- Definition
- Nudges scheitern öfter als bisher angenommen, sagen Psychologen
- Anreize statt Zwang: „Nudging“ ist wirksam. Die Wirksamkeit von Nudging: Eine Metaanalyse von Interventionen in der Entscheidungsarchitektur in verschiedenen Verhaltensbereichen
- Weitere News aus der Forschung dazu
Definition
Definition von Nudging: Ein ‚Stupser‘ (Nudge) ist eine bevormundende Maßnahme von Regierungen, Organisationen etc., die versucht, die Entscheidungen des Verbrauchers / Bürgers (in deren Sinne, Intention) zu ‚verbessern‘, indem sie den Rahmen eines Entscheidungsproblems ändert.
Nudging ist ein Konzept aus der Verhaltenspsychologie, politischen Theorie und Verhaltensökonomie, das positive Verstärkung und indirekte Vorschläge nahelegt, um das Verhalten und die Entscheidungsfindung von Gruppen oder Einzelpersonen zu beeinflussen.
Nudging steht im Gegensatz zu anderen Wegen, um die Einhaltung von Richtlinien und Vorschriften zu erreichen, wie beispielsweise Bildung, Gesetzgebung oder Vollzug.
Nudges sind kleine Veränderungen in der Umgebung, die einfach und kostengünstig zu implementieren sind. Es gibt mehrere verschiedene Techniken des Nudgings, einschließlich Setzen von Standardoptionen, sozialen Beweisheuristiken / sozialer Beeinflussung und der Erhöhung der Aussagekraft der gewünschten Option.
Standardoption
Eine Standardoption ist die Wahl, die eine Person automatisch erhält, wenn sie nichts tut. Beispielsweise haben Pichert & Katsikopoulos festgestellt, dass eine größere Anzahl von Verbrauchern die Option für erneuerbare Energien für Strom gewählt hat, als sie als Standardoption angeboten wurde. (So soll z.B. die Organspendefreudigkeit durch die Standardoption der Zustimmung erhöht werden, weil angenommen wird, die meisten Menschen würden sich nicht die Mühe machen, diese Standardoption abzuwählen.)
Soziale Beweisheuristik / Soziale Beeinflussung
Eine soziale Beweisheuristik bezieht sich auf die Tendenz, dass Individuen das Verhalten anderer Menschen betrachten, um ihr eigenes Verhalten zu bestimmen. Studien haben einige Erfolge bei der Verwendung von sozialen Beweisheuristiken gefunden, um Einzelpersonen dazu zu bringen, gesündere Entscheidungen zu treffen. (Ein Beispiel-Nudge dafür: Viele Menschen leben gesünder, wenn sie Gemüse und Obst essen.)
Präsentation, Framing und Informationsarchitektur
Wenn die Aufmerksamkeit einer Person auf eine bestimmte Option gelenkt wird, wird diese Option für den Einzelnen an Bedeutung gewinnen, und er oder sie wird sich eher für diese Option entscheiden. So kauften die Verbraucher in Snackläden an Bahnhöfen in den Niederlanden mehr Obst und gesunde Snackoptionen, wenn sie neben die Kasse verlegt wurden.
Nudges scheitern öfter als bisher angenommen, sagen Psychologen
30.10.2020 Eine in Trends in Cognitive Sciences veröffentlichte psychologische Studie konnte zeigen, dass trotz der weitverbreiteten Anwendung von Verhaltensinterventionen (sogenanntes Nudging: „Schubser“, Anregungen; Denkanstöße zur Verhaltensänderung) in der gesamten Gesellschaft diese Interventionen überraschend häufig scheitern.
Die Forscher um Magda Osman vom Bereich Experimentelle Psychologie der Queen Mary University of London untersuchten veröffentlichte fehlgeschlagene Verhaltensinterventionen in allen Bereichen, die sich auf die Gesellschaft auswirken, von gesunder Ernährung und Organspenden bis hin zur Einhaltung von Steuergesetzen. Sie zeigen, dass zwar alle Formen von Nudging in jedem Umfeld fehlschlagen können, dass aber bestimmte Nudges eher zum Scheitern verurteilt sind.
Aktuelle Programme zur Verhaltensänderung konzentrieren sich weitgehend auf die Förderung von Erfolgen. Diese neue Studie legt nahe, dass ein besseres Verständnis dafür, warum und wie Interventionen scheitern, dazu beitragen könnte, in Zukunft erfolgreiche Nudging-Interventionen zu entwickeln und zu vermeiden, Zeit und Geld für Nudging-Versuche zu verschwenden, die wahrscheinlich scheitern werden.
Für das Projekt analysierten die Forscher 65 Artikel, die zwischen 2008 und 2019 veröffentlicht wurden und in denen fehlgeschlagene Verhaltensinterventionen, einschließlich Nudges, ermittelt wurden. Sie identifizierten insgesamt acht verschiedene Arten von Fehlschlägen, darunter „Backfires“, bei denen die Einführung der Nudge-Intervention das Verhaltensproblem eher verschlimmert als verbessert hat – also wenn die Intervention „nach hinten losgeht“.
Die häufigste Art von Interventionen, die zu Misserfolgen führten, waren die, die soziale Normen oder soziale Vergleiche beinhalteten, bei denen den Betroffenen Informationen über das Verhalten ihrer Peers (Bezugsgruppe) zur Verfügung gestellt werden, um eine gewünschte Verhaltensänderung zu fördern. Interventionen, die die Bereitstellung von Informationen durch Briefe oder Textnachrichten beinhalteten, machten fast ein Viertel der fehlgeschlagenen Studien aus.
Die Studie zeigt, dass Fehlschläge recht häufig sind und bei allen Nudges in jedem Setting auftreten können. Die Nudging-Versuche bewirken oftmals nicht nur keine Verhaltensänderung, sie können sogar zu negativen Veränderungen wie Backfire-Effekten führen, schließen die Psychologen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Trends in Cognitive Sciences, 2020; DOI: 10.1016/j.tics.2020.09.009
Weitere News aus der Forschung dazu
- Nudging kann Arzt-Patient-Gespräche zu schwerwiegenden Krankheiten fördern. Arzt- und patientenorientierte Kommunikationsstrategien für Krebspatienten mit hohem Sterblichkeitsrisiko
- Wollen sich Menschen zu gesunder Ernährung anhalten lassen? Forschende untersuchen Einflussnahme auf Ernährung durch „Nudging“ und dessen Akzeptanz