Impulsivität oder auch leichtfertiges Handeln: spontanes Verhalten, ohne auf Konsequenzen zu achten. Siehe auch Störung: Verlust der Impulskontrolle.
- Die Stadt macht Menschen impulsiver
- Versuchungen widerstehen durch Passivität
- Dankbarkeit – Mittel gegen impulsives Handeln
- Impulsivität als psychologisches Konstrukt: Eine theoretische, empirische und soziokulturelle Auseinandersetzung
- Impulsivität als Persönlichkeitsmerkmal
- Impulsivität bei Kindern
- Impulskontrolle im Gehirn
Die Stadt macht Menschen impulsiver
Menschen agieren zukunftsorientierter, wenn sie Entscheidungen in natürlichen Umgebungen (statt in städtischen) treffen.
In der Natur wird die langfristige Strategie bevorzugt
Neurowissenschaftler und Evolutionspsychologen der VU Universität Amsterdam zeigen, dass der Kontakt zur Natur, Menschen weniger impulsiv handeln lässt – in natürlichen Umgebungen entscheiden sie sich eher für die langfristige statt die kurzfristige Strategie.
Dagegen macht eine städtische Umgebung Menschen impulsiver. Da kurzfristige(s) Strategien und Verhalten die Ursache für die gegenwärtigen sozialen und Umweltprobleme sind, ist die Wirkung natürlicher Umgebungen auf menschliches Entscheidungsverhalten zur Lösung von Problemen wie Abfallproduktion und Umweltverschmutzung und die explosive Zunahme der Weltbevölkerung wichtig. Die Ergebnisse werden diese Woche in der Zeitschrift Proceedings of the Royal Society B herausgegeben.
Kurzfristiger Gewinn
In mehreren Versuchen sollten Teilnehmer finanzielle Entscheidungen treffen, zum Beispiel: „Würden Sie es vorziehen jetzt 10 Euro zu bekommen, oder 12 Euro in sieben Tagen ?“
Einigen Teilnehmern wurden zuerst Fotos natürlicher Umgebungen gezeigt, andere bekamen vor der Entscheidung städtische Umgebungen zu sehen.
Während die ’städtische Gruppe‘ die sofortige Auszahlung des geringeren Betrags bevorzugte, wählte die ‚ländliche Gruppe‘ häufiger die spätere Auszahlung des höheren Betrags. Dies wurde in einer Follow-up-Studie in Amsterdam bestätigt. Professor Mark van Vugt von der Vrije Universiteit Amsterdam: „Impulsivität und kurzfristiges Denken sind typische menschliche Merkmale. In unserer Studie untersuchten wir, ob die Natur diese Mechanismen in unserem Gehirn beeinflussen kann.
Verhaltensänderung
Um sicherzustellen, dass Menschen Entscheidungen treffen, die für sich und ihre soziale und natürliche Umgebung weniger schädlich sind, kann der Einfluss der Natur eine wichtige Rolle spielen.
Van Vugt: „Ein Großteil der Weltbevölkerung lebt in Städten. Wenn wir uns überlegen, wie wir sie in Kontakt mit der Natur bringen, könnten wir vielleicht ihr Verhalten gegenüber ihrer Umgebung verbessern.“
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Vrije Universiteit Amsterdam, Nov. 2013
Versuchungen widerstehen durch Passivität
Was aufmerksame Star Wars Kinobesucher von Yoda lernten, konnten Psychologen nun in Experimenten bestätigen: Wenn Sie versuchen wollen, Versuchungen zu widerstehen oder zu vermeiden, hören Sie auf, dagegen anzukämpfen, und entspannen Sie sich einfach nur….seien Sie passiv.
Passiv-Sein hilft bei Entscheidungen
In einer neuen Studie stellten Forscher der Universität von Illinois fest, dass Menschen, die „aktiv“ motiviert sind, schlechte Gewohnheiten zu ändern, sich in Wirklichkeit oft darauf vorbereiten zu scheitern und impulsiv zu handeln. Aber jene, die Wörter der Inaktivität benutzen, wie ‚Stop‘ oder ‚Pause‘, sind gelassener und letztlich, erfolgreicher.
„Unsere Forschung sagt, dass der gelassene Zustand besser ist, um den Einfluss einer Versuchung zu widerstehen“, sagte Psychologieprofessorin Dr. Dolores Albarracín von der Universität von Illinois.
