Anfälligkeit gegenüber einer Psychose kann durch Hirnmarker vorausgesagt werden
29.03.2017 Eine im American Journal of Psychiatry veröffentlichte Studie zeigt, dass übertriebene emotionale Reaktionen (Anfälligkeit) des Gehirns auf nicht-bedrohliche und nicht-emotionale Reize die Entstehung der ersten Anzeichen psychotischer Symptome im späten Jugendalter voraussagen kann.
Salienz
Diese Ergebnisse stehen mit früheren Annahmen zur Psychoseentstehung überein, schreiben die Studienautorinnen Josiane Bourque und Patricia Conrod von der Universität Montreal.
Bild: Gerd Altmann
Wahnvorstellungen und Verfolgungsideen in der Psychose erscheinen als ein Weg, die Tendenz der Betroffenen zu beschreiben, Salienz (Auffälligkeit, Betonung) neutralen und nicht-salienten Umweltstimuli zuzuschreiben, schreiben sie.
Diese Entdeckung könnte wichtige klinische Auswirkungen auf die frühe Identifizierung gefährdeter Jugendlicher haben, denn die Wissenschaftler waren in der Lage, mit dem Gehirn verbundene Anomalien im Teenageralter zu entdecken, bevor psychotische Erfahrungen und Substanz-Missbrauch beginnen, bedeutende kognitive Störungen zu verursachen und medizinisches Interventionen benötigen, sagte Conrod.
Es muss jetzt noch herausgefunden werden, ob die übertriebene emotionale Reaktivität auf nicht-saliente Reize bei jungen Jugendlichen modifiziert werden kann, und ob solche Veränderungen den anfälligen Jugendlichen nützen können, erklärte Conrod weiter.
Hirnmarker
In ihrer Studie werteten die Wissenschaftler die Daten von mehr als eintausend europäischen Jugendlichen im Alter von 14 bis 16 Jahren aus. Sie maßen die Gehirnaktivität während der Bearbeitung verschiedener kognitiver Aufgaben, um Belohnungsempfänglichkeit, inhibitorische Kontrolle und die Verarbeitung der emotionalen und nicht-emotionalen Inhalte zu bewerten. Außerdem füllten die Heranwachsenden Fragebögen über verschiedene psychiatrische Symptome mit 14 und 16 aus.
Übertriebene emotionale Reaktivität
Jugendliche im Alter von 14 Jahren, die bereits gelegentliche psychoseartige Erfahrungen berichteten, zeigten, dass sie auf nicht-emotionale Stimuli reagierten, als ob sie eine starke emotionale Salienz hätten.
Mit Hilfe eines selbstlernenden Computerprogramms überprüften die Forscher dann, ob diese funktionellen Eigenschaften des Gehirns das Auftreten von zukünftigen psychotischen Symptomen in einer größeren Gruppe von Jugendlichen im Alter von 16 Jahren voraussagten.
Ergebnisse
Im Alter von 16 Jahren berichteten 6 % der Jugendlichen über akustische oder visuelle Halluzinationen und wahnhafte Ideen, und diese Erfahrungen wurden durch Psychose-ähnliche Tendenzen und Gehirnreaktivität auf neutrale Stimuli im Alter von 14 Jahren – und durch Cannabis-Konsum vor dem Alter von 16 Jahren – deutlich vorausgesagt.
Die Studienbefunde zeigen, dass die Anfälligkeit für eine Psychose in einer frühen Jugendzeit identifiziert werden kann. Das ist sehr ermutigend aus einer Präventionsperspektive, sagten die Psychiater.
Da der Psychosebeginn normalerweise zu Beginn des Erwachsenenalters stattfindet, gibt die frühzeitige Identifizierung der Psychose-Anfälligkeit den Klinikern ein großes Zeitfenster in dem man auf riskante Verhaltensweisen und wichtige ätiologische Prozesse zugreifen kann, schloss Conrod.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Montreal, American Journal of Psychiatry – doi.org/10.1176/appi.ajp.2017.16080897; März 2017
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