Lärm beeinflusst Sprachentwicklung, Lernen
Lärm (auch laute Hintergrundgespräche, z.B. über TV, Radio)
kann die Sprachentwicklung von Kleinkindern beeinträchtigen.
22.07.2016 Eine in der Fachzeitschrift Child Development veröffentlichte Studie der Universität Wisconsin-Madison hat herausgefunden, dass Lärm zu Hause oder in der Schule es schwieriger für Kleinkinder macht, neue Wörter zu lernen.
Kognitive, psycho-physiologische Beeinträchtigung
Bei vielen zu Hause gibt es viele laute Ablenkungen – wie z.B. TV, Radio und laute anhaltende Gespräche, die die Sprachentwicklung im frühen Kindesalter beeinflussen können, sagte Studienautorin Brianna McMillan. Die Studie zeigt, dass laute Geräusche im Hintergrund einen Einfluss auf das Lernen von neuen Wörtern haben können.
Bild: Luis Miguel Bugallo Sánchez
Bereits in früheren Studien konnte demonstriert werden, dass zu viel Lärm Kinder kognitiv und psycho-physiologisch beeinträchtigen können (schlechtere Schulleistungen und erhöhte Cortisol-Werte und Herzfrequenz). Jedoch werden viele Studien in ruhigen Laborsettings durchgeführt.
Wortlernen in lauten Umgebungen
Die aktuelle Studie konzentrierte sich auf das Wortlernen, versuchte aber die lauten Umgebungen zu replizieren, denen Kinder zu Hause oder in Vorschulen ausgesetzt sind.
An der Studie nahmen 106 Kinder im Alter zwischen 22 und 30 Monaten an drei Experimenten teil, in denen sie Namen für unbekannte Gegenstände lernen und dann auf ihre Fähigkeit geprüft wurden, die Gegenstände zu erkennen, wenn sie genannt wurden.
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Zuert hörten die Kleinkinder Sätzen zu, die zwei neue Wörter vorstellten. Dann wurde ihnen gezeigt, welche Objekte zu den neuen Bezeichnungen gehörten. Schließlich wurden die Kinder auf ihre Fähigkeit geprüft, die Wörter abzurufen.
Die Experimente
- Im ersten Experiment hörten 40 Kleinkinder (Alter 22 bis 24 Monate) entweder laute oder leisere Hintergrundgespräche, während sie die neuen Wörter lernten.
Nur die Kleinkinder, bei denen leisere Hintergrundgespräche geführt wurden, lernten erfolgreich die Wörter.
- Im zweiten Experiment wurde eine andere Gruppe von 40 Kleinkindern (Alter 28 bis 30 Monate) darauf untersucht, ob etwas ältere Kinder die Effekte der Nebengeräusche besser ausblenden konnten.
Auch bei den etwas älteren Kindern lernten nur die Kinder in einer leiseren Umgebung die neuen Wörter.
- Im dritten Experiment lernten 26 ältere Kleinkinder zuerst in einer ruhigeren Umgebung zwei Wörter. Dann wurde den Kleinkindern die Bedeutungen von vier Wörtern gelehrt – zwei, die sie bereits kannten und zwei neue. Den Kleinkindern wurden die Bedeutungen aller dieser Bezeichnungen in derselben lauten Umgebung beigebracht, die das Lernen im zweiten Experiment verschlechterte.
Die Kinder lernten die neuen Wörter und ihre Bedeutungen nur, wenn sie zuerst die Namen in einer leiseren Umgebung gehört hatten, was nahelegt, dass das Hören des Klangs der Wörter – ohne ablenkende bzw. störende Nebengeräusche – den Kindern hilft, diese Klänge später den Bedeutungen zuzuordnen.
Laute Hintergrundgespräche stören
In der Summe zeigt die Studie, dass laute Hintergrundgespräche (in welcher Form auch immer) die Fähigkeit von Kleinkindern behindert, neue Wörter zu lernen; Hinweise aus dem Umfeld können aber helfen, diese Probleme zu überwinden.
Neue Wörter in fließender Sprache ohne viele Nebengeräusche zu hören, bevor die Bedeutung zugewiesen wird, kann sehr kleinen Kindern bei der Entwicklung des Vokabulars helfen, sagte Koautorin Prof. Jenny Saffran vom Fachbereich für Psychologie. Wenn die Umgebung laut ist, sollte die Aufmerksamkeit von kleinen Kindern auf den Klang des neuen Wortes gelenkt werden, um den Umgebungslärm zu kompensieren, sagte sie.
Kinder werden selten in einer völlig ruhigen Umgebung lernen. Eltern und Lehrer werden aber feststellen, dass die Reduktion von Nebengeräuschen, oder die Betonung wichtiger Informationen, Kindern beim Lernen neuer Wörter bzw. der Sprachentwicklung helfen können, selbst wenn es Hintergrundgeräusche gibt.
Diese Vorschläge können besonders wichtig für Haushalte mit niedrigen Einkommen sein, weil Forschungsstudien zeigten, dass es hier aufgrund von Wohnbedingungen und Familiengröße im Durchschnitt lauter zugeht, sagten die Forscherinnen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Wisconsin-Madison, Child Development – DOI: 10.1111/cdev.12559; Juli 2016
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