Antreiben vs. Passivität
Die in einem Artikel in der Zeitschrift Motivation and Emotion beschriebene Studie, fand heraus, dass Menschen, die sich mit Wörtern (die mit Aktionen verbunden sind) antreiben, wahrscheinlicher als andere, impulsive Entscheidungen treffen, die ihre Fernziele unterhöhlten. Im Kontrast dazu fanden jene, deren Wörter eher „Stop“, „Ruhe“ oder „Pause“ waren, es leichter impulsive Entscheidungen zu vermeiden.
Versuchungen zu bekämpfen ist oft erfolglos
Bild: Den Impulsen widerstehen
„Populäre Ansichten über Selbstbeherrschung behaupten, dass Menschen Willenskraft ‚ausüben‘, Versuchungen ‚bekämpfen‘, Begierden ‚überwinden‘ und Impulse ‚kontrollieren‘ müssen, wenn sie ihr eigenes Verhalten erfolgreich kontrollieren wollen“, sagt Justin Hepler von der Universität von Illinois, der die Studie mit Albarracín durchführte.
„Ironischerweise ‚kämpfen‘ die Leute in diesen Situationen oft darum, nichts zu tun – zum Beispiel, sie wollen versuchen kein Kuchenstück zu essen“.
In der Studie wollten die Forscher bestimmen, ob die erfolgreiche Selbstbeherrschung ein aktives Streben nach Zielen einschließt oder ob die Leute wahrscheinlicher Erfolg haben, indem sie ein abwartendes, passives Verhalten haben. Um dies zu bestimmen, führten sie zwei Versuche durch.
Im ersten konfrontierten sie Freiwillige mit Worten der ‚Aktion‘, wie ‚Starte‘ (‚Fang an‘) oder ‚Sei aktiv‘, oder mit Worten der Untätigkeit, wie ‚Stop‘ oder ‚Pause‘. Sie testeten dann ihre Selbstbeherrschung durch Messen ihrer Bereitschaft, auf eine unmittelbare monetäre Belohnung als Gegenleistung für eine spätere größere zu verzichten.
Der zweite Versuch bereitete auch Freiwillige mit Aktions- und Untätigkeitswörtern vor und testete dann ihre Impulssteuerung mit einem Computerspiel.
Hochmotivierte wählen oft den schnellen Erfolg
In beiden Versuchen wählten die Freiwilligen, die motiviert wurden aktiv zu sein, wahrscheinlicher unmittelbare Belohnungen, und hatten eine schlechtere Impulssteuerung als jene, die mit Wörtern der Untätigkeit vorbereitet worden waren, fanden die Forscher heraus.
Impulsivität vermeiden durch Passivsein
Dies demonstriert, dass Menschen, die versuchen sich zu motivieren, in Anbetracht der Versuchung aktiv sein zu wollen, sich tatsächlich vorbereiten impulsiv zu handeln, sagte Hepler.
„Andererseits, sich für Untätigkeit zu motivieren oder sich zu beruhigen, kann die beste Art sein, impulsive Entscheidungen zu vermeiden“, sagte er.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Motivation and Emotion, März 2012
Dankbarkeit – Mittel gegen impulsives Handeln
14.04.2016 Eine in der Zeitschrift Emotion veröffentlichte Studie des Psychologie-Professors David DeSteno von der Northeastern University untersuchte, ob dankbare Menschen weniger impulsiv sind.
Dankbarkeit kultivieren
Wir können alle auf fünf Dinge in unseren Leben deuten, für die wir am dankbarsten sind, aber wenn wir dauernd an diese denken, gewöhnen wir uns daran, und sie werden aufhören, interessant zu sein und uns anzuregen, sagte DeSteno.
Bild: Kerstin Mäntz
Um Dankbarkeit zu kultivieren, sollten wir über tägliche Ereignisse nachdenken: Die Frau, die angehalten hat, um uns den Weg zu zeigen; der Mann, der Ihnen seinen Sitz anbot. Diese täglichen ‚Dankbarkeitsanreger‘ wirken wie ein Impfstoff gegen die Impulsivität, und sie verbessern Geduld, Selbstdisziplin und zukunftorientiertes Denken, sagte er.
DeSteno und seine Kollegin Leah Dickens ermittelten die Ausprägung der Dankbarkeit von 105 Studenten in einem Laborexperiment und überprüften sie im Alltagleben der Teilnehmer über drei Wochen, indem sie sie über Fragebögen per Smartphones zu ihren derzeitigen emotionalen Zuständen befragten.
Im Allgemeinen entsprach die Ausprägung der Dankbarkeit im Labor den im Alltagsleben der Teilnehmer ermittelten Werten, sagte DeSteno, was die über die drei Wochen gesammelten Antworten der Freiwilligen reliabel (verlässlich) erscheinen lässt.
