Autisten haben ein höheres Suizidrisiko

Autistische Kinder haben ein höheres Suizidrisiko

Eine nee Studie der Penn State College of Medicine stellt fest, dass einige Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Störung ein größeres Risiko für Selbstmordgedanken und/oder Suizidversuche haben.

Demographische Faktoren, Depression und Verhaltensprobleme

Die Forscher entdeckten, dass das Risiko mit dem Vorhandensein von Depression und Verhaltensproblemen, sowie mit demographischen Faktoren verbunden ist.

„Wir haben uns die Berichte über Suizidgedanken und Selbstmordversuche unter Kindern mit Autismus angesehen und mit Kindern ohne Autismus verglichen“, sagte Angela Gorman, Ph.D., Dozentin für Kinderpsychiatrie.

Gorman und Co-Forscher analysierten Daten von 791 Kindern mit Autismus, 186 normal-entwickelten Kindern und 35 nicht-autistischen depressiven Kindern (Alter zwischen 1 – 16), die von Eltern zur Verfügung gestellt wurden.

Demographische Risikofaktoren

Die Forscher sahen sich Leistungen und kognitive Fähigkeiten, sowie auch verschiedene demographische Variablen an. Sie entdeckten, dass die vier bedeutsamsten demographischen Variablen und die zugleich ein höheres Risiko für Suizidgedanken und Versuche bedeuteten, folgende waren:

  • afroamerikanische oder lateinamerikanische Rasse,
  • 10 Jahre alt oder älter,
  • sozioökonomischer Status (höheres Risiko bei geringerem Einkommen der Eltern) und
  • männlich.

Bis zu 2800% höheres Risiko

Die Forscher stellten fest, dass der Prozentsatz der Kindern mit Autismus (die von ihren Eltern eingeschätzt wurden, dass sie sehr oft an Selbstmord denken oder Suizid bereits versuchten) 28-mal größer war als der von nicht-autistischen Kindern, jedoch dreimal niedriger als der von depressiven nicht-autistischen Kindern.

„Das war wahrscheinlich der wichtigste Teil der Studie“, sagte Gorman. „Wenn man in einige dieser Kategorien fällt und als autistisch von einem Elternteil eingeschätzt worden ist, dass in je mehr Kategorien man fällt, desto höher ist das Risiko für Suizidgedanken oder Selbstmordversuche“.

Depression

Wie erwartet, war Depression die am stärksten ins Gewicht fallende Vorhersagevariable von Selbstmordgedanken oder Versuchen bei Kindern mit Autismus. Siebenundsiebzig Prozent der Kindern mit Autismus, die von ihren Eltern als depressiv eingeschätzt wurden, hatten Suizidgedanken oder Versuche.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Penn State College, März 2013

Sehr großes Suizid-Risiko und geringes Wissen über Ursachen

19.06.2017 Die Suizidraten unter Menschen mit Autismus haben ein „besorgniserregend“ hohes Ausmaß erreicht, sagen Experten der Universitäten Coventry und Newcastle in der Zeitschrift Lancet Psychiatry.

Die Studie zeigt, dass Suizid/Selbstmord eine führende Ursache für vorzeitigen Tod bei Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung (ASS) ist. Doch warum das so ist, bleibt immer noch unklar, schreiben die Autoren.

Seit Jahren haben Gesellschaft und Gesundheitssystem die Stimmen von Familien ignoriert, die autistische Angehörige unnötig und viel zu jung verloren haben, schreibt Jon Spiers, Chef der Autismusforschung der Wohltätigkeitsorganisation Autistica. Jüngste Forschungen zeigen nun das wahre Ausmaß des Problems.

Viele sind nicht depressiv

Studienautorin Dr. Sarah Cassidy berichtet von einer klinischen Studie aus dem Jahr 2014 – ebenfalls in Lancet Psychiatry veröffentlicht – dass 66 Prozent der Erwachsenen, die mit dem Asperger-Syndrom neu diagnostiziert wurden, über einen Suizidversuch berichten (Allgemeinbevölkerung 17%; bei Menschen mit Psychosen 59%). 35% berichteten über Suizidpläne oder Suizidversuche.

Darüber hinaus sagen aber nur etwa 31 Prozent derjenigen mit Suizidabsichten, dass sie depressiv waren, was auf einen anderen Weg zur Suizidalität hindeutet als in der Allgemeinbevölkerung.

Frauen am stärksten gefährdet

Diejenigen mit dem größten Selbstmordrisiko waren Frauen mit Autismus ohne komorbide Lernbehinderung, während es in der englischen Allgemeinbevölkerung – wie in den anderen westlichen Gesellschaften – Männer sind.

