Extrem hohes Verhältnis an Suizidversuchen bei Schizophrenie
12.02.2016 Eine neue Studie der Universität Toronto hat feststellen können, dass Personen mit Schizophrenie, die körperlich während der Kindheit misshandelt worden waren, fünfmal wahrscheinlicher versucht haben sich umzubringen.
Lebenszeitprävalenz
Die Lebenszeitprävalenz (Auftreten während des gesamten Lebens) für Suizidversuche bei Menschen mit Schizophrenie beträgt 39,2% im Vergleich zu 2,8% ohne die Erkrankung laut der in der Zeitschrift Schizophrenia Research and Treatment veröffentlichten Studie.
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„Selbst nach Berücksichtigung der meisten bekannten Risikofaktoren für Selbstmordversuche hatten Schizophrene eine sechsfach erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen Suizidversuch im Vergleich zu denjenigen ohne schizophrene Erkrankung“, berichtete Studienleiterin Professorin Esme Fuller-Thomson.
Die Studie untersuchte eine repräsentative Stichprobe mit 21.744 Kanadiern, von denen 101 über eine Diagnose mit Schizophrenie berichtet hatten. Die Daten stammen aus der Canadian Community Health Survey-Mental Health 2012.
Alkoholmissbrauch, Depression
Bei den Frauen der 101 Personen mit Schizophrenie mit einer Drogen- oder Alkoholmissbrauchsgeschichte und/oder klinischer depressiver Störung erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit für einen Suizidversuch, sagte Koautorin Bailey Hollister.
In ihrer Kindheit misshandelte Menschen mit Schizophrenie zeigten ein fünffach erhöhtes Risiko für Suizidversuche und frühe Nöte in der Kindheit erklärten 24 Prozent der Variabilität der Versuche sich selbst zu töten, sagten die Autoren.
Eindeutig sind Menschen mit diagnostizierter Schizophrenie eine äußerst anfällige Bevölkerungsgruppe, schreiben die Wissenschaftler. Über dieses Risiko und über das erhöhte Risiko in Verbindung mit Kindesmisshandlungen und Drogenmissbrauch Bescheid zu wissen, könnte Klinikern helfen, bessere Maßnahmen frühzeitiger zur Prävention zu ergreifen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Toronto, Schizophrenia Research and Treatment; Feb. 2016
Früherkennung und Frühintervention senkt Suizidrate bei Schizophrenie
14.05.2018 Frühe Interventionsdienste scheinen die Suizidrate bei Patienten mit einer ersten Episode einer Schizophrenie-Spektrum-Störung zu verringern laut einer im Fachmagazin JAMA-Psychiatry herausgegebenen Studie.
Sherry Kit Wa Chan von der Universität Hong Kong und Kollegen untersuchten die Auswirkungen eines zweijährigen Dienstes der Frühintervention auf die Selbstmordrate bei schizophrenen Patienten.
Insgesamt nahmen 617 Patienten mit Schizophrenie-Spektrum-Störung zwischen dem 1. Juli 2001 und dem 30. Juni 2003 am zweijährigen ‚Früherkennungsservice‘ (FS) teil und wurden mit 617 Patienten verglichen, die zwischen dem 1. Juli 1998 und dem 30. Juni 2001 eine Standardversorgung (SV) erhielten. Die Details zum Tod wurden für bis zu 12 Jahre zurückgehalten.
Suizidraten
Die Forscher fanden heraus, dass die Suizidhäufigkeit in den SV- und FS-Gruppen bei 7,5 bzw. 4,4 Prozent lagen.
Signifikant bessere Überlebenschancen gab es demnach für Patienten in der Frühinterventions-Gruppe (nach Anpassung von Analyse von Therapieeffekten betrug die Hazard Ratio 0,57 – d.h. das Risiko für einen Suizid war in der FS-Gruppe fast um die Hälfte reduziert), wobei die maximale Korrelation in den ersten drei Jahren beobachtet wurde. Die Zahl der Suizidversuche gab Hinweise auf einen frühen Selbstmord (ein bis drei Jahre).
Indikatoren für spätere Selbsttötung
Indikatoren für einen späten Suizid (vier bis zwölf Jahre) waren prämorbide berufliche Beeinträchtigungen, die Anzahl der Rückfälle und die schlechte Adhärenz (Therapietreue) während der ersten drei Jahre.
Diese Studie legt nahe, dass der Dienst mit Frühintervention mit einer Verringerung der langfristigen Suizidrate verbunden zu sein scheint, schreiben die Autoren.