Schließlich wurden die Probanden noch dazu befragt, welche Rolle die Dankbarkeit bei ihren Entscheidungen im Leben spielten, z.B.: Würden die Befragten eher einen kleineren Geldbetrag sofort erhalten wollen (und Impulsivität zeigen) oder eher einen größeren Betrag in der Zukunft (und Geduld und Selbstbeherrschung demonstrieren).
Überlegteres, zukunftorientierteres Verhalten
Die Befunde zeigten: Je höher das Ausmaß der Dankbarkeit im täglichen Leben, desto geduldiger und weniger impulsiv waren die Teilnehmer, wenn es z.B. um solche finanziellen Entscheidungen ging, sagte DeSteno. Das legt nahe: Je mehr man Dankbarkeit erfährt, desto mehr Selbstdisziplin hat man in verschiedenen Bereichen des Lebens.
Die Ergebnisse sagen damit etwas völlig anderes als die Volksweisheit: Gefühle wie Dankbarkeit können – mehr als Willenskraft – impulsives Verhalten kontrollieren helfen, und uns helfen, zukunftsorientierter zu handeln.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Northeastern University, Emotion; April 2016
Impulsivität als psychologisches Konstrukt: Eine theoretische, empirische und soziokulturelle Auseinandersetzung
15.10.2020 Der Begriff ‚Impulsivität‘ sollte nicht verwendet werden, um Verhalten oder Persönlichkeitsmerkmale zu beschreiben, sagen Psychologen.
Wenn ein Wort zu häufig als Sammelbegriff verwendet wird, wird seine Definition zu weit gefasst und es bedeutet nichts Konkretes mehr. Aus diesem Grund vermuten Psychologen der Johns Hopkins Medicine, dass der beschreibende Begriff „Impulsivität“ so übergeneralisiert ist, dass er nicht mehr sinnvoll ist, psychische Symptome bzw. Störungen wie Drogensucht, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) und andere zu beschreiben, die in der Psychiatrie-Bibel, dem Diagnostischen und Statistischen Handbuch Psychischer Störungen (DSM), aufgeführt sind.
In einer in Psychological Review veröffentlichten theoretischen Analyse schreiben die Wissenschaftler, dass sich Störungen mit bestimmten Arten von impulsivem Verhalten häufen, das individuell zu unterschiedlich ist, um bei der Definition einer Krankheit oder eines Zustandes zu helfen.
Sie argumentieren, dass die Vermengung von allem zusammen die Klarheit und das Verständnis in den Gebieten der Psychologie, Psychiatrie und Neurowissenschaften beeinträchtigt.
Vielmehr sollten Forscher aufhören, den Sammelbegriff „Impulsivität“ zu verwenden, und sich auf spezifischere und validierte Arten von Verhaltensweisen und Eigenschaften beziehen, wie dies bei Dutzenden anderer Konzepte in der Psychologie der Fall ist.
Ein Hauptgrund dafür, dass verschiedene Verhaltensweisen oder Eigenschaften als „Impulsivität“ in einen Topf geworfen werden, liegt darin, dass klinische Störungen, wie z.B. Störungen des Substanzkonsums, mit mehr als einer Art von Charakteristik in Verbindung gebracht werden.
Ungeduld, mangelnde dauerhafte Aufmerksamkeit für eine Aufgabe, Risikobereitschaft oder ‚haarsträubende Reaktionen‘ sind allesamt als Typen von Impulsivität betrachtet worden.
Frühere psychologische Forschungsarbeiten haben jedoch gezeigt, dass jede dieser Verhaltensweisen während unterschiedlicher Prozesse im Gehirn auftritt und dass sie unterschiedliche Mechanismen aufweisen, die mit unterschiedlichen klinischen Erkrankungen zusammenhängen.
Zum Beispiel definiert das DSM impulsives Verhalten auf unterschiedliche Weise für Störungen wie ADHS und antisoziale Persönlichkeitsstörungen.
Laut den Studienautoren Matthew Johnson und Justin Strickland sind diese verschiedenen Verhaltensweisen oder Merkmale keine „Typen“ von Impulsivität, sondern eigenständige wissenschaftliche Kategorien, die nicht als Aspekte eines einzigen Merkmals in einen Topf geworfen werden sollten.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Psychological Review (2020). DOI: 10.1037/rev0000263
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- Studie: Psychiatrische Erkrankungen gehen mit erhöhter Impulsivität einher.
zum Artikel - Impulsivität ist bei Kindern geringer, wenn sie ausreichend schlafen und die Bildschirmzeit reguliert wird.
zum Artikel - Das Persönlichkeitsmerkmal Impulsivität steht mit der Mortalität (Sterblichkeit) in Verbindung.
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