Generalisierung positiver Expositionseffekte auf unbehandelte Stimuli aus einer anderen Angstkategorie
10.01.2024 Es wurde lange angenommen, dass verschiedene Ängste verschiedene Expositionstherapien erfordern. Eine aktuelle Studie aus Bochum stellt diese Annahme jedoch in Frage.
Die Forscher der Ruhr-Universität Bochum haben herausgefunden, dass eine Expositionstherapie, die auf eine spezifische Angst abzielt, auch andere Ängste lindern kann. Sie untersuchten 50 Personen mit Spinnen- und Höhenangst und stellten fest, dass, obwohl sie nur die Spinnenangst behandelten, auch die Höhenangst reduziert wurde. Die Ergebnisse dieser Studie wurden von einem Team um Iris Kodzaga und Prof. Dr. Armin Zlomuzica aus der Arbeitsgruppe Behavioral and Clinical Neuroscience der Ruhr-Universität Bochum im Journal Translational Psychiatry veröffentlicht.
Eine Angst kommt selten allein
„Eine Angst kommt selten allein“, sagt Kodzaga, Erstautorin der Studie. „Patientinnen und Patienten, die eine Angststörung haben, entwickeln in der Folge häufig eine weitere.“ Die wirksamste Behandlungsmethode ist die Exposition: Die Betroffenen stellen sich unter psychotherapeutischer Begleitung den angstauslösenden Situationen oder Reizen und lernen so, ihre Angst zu bewältigen.
„Lange Zeit ging man davon aus, dass bei mehreren Ängsten entsprechend auch mehrere, auf die Angst zugeschnittenen Expositionen nötig sind“, sagt Kodzaga.
Das Team aus Bochum hinterfragt nun diese Annahme. Sie führten eine Studie mit 50 Teilnehmern durch, bei der sie die Angst vor Spinnen und Höhen vor und nach einer Expositionstherapie gegen Spinnenangst erfassten. Als Messgröße dienten subjektive Angaben aus spezifischen Fragebögen für Spinnen- und Höhenangst. Darüber hinaus sammelten die Forscher quantitative Verhaltensdaten, wie zum Beispiel, wie nahe die Teilnehmer an die Spinnen herankamen oder wie hoch sie einen Kirchturm erklimmen konnten.
Signifikante Effekt bei subjektiven Angaben und Verhaltensdaten
Die Expositionstherapie gegen Spinnenangst führte nicht nur zu einer Reduzierung der Spinnenangst, sondern auch der Höhenangst. Es gab einen signifikanten Effekt sowohl in den subjektiven Angaben als auch in den Verhaltensdaten: Durch die Konfrontation mit Spinnen verringerte sich die Höhenangst im Durchschnitt um 15 Prozent.
„Die Entdeckung, dass eine Exposition gegen Spinnenangst auch Höhenangst reduziert, eröffnet neue Perspektiven für die effiziente Behandlung von Ängsten “, so Kodzaga. „Es könnte bedeuten, dass wir Therapieansätze überdenken und möglicherweise universellere Methoden entwickeln können.“
Es ist noch unklar, wie der Übertragungseffekt von einer Angst zur anderen entsteht. Assoziative Lernprozesse allein können diesen Effekt nicht vollständig erklären, so die Forscherin. Sie fügt hinzu, dass der Generalisierungseffekt möglicherweise durch eine erhöhte Selbstwirksamkeit als Ergebnis der Expositionstherapie entstanden sein könnte. „Vielleicht gibt es aber auch einen gemeinsamen Nenner zwischen Spinnen- und Höhenangst, der nicht offensichtlich ist. Das müssen weitere Untersuchungen zeigen.“
© Psylex.de – Quellenangabe: Translational Psychiatry, 2023, DOI: 10.1038/s41398-023-02698-7