Selbsttötung in verschiedenen Stadien der Schizophrenie war mit einzigartigen Risikofaktoren verbunden, was die Bedeutung eines phasenspezifischen Dienstes unterstreicht.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Hong Kong; JAMA Psychiatry. 2018. doi:10.1001/jamapsychiatry.2018.0185
Suizidfälle unter Schizophrenen besonders häufig
22.06.2018 Eine neue im Fachblatt Schizophrenia Research veröffentlichte Studie zeigt, dass Menschen mit Schizophrenie in Ontario, Kanada mehr als einen von zehn Selbstmordfällen ausmachen und dass junge Menschen überproportional betroffen sind.
Die Forschungsarbeit stellt fest, dass 12 Prozent aller Selbstmordfälle eine Schizophrenie-Diagnose beinhalten. Etwa ein Prozent in der Bevölkerung leidet unter dieser psychischen Erkrankung.
Bild: Gerd Altmann
Dr. Juveria Zaheer von der Universität Toronto und Kollegen stellten fest, dass Personen mit Schizophrenie, die sich suizidierten, auch jünger waren: ein Fünftel zwischen 25 und 34 Jahren im Vergleich zu einem Zehntel in der Gruppe ohne Schizophrenie.
„Das ist schockierend“, sagt Dr. Zaheer. Es also besonders wichtig, das Suizidrisiko bei jüngeren schizophrenen Patienten besonders früh im Krankheitsverlauf einzuschätzen.
Die Zahlen wurden durch die Verknüpfung von Datensätzen aus verschiedenen Datenbanken in Ontario ermittelt. In der gesamten Provinz starben zwischen 2008 und 2012 5.650 Menschen durch Suizid. Davon hatten 663 eine schizophrene Diagnose.
Psychische Erkrankungen an 90% der Fälle beteiligt
Schätzungsweise besteht in 90 Prozent der Situationen, in denen ein Selbstmord geschieht, ein Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen.
Die Gründe, warum ein Mensch sein Leben nimmt, können jedoch sehr unterschiedlich sein, sagt Dr. Zaheer. Suizidrisiken können sich bei Menschen mit Schizophrenie von denen mit anderen Krankheiten unterscheiden, und die Untersuchung der Muster in einer Population ist eine Möglichkeit, diese Risiken zu erkennen.
Eingreifmöglichkeit
Dieser Ansatz ergab einen wichtigen Unterschied mit konkreten Auswirkungen auf die Selbstmordprävention. Menschen mit Schizophrenie hatten mehr Kontakt mit dem Gesundheitssystem, da mehr als die Hälfte in den 30 Tagen vor dem Tod Hilfe wegen eines psychischen Problems suchte, verglichen mit nur einem Viertel in der nicht-schizophrenen Gruppe.
Dieser Befund deutet auf eine Interventionsmöglichkeit hin und wirft die Frage auf, ob Suizidrisikobewertung und -bewältigung bei jedem Jugendlichen mit Schizophrenie eine Rolle spielen sollte, sagt Dr. Zaheer.
Diese Beurteilungen stehen bei den Klinikern, die sich darauf konzentrieren, Halluzinationen und Wahnvorstellungen ihrer Patienten zu kontrollieren, vielleicht nicht ganz oben auf der Liste.
Aber weil jüngere Menschen mit Schizophrenie das Gesundheitssystem durchaus in Anspruch nehmen, müssen Kliniker das Suizidrisiko bei diesen Patienten stärker im Auge behalten.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Schizophrenia Research – http://dx.doi.org/10.1016/j.schres.2018.06.025
Suizidrate bei Menschen mit Schizophrenie-Spektrum-Störungen 170 Mal höher; Warnzeichen
18.06.2020 Die Suizidrate von Menschen mit Schizophrenie-Spektrum-Störungen ist laut einer in der Zeitschrift Schizophrenia Research veröffentlichten Studie 170 Mal höher als die in der Allgemeinbevölkerung, eine Zahl, die die Autoren als „tragisch hoch“ bezeichnen.
Die Studie mit Bevölkerungsdaten aus 20 Jahren untersuchte Statistiken zu mehr als 75.000 Patienten, die eine Erstdiagnose einer schizophrenen Störung erhielten.
Im Durchschnitt wurde jeder Patient fast zehn Jahre lang überwacht. Die Studie fand mehrere Schlüsselfaktoren, die Vorboten von eines Suizids waren, darunter
- waren die ersten fünf Jahre nach der Diagnose einer Schizophrenie-Spektrum-Störung besonders risikoreich;
- wenn es vor der Diagnose Anzeichen für eine Stimmungsstörung oder einen Krankenhausaufenthalt aufgrund einer psychischen Störung gab;
- wenn eine Drogenabhängigkeit vorlag;
- wenn die Betroffenen männlich waren;
- wenn sie bereits versucht hatten sich umzubringen;
- wenn die Person in einem späteren Alter mit Schizophrenie diagnostiziert wurde.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Schizophrenia Research – https://doi.org/10.1016/j.schres.2020.04.025
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