Geschlechtsspezifische Unterschiede in der funktionellen Organisation des Gehirns und ihr Zusammenhang mit klinischen Autismus-Symptomen
20.02.2022 Laut einer neuen in The British Journal of Psychiatry veröffentlichten Studie der Stanford University School of Medicine unterscheidet sich die Gehirnorganisation von Jungen und Mädchen mit Autismus.
Die Unterschiede, die durch die Analyse von Hunderten von Gehirnscans mit Techniken der künstlichen Intelligenz ermittelt wurden, sind einzigartig für Autismus und nicht bei normal entwickelten Jungen und Mädchen zu finden. Die Forschung hilft zu erklären, warum sich die Autismus-Symptome zwischen den Geschlechtern unterscheiden, und könnte den Weg für eine bessere Diagnostik bei Mädchen ebnen, so die Wissenschaftler.
Analyse von Gehirnscans
Die Studie analysierte funktionelle Magnetresonanztomographie-Gehirnscans von 773 Kindern mit Autismus – 637 Jungen und 136 Mädchen. Das Forschungsteam stützte sich auf Daten, die in Stanford gesammelt wurden, sowie auf öffentliche Datenbanken mit Gehirnscans von Forschungseinrichtungen auf der ganzen Welt.
Anhand von 678 Gehirnscans von Kindern mit Autismus entwickelten die Forscher um Kaustubh Supekar einen Algorithmus, der mit 86 %iger Genauigkeit zwischen Jungen und Mädchen unterscheiden konnte. Als sie den KI-Algorithmus an den verbleibenden 95 Hirnscans von Kindern mit Autismus überprüften, konnte er Jungen und Mädchen mit der gleichen Genauigkeit unterscheiden.
Die Wissenschaftler testeten den Algorithmus auch an 976 Hirnscans von normal entwickelten Jungen und Mädchen. Der Algorithmus konnte nicht zwischen ihnen unterscheiden, was bestätigt, dass die von den Wissenschaftlern gefundenen Geschlechtsunterschiede nur bei Autismus auftreten.
Die Unterschiede im Gehirn zwischen Mädchen und Jungen
Bei Kindern mit Autismus wiesen Mädchen in mehreren Hirnzentren, einschließlich motorischer, sprachlicher und visuell-räumlicher Aufmerksamkeitssysteme, andere Konnektivitätsmuster auf als Jungen.
Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern waren in einer Gruppe von motorischen Arealen am größten, darunter der primäre motorische Kortex, das supplementäre motorische Areal, der parietale und laterale okzipitale Kortex sowie die mittleren und oberen temporalen Gyri.
Bei Mädchen mit Autismus waren die Unterschiede in den motorischen Zentren mit dem Schweregrad ihrer motorischen Symptome verknüpft, d. h. Mädchen, deren Gehirnmuster denjenigen von Jungen mit Autismus am ähnlichsten waren, hatten tendenziell die ausgeprägtesten motorischen Symptome.
Die Forscher identifizierten auch Sprachbereiche, die sich zwischen Jungen und Mädchen mit Autismus unterschieden, und wiesen darauf hin, dass frühere Studien größere Sprachbeeinträchtigungen bei Jungen festgestellt haben.
Quellenangabe: The British Journal of Psychiatry, 2022; 1 DOI: 10.1192/bjp.2022.13