Genetische Verknüpfungen zwischen Charakterzügen und bestimmten psychischen Störungen entdeckt
Und: Bestimmte Persönlichkeitsmerkmale und psychische Erkrankungen sind mit spezifischen Genom-Positionen verbunden.
08.12.2016 Eine große Genom-weite Meta-Analyse (123.132 bis 260.861 Teilnehmer in verschiedenen Studien) konnte sechs Orte bzw. Gebiete des menschlichen Erbgutes identifizieren, die deutlich mit einigen Persönlichkeitseigenschaften verbunden sind, berichtet eine in Nature Genetics veröffentlichte Studie der Universität California.
Die Big Five
Fünf psychologische Faktoren werden üblicherweise verwendet, um individuelle Unterschiede in der Persönlichkeit zu messen:
- Extraversion (versus Introversion) – Merkmale sind Gesprächigkeit, Durchsetzungsvermögen und ein hohes Aktivitätsniveau;
- Neurotizismus (versus emotionale Stabilität) – Merkmale: negativ denkend, eher ängstlich, depressiv;
- Verträglichkeit (versus Antagonismus, Feindseligkeit) – Merkmale: kooperativ, mitfühlend;
- Gewissenhaftigkeit (versus Unzuverlässigkeit) – Merkmale: fleissig, selbstdiszipliniert;
- Offenheit gegenüber Erfahrungen (versus Verschlossenheit) – Merkmale: intellektuelle Wissbegierde und Kreativität.
Psychologen definieren Persönlichkeitsphänotypen – Sätze erkennbarer Eigenschaften – basierend auf den quantitativen Punktewerten bei diesen fünf Faktoren. Frühere Meta-Analysen von Zwillings- und Familienstudien haben zeigen können, dass etwa 40 Prozent der Varianz der Persönlichkeit genetischen Faktoren zugeschrieben werden kann.
Gene und Chromosomen
In ihrer neuen Studie analysierten Studienautor Dr. Chi-Hua Chen und Kollegen genetische Schwankungen unter den fünf Persönlichkeitszügen und sechs psychischen Störungen.
Die Forscher fanden z.B. heraus, dass Extraversion mit Varianten im Gen WSCD2 und nahe dem Gen PCDH15 verbunden ist; Neurotizismus ist verknüpft mit Varianten auf dem Chromosom 8p23.1 und dem Gen L3MBTL2.
Verknüpfung mit psychischen Störungen
Die Charakterzüge sind laut den Forschern genetisch größtenteils von den psychiatrischen Störungen getrennt, abgesehen von Neurotizismus und Offenheit gegenüber Erfahrungen, die sich in denselben Regionen des Genoms befanden wie die Erkrankungen.
Außerdem gab es hohe genetische Korrelationen (Zusammenhangsmaße) zwischen Extraversion und Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), und zwischen Offenheit und Schizophrenie bzw. Bipolarer Störung.
Neurotizismus war genetisch mit internalisierten Psychopathologien, wie Depression und Angststörungen, verknüpft.
Genetische Vererbung
Die Forscher konnten aufgrund einer weiteren Analyse auch Aussagen hinsichtlicht der genetischen Vererbung der fünf Persönlichkeitsfaktoren machen. Danach wird
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- Extraversion zu 18%,
- Neurotizismus zu 11%,
- Offenheit gegenüber Erfahrungen zu 10%,
- Gewissenhaftigkeit zu 9%,
- Verträglichkeit zu 8% genetisch vererbt.
Die Forscher schreiben, dass man grade erst beginnt, die Genetik der Persönlichkeit und ihre Beziehung zu psychischen Erkrankungen zu verstehen, und dass weitere Studien folgen müssen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität California, Nature Genetics – DOI: 10.1038/ng.3736; Dez. 2016
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