12.04.2014 Die weit verbreitete Meinung, dass nur Frauen Essstörungen haben, sorgt bei Männern mit dieser Störung für Verzögerungen bei der Behandlung, laut einer neuen britischen Studie.
Es gibt zu wenig Diagnosen und Behandlungen für Männer mit Essstörungen und die Störung ist bei ihnen auch zu wenig erforscht, schreibt Ulla Raisanen von der Universität Oxford.
Erkennen der Symptome/Warnzeichen
Die Forscher interviewten 29 Frauen und 10 Männer im Alter von 16-25, die mit einer Essstörung diagnostiziert wurden. Die Männer sagten, dass sie lange Zeit brauchten, bis sie die Zeichen und Symptome einer Essstörung erkannten. Die Warnzeichen waren:
- zwanghaftes Kalorien zählen,
- extrem Sport zu treiben und sich zu wiegen, sowie
- Tage ohne zu essen.
Einer der Hauptgründe, warum die Männer so lang brauchten, um zu begreifen, dass sie eine Essstörung hatten, war die Annahme, dass nur Frauen solche Probleme entwickelten. Keiner der Männer erkannte die Zeichen als Symptome einer Essstörung, und ihre Familie, Freunde und Bekannte, erkannten die Symptome auch nicht.
Erst als sie eine Krise erlebten oder medizinische Notfallhilfe benötigten, begriffen sie, dass sie eine Essstörung hatten, sagten die Männer.
Hilfe und Informationen
Viele Männer sagten, dass sie lange Zeit brauchten, Hilfe aufzusuchen. Als Gründe gaben sie an: sie wussten nicht, wo sie hingehen sollten, oder sie fürchteten, von den medizinischen Berufstätigen nicht ernst genommen zu werden. Außerdem gab es einen Mangel an Information über Essstörungen, die sich ausdrücklich an Männer richtet.
In einigen Fällen hatten die Männer negative Erfahrungen mit den Gesundheitseinrichtungen, wie Fehldiagnosen oder lange Wartezeiten, bis sie zum Spezialisten kamen. Ein Patient sagte, dass ein Arzt ihn aufforderte „ein Mann zu sein“, laut der in BMJ erschienenen Studie.
„Unsere Befunde legen nahe, dass Männer besondere Probleme haben zu erkennen, dass sie eine Essstörung haben. Dies dürfte Folge der gesellschaftlichen Annahme bzw. kulturellen Konstruktion sein, dass Essstörungen einzig oder überwiegend ein Mädchen bzw. Frauen-Problem sei“, fügten sie hinzu.
Diese Annahme ist auch unter Angehörigen der Gesundheitsberufe weit verbreitet laut den Forschern.
Quelle: University of Oxford, April 2014
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