Verkörperte Kognition: Mit den Händen sprechen und denken?

Die Einschränkung der Hand reduziert die Gehirnaktivität und beeinflusst die Geschwindigkeit verbaler Antworten bei semantischen Aufgaben

Verkörperte Kognition: Mit den Händen sprechen und denken?

16.09.2022 Wie verstehen wir Wörter? Was passiert, wenn ein Wort in unserem Gehirn auftaucht? Eine Forschungsgruppe unter der Leitung von Professor Shogo Makioka an der Graduate School of Sustainable System Sciences, Osaka Metropolitan University, wollte die Idee der verkörperten Kognition untersuchen.

Die verkörperte Kognition geht davon aus, dass Menschen die Wörter für Objekte dadurch verstehen, wie sie mit ihnen interagieren. Daher entwickelten die Forscher einen Test, um die semantische Verarbeitung von Wörtern zu beobachten, wenn die Möglichkeiten der Teilnehmer, mit Objekten zu interagieren, eingeschränkt waren.

Verkörperte Kognition

Wörter werden in Beziehung zu anderen Wörtern ausgedrückt; eine „Tasse“ zum Beispiel kann ein „Behälter aus Glas, der zum Trinken verwendet wird“ sein. Man kann eine Tasse jedoch nur benutzen, wenn man versteht, dass man sie in der Hand hält und zum Mund führt, um aus ihr zu trinken, oder dass sie auf dem Boden zerschellt, wenn man sie fallen lässt. Ohne dieses Verständnis wäre es schwierig, einen Roboter zu entwickeln, der mit einer echten Tasse umgehen kann. In der Forschung zur künstlichen Intelligenz sind diese Probleme als „symbol grounding problems“ bekannt, bei denen es darum geht, Symbole auf die reale Welt abzubilden.

Wie gelingt es dem Menschen, sich auf Symbole zu beziehen? Kognitionspsychologie und Kognitionswissenschaft schlagen das Konzept der verkörperten Kognition vor, bei dem Objekten durch die Interaktion mit dem Körper und der Umgebung eine Bedeutung verliehen wird.

Das Experiment

Um die verkörperte Kognition zu untersuchen, beobachteten die Forscher in Experimenten die Reaktionen in den Gehirnen von Teilnehmern auf Wörter, die Objekte beschreiben, die mit der Hand manipuliert werden können, währende die Hände der Teilnehmer sich frei bewegen konnten, im Vergleich zu in der Bewegung eingeschränkten Händen.

Bei dem Experiment wurden den Teilnehmern zwei Wörter wie „Tasse“ und „Besen“ auf einem Bildschirm präsentiert. Sie sollten die relative Größe der Objekte vergleichen, die diese Wörter darstellten, und verbal antworten, welches Objekt größer war – in diesem Fall der „Besen“. Es wurden Vergleiche zwischen den Wörtern angestellt, die zwei Arten von Objekten beschrieben, nämlich mit der Hand manipulierbare Objekte wie „Tasse“ oder „Besen“ und nicht manipulierbare Objekte wie „Gebäude“ oder „Laternenpfahl“, um zu beobachten, wie die einzelnen Arten verarbeitet wurden.

Während der Tests legten die Teilnehmer ihre Hände auf einen Schreibtisch, wo sie entweder frei oder durch eine durchsichtige Acrylplatte in ihrer Bewegung eingeschränkt waren. Wenn die beiden Wörter auf dem Bildschirm angezeigt wurden, sollten die Teilnehmer an beide Objekte denken und ihre Größe vergleichen und beantworten, welches ein größeres Objekt darstellte. Dadurch wurden sie gezwungen, die Bedeutung jedes Wortes zu verarbeiten.

Reaktionen im Gehirn

Die Gehirnaktivität wurde mit funktioneller Nahinfrarotspektroskopie (fNIRS) erfasst, was ohne weitere physische Einschränkungen durchgeführt werden konnte. Die Messungen konzentrierten sich auf den Sulcus interparietalis und den Lobus parietalis (Parietallappen oder Scheitellappen) inferior (Gyrus supramarginalis und Gyrus angularis) der linken Gehirnhälfte, die für die semantische Verarbeitung im Zusammenhang mit Werkzeugen zuständig sind. Die Geschwindigkeit der verbalen Antwort wurde gemessen, um festzustellen, wie schnell der Teilnehmer antwortete, nachdem die Wörter auf dem Bildschirm erschienen waren.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Aktivität der linken Gehirnhälfte als Reaktion auf Objekte, die mit der Hand bedient werden können, durch die „gefesselte“ Hand deutlich reduziert wurde. Auch die verbalen Antworten wurden durch die Handbeschränkung beeinflusst. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Einschränkung der Handbewegung die Verarbeitung der Objektbedeutung beeinflusst, was die Idee der verkörperten Kognition unterstützt. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Idee der verkörperten Kognition auch für künstliche Intelligenz wirksam sein könnte, um die Bedeutung von Objekten zu lernen.

© Psylex.de – Quellenangabe: Scientific Reports (2022). DOI: 10.1038/s41598-022-17702-1

Ähnliche Artikel / News / Themen

Was denken Sie darüber? Oder haben Sie Erfahrungen damit gemacht?


Aus Lesbarkeitsgründen bitte Punkt und Komma nicht vergessen. Vermeiden Sie unangemessene Sprache, Werbung, themenfremde Inhalte. Danke.