Unangebrachtes Vertrauen: Wenn das Vertrauen in die Wissenschaft die Pseudowissenschaft fördert
06.08.2021 Die Covid-19-Pandemie und die Politisierung von Maßnahmen zur Gesundheitsprävention wie Impfungen und das Tragen von Masken haben deutlich gemacht, dass die Menschen die Wissenschaft akzeptieren und ihr vertrauen müssen.
Doch Vertrauen in die Wissenschaft allein reicht nicht aus.
Eine neue Studie zeigt, dass Menschen, die der Wissenschaft vertrauen, eher dazu neigen, falsche (pseudowissenschaftlichen) Behauptungen mit wissenschaftlichen Verweisen zu glauben und zu verbreiten als Menschen, die der Wissenschaft nicht vertrauen. Wenn man die Menschen an den Wert einer kritischen Bewertung erinnert, sinkt der Glaube an falsche Behauptungen, aber wenn man sie an den Wert des Vertrauens in die Wissenschaft erinnert, ist das nicht der Fall.
Die Experimente: Fehlinformationen über ein Virus und genetisch veränderter Organismen
Für die Studie führten die Forscher vier Experimente mit Online-Teilnehmern durch. Die Forscher erfanden zwei fiktive Geschichten – eine über ein Virus, das als Biowaffe geschaffen wurde und die Behauptungen über das neuartige Coronavirus, das Covid-19 verursacht, widerspiegelt, und die andere über eine unbegründete Verschwörungstheorie über die Auswirkungen genetisch veränderter Organismen (GVO) auf Tumoren.
Die erfundenen Geschichten enthielten entweder Verweise auf wissenschaftliche Konzepte und Wissenschaftler, die behaupteten, zu dem Thema geforscht zu haben, oder Beschreibungen von Personen, die als Aktivisten bezeichnet wurden. Die 382 bis 605 Teilnehmer jedes Experiments wurden nach dem Zufallsprinzip entweder der wissenschaftlichen oder der nicht-wissenschaftlichen Version der Geschichten zugewiesen.
Ergebnisse
Die Forscher fanden heraus, dass bei Personen, die kein Vertrauen in die Wissenschaft hatten, das Vorhandensein wissenschaftlicher Inhalte in einer Geschichte keine signifikanten Auswirkungen hatte. Personen, die ein höheres Vertrauen in die Wissenschaft hatten, glaubten jedoch eher den Geschichten mit wissenschaftlichem Inhalt und verbreiteten sie eher.
In einem weiteren Experiment wurden die Teilnehmer aufgefordert, entweder „Vertrauen in die Wissenschaft“ oder eine „kritische Bewertung“ vorzunehmen. Diejenigen, denen eine kritische Einstellung nahegelegt wurde, glaubten den Geschichten eher nicht, unabhängig davon, ob diese wissenschaftliche Referenzen enthielten oder nicht.
Die kritische Einstellung macht Sie weniger leichtgläubig, unabhängig von der Art der Information, sagt Studienautorin Dolores Albarracín vom psychologischen Fachbereich der University of Pennsylvania.
Die Forscher kommen zu dem Schluss: Obwohl Zynismus gegenüber der Wissenschaft katastrophale Auswirkungen haben könnte, legen unsere Ergebnisse nahe, dass die Befürwortung des Vertrauens in die Wissenschaft über wissenschaftliche Etiketten hinausgehen und sich auf spezifische Themen, kritische Bewertung und das Vorhandensein eines Konsenses zwischen mehreren Wissenschaftlern konzentrieren muss.
Schutz vor Fehlinformationen
Der Hauptautor Thomas C. O’Brien von der University of Illinois in Urbana-Champaign sagt:
Obwohl das Vertrauen in die Wissenschaft wichtige gesellschaftliche Vorteile hat, ist es kein Allheilmittel, das die Menschen vor Fehlinformationen schützt. Die Verbreiter von Fehlinformationen beziehen sich häufig auf die Wissenschaft. Die Wissenschaftskommunikation kann die Menschen nicht einfach dazu drängen, allem zu vertrauen, was sich auf die Wissenschaft bezieht, sondern sollte sie stattdessen ermutigen, sich mit wissenschaftlichen Methoden vertraut zu machen und sich kritisch mit Themen auseinanderzusetzen, die wissenschaftliche Inhalte beinhalten.
Die Förderung des Vertrauens in den ‚gesunden Skeptizismus‘, der dem wissenschaftlichen Prozess innewohnt, kann auch ein entscheidendes Element zum Schutz vor Fehlinformationen sein. Die Vermittlung von Kenntnissen über den wissenschaftlichen Validierungsprozess und die Motivation, kritisch und neugierig zu sein, kann dem Publikum die Mittel an die Hand geben, die es braucht, um gefährliche Pseudowissenschaften abzulehnen.
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© psylex.de – Quellenangabe: Journal of Experimental Social Psychology – 10.1016/j.jesp.2021.104184
Es gibt viele Invormationen die nicht relevant sind aber einem verunsichern ich schaue weniger fernsehen um nicht zuviel abgelenkt zu werden