Schwere traumatische Erfahrungen erhöhen Risiko für Migräne und andere Kopfschmerzen
27.12.2017 Menschen mit sehr traumatischen Erfahrungen – wie z.B. das Überleben eines Terroranschlags – haben ein erhöhtes Risiko für häufige Migräne und Spannungskopfschmerzen nach dem Erlebnis laut einer in Neurology veröffentlichten Studie.
Massenmord auf Utøya
Die Studie untersuchte die jugendlichen Überlebenden von Norwegens größtem Massenmord. Im Jahr 2011 eröffnete ein einzelner Schütze das Feuer in einem Jugend-Sommercamp auf der Insel Utøya, bei dem 69 Menschen getötet und 33 schwer verletzt wurden. Alle Überlebenden erfuhren schweren psychotraumatischen Terror, verloren viele Freunde und einige riskierten zu ertrinken, als sie versuchten, von der Insel zu entkommen.
Bild: Ulrike Mai
Wir wissen viel über die psychologischen Auswirkungen von Terroranschlägen und anderen extremen Gewalttaten auf die Überlebenden, aber wir wissen nicht viel über die neuropsychologischen oder physischen Auswirkungen dieser gewalttätigen Zwischenfälle, sagte Studienautorin Dr. Synne Øien Stensland vom Norwegischen Zentrum für Gewalt- und traumatischen Stress der Universtität Oslo.
Unsere Studie zeigt, dass ein einzelnes, hochbelastendes traumatisches Ereignis zu anhaltendem Leiden mit häufigen Migräneattacken und anderen Kopfschmerzen führen kann.
Um 400% erhöhtes Risiko
213 Teilnehmer der 358 Überlebenden nahmen an der Studie teil (Durchschnittsalter 18 Jahre), von denen sechs Prozent bei dem Angriff schwer verletzt worden waren. Die Teilnehmer wurden vier bis fünf Monate nach dem Angriff zu ihrer Kopfschmerzhäufigkeit befragt. Ihre Antworten über Kopfschmerztyp und -häufigkeit wurden mit den Antworten von 1.704 gleichgeschlechtlichen und gleichaltrigen Jugendlichen verglichen, die nicht solch einem Psychotrauma ausgesetzt waren.
Die traumatisierten Heranwachsenden hatten viermal wahrscheinlicher Migräne und dreimal wahrscheinlicher Spannungskopfschmerzen als die nicht traumatisierten Jugendlichen.
Diese Befunde blieben unverändert auch nachdem sie um potentielle Störfaktoren wie Verletzungen, Geschlecht, vorherige Exposition gegenüber körperlicher oder sexueller Gewalt und psychischer Belastung bereinigt wurden.
Risiko für Frauen und Männer
Unter den weiblichen – dem Terror ausgesetzten – Teilnehmerinnen hatten 80 von 109 bzw. 73 Prozent wiederkehrende Kopfschmerzen – verglichen mit 325 von 872 bzw. 37 Prozent der Kontrollgruppe.
Bei den männlichen Teilnehmern hatten 43 der 104 Terrorüberlebenden Kopfschmerzen bzw. 41 Prozent – verglichen mit 158 von 832 bzw. 19 Prozent ohne Exposition.
Die Terror-Überlebenden berichteten sehr viel häufiger über tägliche oder wöchentliche Kopfschmerzen als die Teilnehmer aus der Kontrollgruppe.
Wichtige Befunde für Prävention
Wir vermuteten, dass die Kopfschmerzen für die Überlebenden des Terrors zunehmen würden, und der Anstieg lag über dem, was aufgrund psychologischer Probleme und anderer Risikofaktoren zu erwarten gewesen wäre, sagte Stensland.
Dies deutet darauf hin, dass wir nach Ereignissen wie Terroranschlägen Wege finden müssen, um den Menschen zu helfen, das Potenzial häufiger und belastender Kopfschmerzen zu reduzieren. In vielen Fällen mit starken Kopfschmerzen können Behandlungen sehr hilfreich sein, bevor die Erkrankung chronisch wird.
Eine Einschränkung der Studie war die niedrigere Ansprechrate bei Überlebenden mit hohen Symptomwerten, was zu einer Unterschätzung des Risikos geführt haben könnte.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universtität Oslo; Neurology – DOI: 10.1212/WNL.0000000000004805; Dez. 2017
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