Soziale Phobie und das Gehirn

Gewöhnung des Gehirns an Angst

31.01.2013 Furcht ist eine Schutzfunktion gegen mögliche Gefahren und soll unser Leben retten.
Es gibt allerdings Probleme mit diesem Angstmechanismus, wenn die positiven Wirkungen aufgehoben sind.

Patienten, die eine soziale Phobie haben, haben vor völlig normalen, alltäglichen sozialen Situationen Angst, weil sie die Befürchtung haben, sich unpassend zu verhalten, oder dass andere Leute sie für blöd/dumm halten.

Auch das Gehirn von sozialen Phobikern kann an Angst gewöhnt werden

Wissenschaftler vom Centre for Medical Physics and Biomedical Technology und dem Universitätsbereich der Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Wien haben jetzt entdeckt, dass dieser Angst-Kreislauf deaktiviert werden kann, zumindestest teilweise.

Gehirnaktivität von sozialen Phobikern

In einer Studie von Ronald Sladky und Christian Windischberger, herausgegeben in der Zeitschrift PLOS One wurde funktionelle Magnet-Resonanztomographie benutzt, um die Änderungen in der Gehirnaktivität von sozialen Phobikern und gesunden Testteilnehmern zu messen, während sie sich Gesichter ansahen.

Ort der Amygdala im Gehirn
Soziale Phobie: Sitz der Amygdala im Gehirn

Soziale Konfrontation mit anderen Menschen

Dieser Versuch simuliert soziale Konfrontation mit anderen Menschen, ohne dass sich der Teilnehmer tatsächlich in eine unerträgliche Situation der Angst begeben muss. Permanente Konfrontation hat eine abnehmende Wirkung auf Angst.

„Die Studie zeigte, dass Personen mit sozialer Phobie anfangs größere Aktivität in der Amygdala und im mittleren präfrontalem Cortex des Gehirns zeigen, diese Aktivität jedoch nach einigen Gesichtern zurückgeht“, sagte Sladky.

Gehirn kann sich anpassen

Dies widerspricht der bisherigen Annahme, dass der emotionale Kreislauf von sozialen Phobikern außerstande ist, sich adäquat dieser stressenden Situation anzupassen.

Permanente Konfrontation mit der Testaufgabe führte nicht nur zu einer schnelleren Lösung für das „Problem“ bei Patienten mit einer Angststörung, sondern auch zu einigen Bereichen des Gehirns, die umgangen wurden, und sonst überstimuliert würden, ein für eine Angststörung typisches Merkmal.

Fehlregulation bei sozialer Phobie kann korrigiert werden

Sladky sagt: „Wir schlossen deshalb, dass es funktionelle Kontrollstrategien gibt, sogar bei Menschen mit sozialer Phobie, obwohl hier die Mechanismen länger brauchen, um zu wirken. Die Fehlregulation dieser Teile des Gehirns kann deshalb bis zu einem gewissen Grad kompensiert werden“.

Quelle: PLOS ONE, Jan. 2013

Soziale Phobie, Angst und das Gehirn

Psychische Störungen – Angststörungen

Sozialphobie steht in Verbindung mit Autismus und Schizophrenie

01.01.2018 Eine aktuelle in Psychiatry Research: Neuroimaging publizierte Studie der Swinburne University of Technology zeigt, dass Menschen mit krankhaft übersteigerter sozialer Angst (die sogenannte Soziale Phobie) ähnliche Gehirnreaktionen haben wie Menschen mit Schizophrenie oder Autismus.

Reaktionen des Gehirns auf Sprachlaute

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Bild: Gerd Altmann

Die Bereiche des Gehirns, die eine erhöhte Reaktion bei unerwarteten Sprachlauten bzw. Phonemen (kleinste bedeutungsunterscheidende Einheiten des Lautsystems einer Sprache) zeigten, konnten mit der Verarbeitung sozialer Informationen und mit Spektrumstörungen wie Autismus oder Schizophrenie in Verbindung gebracht worden.

Dies legt nahe, dass das Gehirn von Sozialphobikern möglicherweise soziale Informationen ineffizient verarbeitet, sagte Studienautorin Dr. Talitha Ford.

Autismus und Schizophrenie sind multidimensionale und spektrale Erkrankungen, was bedeutet, dass sie unterschiedliche Grade vieler verschiedener Symptome aufweisen, und zwar so sehr, dass diese Symptome als nicht-klinische Merkmale in der Allgemeinbevölkerung auftreten, sagt sie.

Psychosoziale Probleme

Sie erklärt, dass die Hauptmerkmale beider Störungen zwischenmenschliche bzw. soziale Probleme sowie unterschiedliche Reaktionen des Gehirns auf Veränderungen in der Umwelt sind.

Diese Studie zeige, dass die Reaktionen des Gehirns auf Veränderungen in der Umwelt enger mit den psychosozialen Schwierigkeiten von Menschen mit Schizophrenie und Autismus zusammenhängen könnten.

Die Erforschung der Hirnreaktionen bei Verhaltensweisen, die mit klinischen Erkrankungen wie Autismus und Schizophrenie in Zusammenhang stehen, erlaubt Wissenschaftlern, die zugrundeliegenden Prozesse dieser Verhaltensweisen besser zu verstehen.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Swinburne University of Technology; Psychiatry Research: Neuroimaging – DOI: 10.1016/j.pscychresns.2017.11.012; Dez. 2017

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