Sextortion (Psychologie der sexuellen Erpressung)
Rechtspsychologie – Kriminalpsychologie – Forensische Psychologie
Internet-Sextortion: Eine explorative Analyse verschiedener Täter, die an solchen Verbrechen beteiligt sind
26.04.2020 Forscher der Michigan State University veröffentlichten eine psychologische Studie über „Sextortion“ – ein weniger bekanntes Internetverbrechen, das eine Bedrohung für Erwachsene und Minderjährige darstellt – die die Bedeutung des Schutzes der Öffentlichkeit vor Online-Kriminellen betont.
Definition Sextortion
Unter Sextortion (Kofferwort aus Sex und extortion [Erpressung]) versteht man die Verwendung von intimen Bildern oder Videos, die aufgenommen wurden, um damit ein Opfer zu erpressen, sagt Studienautorin Roberta Liggett O’Malley.
Bild: Jan Vasek (pixabay)
Was es von allen anderen Verbrechen unterscheidet, ist die Drohung mit der Veröffentlichung. Ein Täter könnte z.B. sagen: ‚Ich habe diese Bilder von Ihnen und werde sie veröffentlichen, es sei denn, Sie …‘, um mehr Bilder zu bekommen oder um Geld zu erpressen.
In vielen Fällen von Sextortion besitzen die Täter die Bilder oder Videos, die sie als Druckmittel einsetzen, nicht mal. Stattdessen manipulieren die Täter das Verhalten der Opfer, indem sie sich die Angst zunutze machen, nicht zu wissen, ob die Bedrohung real ist.
Die im Journal of Interpersonal Violence veröffentlichte psychologische Forschungsarbeit legt nahe, dass der derzeitige Schwerpunkt auf der Verbreitung von Bildern im Internet das Thema der bedrohungsbasierten Online-Belästigung wie Sextortion überschatten könnte.
Die Angst vor dem Erpresser
Ein großer Teil der Angst rührt von dem Glauben her, dass Hacker alles tun können, was mit Technologie zu tun hat: von der Möglichkeit, den Verlauf des Webbrowsers von jemandem einzusehen bis hin zum Hacken in eine Webcam“, sagte Koautorin Karen Holt.
Darum sei Sextortion so effektiv – sie schafft ein riesiges Maß an Unsicherheit und Angst, dass die Opfer schließlich nachgeben, anstatt zu denken / sagen: ‚Ich glaube, Sie bluffen, und wenn ich Sie ignoriere, dann geht es mir gut‘, schreiben die Autoren.
Die Opfertypen Männer und Minderjährige
Liggett O’Malley und Holt sagen, dass Männer diese Verbrechen aus Verlegenheit oder Scham seltener der Polizei melden, aber auch nicht so langzeitig wie Minderjährige erdulden müssen.
Die Opfer sind überwiegend minderjährig und weiblich, aber wenn es um die Erpressung von Geld geht, zielen sie fast immer auf Männer ab, so Liggett O’Malley. Diese beiden Gruppen erleben ein ähnliches Verbrechen auf sehr unterschiedliche Weise.
Unterschiedliche Motivationen: Vier Typen von Sextortion-Straftätern
Die Analyse von 152 Internet-Sextortion-Straftätern ergab vier verschiedene Typen:
- Minderjährige als Opfer, wobei auf Opfer unter 18 Jahren abgezielt wird;
- Internetkriminalität, wobei mit Hilfe von computerbasierten Taktiken wie Hacking die Opfer verfolgt werden;
- intime Gewalt, die auf ehemalige oder aktuelle romantische Partner abzielt; und
- transnationale Straftaten, die auf Fremde abzielen, die ausschließlich aus finanziellen Gründen verfolgt werden.
Holt erklärte, dass die vier Gebiete unterschiedliche Motivationen dafür widerspiegeln, was Täter von ihren Opfern wollen. Eine psychologische Umfrage unter 1.631 Opfern von Internet-Sextortion ergab, dass 46% minderjährig waren, was Verbrechen an Minderjährigen zu einem Schwerpunkt für die Strafverfolgung und in der Forschungsliteratur macht.
Die unverhältnismäßige Konzentration auf minderjährige Opfer hat zu neuen Gesetzen geführt, die Minderjährige vor der sexuellen Annäherung von Erwachsenen im Internet schützen, aber es gibt nur wenige rechtliche Schutzvorkehrungen für erwachsene männliche und weibliche Opfer, sagte Liggett O’Malley.
Es wird langsam klar, dass Sextortion von vielen weiteren Tätern genutzt wird. Innerhalb eines Kontextes häuslicher Gewalt können Partner einvernehmlich Bilder austauschen, nur um diese Bilder später als Druckmittel in der Beziehung zu nutzen.
In anderen Fällen setzen transnationale Organisationen Betrügereien ein, bei denen sich Personen im Internet als Mann oder Frau ausgeben, indem sie Webcam-Sitzungen mit den Opfern durchführen und sofort mit der Veröffentlichung einer Aufnahme drohen, wenn kein Geld gezahlt wird.
Wie man sich vor Sextortion schützt
Die Sensibilisierung für und die Meldung von Sextortionkriminalität – während man online verantwortungsvoll handelt – sind der Schlüssel zum Schutz von Erwachsenen und Kindern, schließen die Forscher.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Journal of Interpersonal Violence – https://doi.org/10.1177/0886260520909186