Aufmerksamkeitsspanne
Psychologie-Lexikon – Kognitive Psychologie
Forschung und News zum Zeitintervall, in dem sich die Aufmerksamkeit eines Menschen voll auf eine Sache konzentriert.
Die menschliche Aufmerksamkeitsspanne ist nun kürzer als die eines Goldfischs
Microsoft hat in einer Studie u.a. untersucht, wie die moderne Technologie die Aufmerksamkeitsspanne beeinflusst.
In der Studie bemerken die Forscher, dass sie von drei Typen / Modi menschlicher Aufmerksamkeit ausgehen (Aufmerksamkeitsmodell von Sohlberg und Mateer):
- anhaltende (mit einem verlängerten Fokus),
- selektive (Fokus trotz Ablenkungen aufrechterhaltend) und
- alternierend (Aufmerksamkeit wechselt zwischen Aufgaben oder Stimuli).
In dieser Studie mit 2.000 Teilnehmern wurde die Gehirnaktivität von 112 mittels EEG überwacht.
Die Teilnehmer füllten Fragebögen aus und spielten Spiele, die die Aufmerksamkeitsspanne maßen. Sie wurden danach in drei Kategorien getrennt: hohe, mittlere und niedrige Aufmerksamkeitsspanne.
Die EEG-Scans wurden gemacht, während die Freiwilligen verschiedene Medien beobachteten, und mit verschiedenen Aktivitäten beschäftigt wurden – wobei die Aufmerksamkeit erfasst wurde.
Aufmerksamkeitsspanne von 8 Sekunden
Durch die Analyse der Daten stellten die Forscher fest, dass die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne der Befragten und Freiwilligen nur acht Sekunden betrug (Im Jahr 2000 lag sie noch bei 12 Sekunden); eine Sekunde kürzer als die des normalen Goldfischs (der oftmals als Witzvorlage für eine mangelnde Aufmerksamkeitsspanne herhalten muss).
Bild: Heptagon (wiki)
Die Ergebnisse zeigten aber auch, dass die Nutzer digitaler Geräte eine Verbesserung bezüglich der Multitasking-Fähigkeiten erfuhren.
Teilnehmer, die ihre Geräte öfter als die anderen nutzten, hatten eher Probleme, sich anhaltend zu konzentrieren (wenn die Aufgabe es erforderte).
Early Adopters bzw. Benutzer, die die digitalen Geräte sehr häufig benutzten, konnten große Informationsmengen vorab (selektiv) bewerten und nur noch das aufnehmen und verarbeiten, was sie benötigten, bevor ihr Fokus (alternierend) auf etwas anderes wechselte, was zu einer ‚explosiven‘ (kurzfristigen) Zunahme der Aufmerksamkeit führte. Die Forscher nehmen an, dass sie dadurch besser bestimmen können, auf welche Informationen sie sich konzentrieren und welche sie ignorieren sollten.
Benutzer, die mehrere Displays / Monitore benutzten (wie das Nutzen von Smartphone und TV gleichzeitig), hatten eher Probleme damit, die Informationen aus den verschiedenen Geräten zu filtern.
Normale Anpassung an die Entwicklung
Die Microsoft-Wissenschaftler versuchen etwas Positives darin zu sehen und sagen, dass unser Gehirn sich insgesamt den neuen Technologien anpasst, während diese sich entwickeln, und eine kürzere Aufmerksamkeitsspanne einfach eine normale Nebenwirkung sein kann.
Als Vergleich wurde die Entwicklung des Autos herangezogen: Am Anfang hörte noch keiner Musik im Auto, weil es aufregend und neu war, und man nicht lange Zeit fuhr. Aber als die Fahrten immer länger und öfter wurden, setzte Langeweile ein und Musik konnte einen ablenken.
Weitere Nebenergebnisse
Es wurde auch festgestellt, dass es Anhaltspunkte für zunehmend „suchtartige Verhaltensweisen“ beim Umgang mit diesen Geräten komme:
- 77 Prozent der Befragten im Alter zwischen 18 und 24 Jahren berichteten, sie würden ihr Handy oder Smartphone benutzen, wenn sie sich langweilten;
- 52 Prozent überprüfen ihr Handy alle 30 Minuten oder noch öfter; und
- 79 Prozent berichteten, ihr Tablet oder Smartphone beim Fernsehen zu benutzen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Microsoft; Mai 2015