Das Asperger-Syndrom

Das Asperger-Syndrom wird als milde Variante des Autismus erachtet und ist als eigenständiges Störungsbild aus dem DSM-5 verschwunden (das ICD-11 wird das Syndrom auch nicht mehr als Einzelstörung führen) und geht in das Spektrum autistischer Störungen ein.

Eine 2016 in Schweden durchgeführte Studie kam ebenfalls zu dem Schluss, dass Suizid eine führende Ursache für einen vorzeitigen Tod bei Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung ist.

Doch angesichts der verbreiteten Suizidgedanken unter Autisten gibt es viel zu wenige Studien, die dies untersuchen, sagte Cassidy. Und diese wenigen Studien zeigen, dass wir viel zu wenig über wirksame potentielle Interventionen wissen.

Wissen ist ungenügend

Es gibt erhebliche Unterschiede zum Beispiel bei den Selbstmord-Risikofaktoren bei Autismus im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung, was bedeutet, dass der Weg von den Suizidgedanken zu suizidalen Verhaltensweisen ganz anders verlaufen könnte.

Die Modelle, die wir derzeit als bewährte Praxis für die Beurteilung und Behandlung von Suizidalität betrachten, müssen für Autisten überdacht, und die Gesundheitspolitik entsprechend angepasst werden, so dass neue Ansätze in Erwägung gezogen werden und zum Einsatz kommen könnten, schließt Cassidy.

Der Bericht wurde anlässlich des ersten weltweiten Gipfels zur Suizidalität unter Menschen mit Autismus von den Forschern der Coventry und Newcastle Universitäten veröffentlicht, die die Zusammenkunft mit finanzieller Hilfe von Autistica und der James Lind Alliance auch organisierten.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Coventry Universität; Sarah Cassidy, Jacqui Rodgers. Understanding and prevention of suicide in autism. The Lancet Psychiatry, 2017; DOI: 10.1016/S2215-0366(17)30162-1; Mai 2017

Risikofaktoren für Suizidalität bei erwachsenen Autisten

22.08.2018 Menschen, die ihren Autismus verstecken, indem sie versuchen, sich in die Gesellschaft einzufügen, oder die keine richtige Unterstützung erhalten, sind nach einer im Fachblatt Molecular Autism veröffentlichten Studie einem höheren Suizidrisiko ausgesetzt.

Die Forscher um Sarah Cassidy von der University of Nottingham’s School of Psychology und der Universitäten von Coventry und Cambridge arbeiteten eng mit einer Gruppe von Autisten (n=164; 65 männlich) zusammen, die psychische Probleme, Selbstverletzungen oder Suizidgedanken hatten.

Die Studie ergab, dass es wichtige Faktoren gibt, die einzigartig für Autisten sind, und die erklären, warum Autisten ein höheres Selbstmordrisiko haben, einschließlich: nicht zufriedenstellende Unterstützung und „Camouflage“ (Tarnung) bzw. „Maskierung“ von Autismus, um zu versuchen, sich in soziale Situationen zu integrieren.

Andere Faktoren wie Selbstverletzung, Depression und Unzufriedenheit mit den Lebensumständen waren ähnlich wie in der Allgemeinbevölkerung.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Molecular Autism (2018). DOI: 10.1186/s13229-018-0226-4

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Beiträge zu “Autisten haben ein höheres Suizidrisiko”

  1. Naja, ist doch glasklar, wieso die Selbstmordrate bei Autisten steigt ins Unermessliche.
    Autisten brauchen Routine, klare Verhältnisse und gleichbleibende Umstände.

    Früher hat man in einem Dorf gelebt. Da war alles immer gleich, wenig hat sich verändert.
    Selbe Leute, selbe Geschäfte, selbe Routinen usw.

    Und man war auch besser eingegliedert, weil die Menschen einen im Laufe des Lebens halt kennen, schätzen und lieben gelernt haben (im besten Fall natürlich, aber in den meisten Autisten steckt wahnsinnig viel Herz, die kann man eigetnlich nur gern haben).

    Es war einfach VERLÄSSLICH. Man konnte sich auf was VERLASSEN.
    Und genau das brauchen Autisten.

    Heutzutage in einer Welt in der Smartphones da sind und alles im permanten und ständigem Wechsel wird jeder krank. Erst recht autistische Menschen.
    Erst recht, weil man sich eben auf nix mehr verlassen kann und das unfassbar angsteinjagend ist und einfach nicht machbar. Es gibt ja auch keine Gemeinschaft mehr. Oder keine Gemeinschaften wie früher.
    Und GENAU das wäre wichtig.

    Ich bin selbst Autistin. Ich kann das beurteilen. Wirklich.

    Also Tschuldigung, aber wundern braucht sich da keiner oder fragen, wieso da so ist.

Was denken Sie darüber? Oder haben Sie Erfahrungen damit gemacht?


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