung des Gehirns.
Hilfe bei Demenz und Gedächtnisverlust
Die Experten glauben, dass das Verständnis der einzigartigen ‚Gehirnsignatur‘ der SuperAger bei der Verbesserung des Gedächtnisses von ganz normal alternden Menschen und insbesondere bei der Behandlung von Demenz helfen kann.
Die Studie, herausgegeben im Journal of Neuroscience, ist die erste, die die Unterschiede in den Gehirnen von SuperAgern und normalen älteren Personen quantifizierte.
Die Gehirne kognitiver SuperAger unterscheiden sich laut MRT-Bildaufbereitung und der Analyse von Gehirnen von SuperAgern nach deren Tod in mindestens drei Dingen:
Gyrus cinguli anterior
Die MRT-Scans zeigten, dass der vordere Gyrus cinguli von SuperAgern (n=31 Personen) nicht nur bedeutend dicker als der gleiche Bereich bei alten Menschen mit normaler kognitiver Leistung (n=21) war, sondern auch größer als der gleiche Bereich in einer Gruppe viel jüngerer Personen mittleren Alters (50 bis 60 Jahre, n=18).
Diese Region hängt indirekt mit dem Gedächtnis zusammen, über ihren Einfluss auf verbundene Funktionen wie kognitive Kontrolle, Exekutivfunktion, Konfliktlösung, Motivation und Durchhaltevermögen).
Gyrus cinguli
Fibrilläre Ablagerungen (Alzheimer)
Die Analyse der Gehirne von fünf SuperAgern der vorderen Gyri cinguli zeigte, dass sie etwa 87 Prozent weniger fibrilläre Ablagerungen als altersentsprechende Kontrollpersonen und 92 Prozent weniger fibrilläre Ablagerungen als Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung hatten.
Diese intrazellulären neurofibrillären Ablagerungen (neurofibrilläre Tangles) sind verdrillte Fasern, die aus dem Tau-Protein bestehen, die die Neuronen ‚abwürgen‘ und möglicherweise absterben lassen.
Economo-Neuronen
Die Anzahl der Economo-Neuronen war etwa 3-5 mal höher im anterioren Gyrus cinguli der SuperAger verglichen mit altersentsprechenden Kontrollpersonen und Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung.
Von diesen Economo-Neuronen nimmt man an, dass sie eine wichtige Rolle bei der raschen Übertragung verhaltensrelevanter Informationen spielen, die mit unseren sozialen Interaktionen verbunden sind, sagte Autor Tamar Gefen: „weshalb sie mit einer besseren Gedächtnisfunktion verbunden sein könnten“.
Interessanterweise sind diese Zellen nur bei Arten wie Walen, Elefanten, Delphinen und höheren Affen vorhanden.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Northwestern University, Journal of Neuroscience, DOI: 10.1523/JNEUROSCI.2998-14.2015; Feb. 2015
Die jugendlichen Gehirne der Superager
12.05.2018 Es ist ziemlich ungewöhnlich, dass Menschen im Alter von 80 und 90 Jahren ein etwa gleich gutes Gedächtnis behalten wie jemand, der mehrere Jahrzehnte jünger ist, und eine aktuelle Studie ‚blickte‘ in die Gehirne dieser ‚Superager‘, um ihr Geheimnis zu lüften.
Teile des Gehirns schrumpfen
Bild: Gerd Altmann
Teile des Gehirns schrumpfen mit dem Alter, einer der Gründe, warum die meisten Menschen eine allmähliche Verschlechterung bzw. Verlangsamung von mindestens einigen Gedächtnisformen während sie altern feststellen, auch wenn sie nicht dement werden bzw. an Krankheiten wie Alzheimer erkranken.
Aber die Neurowissenschaftler konnten feststellen, dass die Gehirne von Superagern nicht annähernd so schnell schrumpfen wie die von Gleichaltrigen. Und Autopsien der ersten Superager, die während der Studie starben, zeigten, dass sie viel mehr von einer bestimmten Art von Nervenzellen in einer tiefen Hirnregion besitzen, die für die Aufmerksamkeit wichtig ist, sagte Studienautorin Emily Rogalski von der Northwestern University in Chicago auf einem Treffen der American Association for the Advancement of Science.
Was braucht es, um ein Superager zu sein?
Was ist nötig, um ein Superager zu sein? Ein jugendliches Gehirn im Körper von jemandem, der 80 Jahre oder älter ist. Rogalskis Team hat mehr als 1.000 Menschen begutachtet, die dachten, sie wären ein Superager. Sie machten eine Reihe von Tests und nur etwa 5 Prozent bestanden.
Tief in den Gehirnen vermuteten die Neurowissenschaftler robuste Hinweise darauf, dass Superager irgendwie widerstandsfähiger gegen die Abbauerscheinungen der Zeit sind.
Dicker Cortex
Schon früh zeigten Hirnscans, dass der Cortex eines Superagers – eine äußere Hirnschicht, die für das Gedächtnis und andere Schlüsselfunktionen entscheidend ist – viel dicker ist als bei anderen Menschen im gleichen Alter. Er sieht eher wie die Großhirnrinde gesunder 50- bis 60-Jähriger aus.
Es ist nicht klar, ob sie so geboren wurden. Aber Rogalskis Team fand eine andere mögliche Erklärung: Der Cortex eines Superagers schrumpft nicht so schnell. Über 18 Monate hinweg zeigten die durchschnittlichen Teilnehmer im Alter von 80 Jahren und älter mehr als das Doppelte der Verlustrate.
Größere Aufmerksamkeitsregion
Ein weiterer Hinweis: Tiefer im Gehirn ist auch die Aufmerksamkeitsregion bei Superagern größer. Und im Inneren zeigten Autopsien, dass die Hirnregion vollgepackt war mit ungewöhnlich großen Spindelneuronen – ein spezieller und wenig erforschter Typ namens Von Economo Neuronen, von denen man annimmt, dass sie eine Rolle bei sozialen Prozessen und im Bewusstsein spielen.
Die Superager hatten vier- bis fünfmal mehr von diesen Von Economo Neuronen als der typische Achtzigjährige, sagte Rogalski – sogar mehr als der durchschnittliche junge Erwachsene.
Keine Demenz trotz Alzheimer-Anzeichen
Die Studie ist nicht der einzige Versuch, das Langzeitgedächtnis zu enträtseln. An der University of California, Irvine untersuchte Dr. Claudia Kawas sehr alte Menschen ab 90 Jahren. Einige hatten Alzheimer. Einige hatten ein ausgezeichnetes Gedächtnis und einige lagen dazwischen.
Ungefähr 40 Prozent der Ältesten, die keine Symptome von Demenz im Laufe des Lebens zeigten, hatten dennoch vollständige Anzeichen der Alzheimer-Krankheit im Gehirn beim Tod, sagte Kawas auf dem AAAS-Meeting.
Rogalski fand ebenfalls unterschiedliche Mengen von Amyloid und Tau, Markenzeichen der Alzheimer-Proteine, in den Gehirnen einiger Superager.
Nun erforschen die Wissenschaftler, wie diese Menschen die Schäden abwehren. Möglicherweise haben Superager verschiedene Wege zur Gehirngesundheit.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Northwestern University in Chicago; American Association for the Advancement of Science
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