Menschliche kortikale Hirnareale nur schwach miteinander vernetzt

Entfernte Regionen des menschlichen Gehirns sind durch erstaunlich wenige Verbindungen miteinander verknüpft

Menschliche kortikale Hirnareale nur schwach miteinander vernetzt

25.03.2022 Das Verständnis der Funktionsweise des Gehirns, insbesondere der Informationsverarbeitung bei verschiedenen Tätigkeiten, ist schwierig, wenn man nicht weiß, wie viele Axone im Gehirn vorhanden sind und wie viele verschiedene funktionelle Regionen miteinander verbinden.

Ein Ansatz von Burke Rosen und Eric Halgren von der University of California, San Diego, USA, der in der Open-Access-Zeitschrift PLOS Biology veröffentlicht wurde, zeigt, dass trotz der funktionellen Bedeutung von Verbindungen zwischen weitreichenden Regionen des Gehirns die tatsächliche Anzahl dieser Verbindungen gering ist.

In der neuen Studie kombinierten die Forscher Diffusions-MRT-Daten aus dem Human Connectome Project mit histologischen Querschnitten des Corpus callosum, dem Hauptstrang, der die linke und die rechte Gehirnhälfte miteinander verbindet. Das Human Connectome Projekt kartiert die Stärke aller Verbindungen im Gehirn, gibt aber keine Auskunft über die tatsächliche Anzahl der Axone, während die histologischen Querschnitte Schätzungen darüber ermöglichen, wie viele Axone in einem bestimmten Volumen untergebracht sind. Die Kombination der Verbindungsstärken mit den Axonendichten ergab Schätzungen für die Anzahl der Axone in der Großhirnrinde.

Die Analyse ergab, dass fast 2,5 Milliarden weitreichende Axone die Großhirnrinde durchqueren. Trotz dieser großen Zahl wurde jedoch festgestellt, dass die Anzahl der Axone, die verschiedene funktionelle Hirnregionen miteinander verbinden, recht gering ist. So sind beispielsweise von den geschätzten 130 Millionen Axonen im Fasciculus-arcuatus-Trakt nur etwa 1 bis 2 Millionen (weniger als 2 %) direkt mit dem Broca- und dem Wernicke-Areal verbunden, eine für die normale Sprachfähigkeit notwendige Verbindung.

Das Modell sagt voraus, dass andere lange Verbindungen, wie die vom Hippocampus zum frontalen Kortex, die für das Abrufen von Erinnerungen benötigt werden, tatsächlich in mehreren Schritten gebildet werden. Die Ergebnisse werden somit die Modelle der Kognition verbessern, insbesondere Prozesse, die auf Verbindungen zwischen entfernten Hirnregionen beruhen.

„Ein großes ungelöstes Problem ist, wie der menschliche Kortex die Informationsverarbeitung durch seine 16 Milliarden Neuronen auf seiner Oberfläche integriert, um das Bewusstsein zu vereinheitlichen“, fügt Rosen hinzu. „Unsere Erkenntnis, dass die kortikalen Areale nur spärlich miteinander verbunden sind, deutet darauf hin, dass diese Integration entweder durch die Verknüpfung der dichten lokalen Verbindungen oder durch seltene, außerordentlich privilegierte weitreichende Axone erreicht wird.“

© Psylex.de – Quellenangabe: PLOS Biology, 2022; 20 (3): e3001575 DOI: 10.1371/journal.pbio.3001575