- SVV bei Borderline Störung: Warum sich Selbstverletzungen gut im Gehirn anfühlen
- Formen der Selbstverletzung
- Motivation
- Borderline und Suizid
SVV bei Borderline Störung: Warum sich Selbstverletzung gut im Gehirn anfühlt
So eigenartig es auch klingen mag, einige Menschen verletzen sich, um Entlastung von emotionalem Stress zu erhalten. Sich selbst zu schneiden oder sich durch Feuer verletzen ist ein oft gezeigtes Verhalten von Menschen, die sich zwanghaft verletzen.
Selbstverletzungen
Dieses Verhalten zeigt sich oft bei Personen mit Borderline Persönlichkeitsstörung. Die Borderline Störung ist eine Störung, die oft zu intensiven, übermächtigen Emotionen bei Personen führt, die Schwierigkeiten haben, ihre Gefühle zu regulieren.
Dementsprechend zeigt diese Gruppe von Menschen hohe Prävalenzraten selbstverletzenden Verhaltens, da es ihnen hilft negative Gefühlslagen zu reduzieren.
Forscher haben die Wirkungen von emotionalen Reizen, und einem thermischen Stimulus bei Menschen mit und ohne Borderline Persönlichkeitsstörung untersucht.
Sie führten eine Gehirntomographie-Studie mit Hilfe von Bildern als Stimuli durch, um negative, positive oder neutrale Wirkungen hervorzurufen, und thermische Stimuli um Hitzeschmerz oder Wärmewahrnehmung herbeizuführen. Die schmerzhaften Hitze-Stimuli wurden an der individuell gesetzten Temperaturschwelle für jeden Teilnehmer verabreicht.
Bei Patienten mit Borderline Persönlichkeitsstörung fanden sie Belege für eine erhöhte Aktivierung der limbischen Schaltkreise als Reaktion auf Bilder mit positiven und negativen Emotionen, die mit ihren berichteten Emotionsregelungsproblemen konsistent waren.
Die Aktivierung der Amygdala stand auch mit selbstberichteten Defiziten bei der Emotionsregelung in Beziehung. Jedoch hemmten die thermischen Stimuli die Aktivierung der Amygdala bei diesen Patienten und auch bei gesunden Kontrollpersonen, vermutlich um die emotionale Reaktionsfähigkeit zu unterdrücken.
Physisch schmerzhafte Stimuli bringen Entlastung bei emotionaler Verzweiflung
Dr. John Krystal, Editor von Biological Psychiatry kommentierte, „Diese Daten stimmen mit der Hypothese darin überein, dass physisch schmerzhafte Stimuli eine Entlastung bei emotionaler Verzweiflung für einige Patienten mit Borderliner Persönlichkeitsstörung liefern, weil sie paradoxerweise Gehirnregionen (die bei den Emotionen involviert sind) hemmen. Es kann sein, dass dieser Prozess ihnen hilft, unzulängliche emotionale Regelungsmechanismen zu kompensieren.“
Die Autoren bemerken, dass diese Ergebnisse im Einklang mit vorherigen Befunden zu emotionaler Hyperaktivität bei Borderlinern sind, und sie sagen, dass diese Personen Schmerz-Stimuli (selbstverletzenden Verhaltens) unterschiedlich je nach ihrem Erregungszustand verarbeiten.
Quelle: Biological Psychiatry, Sept. 2010
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Selbstverletzungen bei Borderlinern
Die häufigsten Arten der Selbstverletzung (also eines Verhaltens, bei dem die betroffenen Personen sich selbst absichtlich Wunden zufügen) sind das Ritzen (Aufschneiden oder Einritzen der Haut, meist der Unterarme, mit Messern oder Rasierklingen) und das Verbrennen (z.B. die Hände über eine brennende Kerze halten).
Formen der Selbstverletzung
Es kommen aber auch andere Formen des von Selbstverletzungen vor, zum Beispiel das Schlagen des Kopfes an die Wand (kommt auch bei Autistischen Kindern vor), das Ausreißen der Kopfhaare (siehe Trichotillomanie) oder das Beißen in Arme oder Lippen.
Motivation
Die Motivation zu diesen Selbstverletzungen ist ganz unterschiedlich: die Leere in sich selbst nicht mehr aushalten können, sich lebendig fühlen wollen, sich betäuben, sich selbst bestrafen, Spannungen abbauen, sich real fühlen, Hilferufe aussenden.
Selbstverletzungen kommen aber auch bei anderen Störungen vor, z.B. nach Missbrauchserfahrungen und anderen traumatischen Erlebnissen.
Die Zahlen zur Häufigkeit in Deutschland sind nicht sehr zuverlässig, da viele Betroffene sich schämen und die Wunden anschließend nach Möglichkeit verbergen bzw. Ausreden suchen. Es ist jedoch die Rede von 1% der Gesamtbevölkerung in Deutschland sowie einer überzahl der Frauen gegenüber den Männern von ca. 3:1. Es wird vermutet, dass sich bis zu 80% der Personen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung selbst verletzen.
Borderline und Suizid
Laut verschiedener Statistiken bringen sich 10% der Borderline-Patienten um. Meist wird ein Selbstmord (siehe auch das Thema Suizid/Selbstmord) vorher angekündigt, stellt einen Hilferuf an nahestehende Personen dar. Die Meinung „Wer vorher davon spricht, der macht es nicht“ ist falsch. Ca 80% der Selbstmorde werden vorher angekündigt. Nach Pöldinger gibt es verschiedene, aufeinanderfolgende Phasen:
Erwägung (die Möglichkeit eines Selbstmordes wird in Betracht gezogen), Ambivalenz (hier kommt es zu Hilferufen an die Umgebung, das Für und Wider wird gegeneinander aufgerechnet) und Entschluss. Ist der Entschluss gefasst, wirkt der Betroffene ruhiger, wodurch die Angehörigen sich in (falscher) Sicherheit wiegen und ihre Angst verlieren.
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