Positives Denken (Psychologie)

Positives Denken (Psychologie)

Positive Psychologie / Glücksforschung

Positives Denken kann auch negative, schmerzhafte Folgen haben

03.02.2016 Eine neue in der Zeitschrift Psychological Science veröffentlichte Studie zeigt, dass positive Fantasien über zukünftige Ereignisse ein gegenwärtiges Wohlgefühl bringen können, aber tatsächlich auch zu einem erhöhten Risiko für depressive Symptome in der Zukunft führen können.

Dieser Befund lässt bei den Forschern Zweifel an vielen Programmen aufkommen, die die Kraft des positiven Denkens betonen. Sie sagen, dass ein realistisches Augenmaß in der Gegenwart besser eine emotionale Balance langfristig aufrechterhält.

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Bild: Gerd Altmann

In vier Studien stellten Dr. Gabriele Oettingen von der New York University und ihre Kollegen von der Universität Hamburg fest, dass je positiver sich die Teilnehmer (Erwachsene und Kinder) ihre Zukunft ausmalten, desto weniger depressive Symptome zeigten sie gegenwärtig, aber umso mehr Symptome bei einer nachfolgenden Sitzung (ein bis sieben Monate später).

Erwachsene und Kinder schrieben ihre Gedanken und Bilder zu ihrer Zukunft auf und bewerteten sie. Die Ausprägung ihrer Depressivität wurde zu diesem Zeitpunkt und einem späteren beurteilt.

In allen Studien wurde dieses Muster gefunden: Teilnehmer mit positiveren Vorstellungen hinsichtlich der Zukunft hatten einen niedrigeren Punktewert bei der Depressivität; bei der Nachtestung zeigten sie jedoch höhere Werte bei der Depressivität im Vergleich zu den Teilnehmern, die sich die Zukunft negativer vorstellten.

Geringere Motivation

Weitere Befunde legten nahe, dass die individuellen Anstrengungen (oder Motivation zur Arbeit) zumindest zum Teil den Zusammenhang zwischen positiven Vorstellungen und depressiven Symptomen erklären.

Die teilnehmenden Schüler eines Experiments mit positiven Gedanken berichteten über weniger Anstrengungen bei ihren Schulaufgaben; was wiederum mit schlechteren Noten und höherer Depressivität verbunden war.

Positive Fantasie – Risikofaktor für zukünftige deprimierte Stimmung

Die Forscher schlagen jedoch weitere Studien vor, die den gefundenen Zusammenhang überprüfen sollen: Gibt es eine direkte kausale Verbindung zwischen positiven Gedanken über die Zukunft und depressiven Symptomen? Die Befunde zeigen jedoch, dass positive Fantasien längerfristig ein Risikofaktor für eine deprimierte Stimmung sind.

Diese Ergebnisse sind besonders wichtig hinsichtlich der Aufmerksamkeit, die dem positivem Denken als Schlüsselrolle von der Selbsthilfe-Industrie zugewiesen wird.

Selbsthilfe-Industrie

Die moderne Ära ist geprägt durch den Druck, dauernd positiv denken zu müssen, und der Selbsthilfe-Markt zum positiven Denken ist eine Multi-Milliarden Dollar Industrie, die fortwährend wächst, sagen die Forscher.

Die Befunde stellen die Frage: Was bedeutet diese ‚Selbsthilfe‘ langfristig für das Wohlbefinden der Menschen und die Gesellschaft.

Sich in positiven Vorstellungen und Bildern über die Zukunft zu ergehen, könnte uns davon abhalten, im Weg stehende Hindernisse anzugehen, die uns vom Erreichen unserer Ziele abhalten.

„Positive Fantasien sollten mit einem guten Sinn für die Realität ergänzt werden“, sagte Oettingen.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: New York University, Association for Psychological Science; Feb. 2016

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