Kortikale Asymmetrien auf verschiedenen räumlichen Hierarchien hängen mit der Fähigkeit zur phonologischen Verarbeitung zusammen
06.04.2022 Forscher unter der Leitung von Mark Eckert von der Medical University of South Carolina, USA, berichten, dass zwei scheinbar gegensätzliche Theorien zur Sprachverarbeitung doch beide richtig sind.
Die in PLOS Biology veröffentlichte Studie zeigt, dass eine größere Asymmetrie der linken Gehirnhälfte sowohl bessere als auch durchschnittliche Leistungen bei einer grundlegenden Messung der Lesefähigkeit vorhersagen kann, je nachdem, ob die Analyse im gesamten Gehirn oder in bestimmten Regionen durchgeführt wird.
Die Fähigkeit, geschriebene Symbole fließend in Sprachlaute umzuwandeln
Die Fähigkeit, geschriebene Symbole fließend in Sprachlaute umzuwandeln, ist ein grundlegender Aspekt des Lesens, der von Mensch zu Mensch variiert und für Personen mit Erkrankungen wie Legasthenie schwierig ist. Strukturelle Asymmetrien zwischen der rechten und der linken Gehirnhälfte scheinen zwar mit dieser Fähigkeit zusammenzuhängen, aber wie genau, bleibt ein Rätsel.
In der neuen Studie wurden strukturelle MRT-Untersuchungen von über 700 Kindern und Erwachsenen zusammen mit einem Lesetest mit Pseudowörtern und einer mathematischen Methode, der sogenannten persistenten Homologie, verwendet, um zwei gegensätzliche Theorien darüber zu testen, wie Asymmetrien im Gehirn die phonologische Verarbeitung beeinflussen könnten.
Die Forscher entwickelten eine Methode, um anhand der MRT-Bilder den Grad der Hirnasymmetrie zu bestimmen, indem sie die persistente Homologie verwendeten.
Asymmetrie in der linken Gehirnhälfte
Sie fanden heraus, dass eine größere Asymmetrie in der linken Gehirnhälfte mit einer besseren Fähigkeit zum Lesen von Pseudowörtern zusammenhing, wenn die Lage der asymmetrischsten Region jeder Person berücksichtigt wurde.
Dies unterstützt die Hypothese der zerebralen Lateralisierung. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass eine stärkere Linksasymmetrie in bestimmten Regionen – darunter eine Region für die motorische Planung (Brodmann-Areal 8) und eine Region für die Leistungsüberwachung (dorsales Cingulum) – mit einer durchschnittlichen Lesefähigkeit verbunden war, was die Kanalisierungshypothese unterstützt.
Bemerkenswert ist, dass die Fähigkeit zum Lesen von Pseudowörtern nicht durchgängig mit Asymmetrien in Hirnregionen verbunden war, die bekanntermaßen für bestimmte Sprachfunktionen wichtig sind. Wie sich strukturelle Links-Rechts-Asymmetrien auf andere Arten von Lesefähigkeiten auswirken und die Funktionen eines linken Sprachnetzwerks beeinflussen, muss noch untersucht werden.
Eckert fügt hinzu: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass strukturelle Hirnasymmetrien auf Populationsebene mit der normalen Entwicklung einer Fähigkeit zur Verarbeitung von Sprachlauten zusammenhängen, die für die Entwicklung einer guten Lesefähigkeit wichtig ist.“
© Psylex.de – Quellenangabe: PLoS Biol 20(4): e3001591. doi.org/10.1371/journal.pbio.3001591