Unter Stress sieht man eher das negative Verhalten des Partners

Wenn die rosarote Brille trüb wird: Stressige Lebensumstände und Wahrnehmung des Partnerverhaltens in der frischgebackenen Ehe

Unter Stress sieht man eher das negative Verhalten des Partners

27.09.2022 Stressige Lebensumstände können sich darauf auswirken, wie Ehepaare miteinander umgehen, aber können sie auch beeinflussen, wie die Partner sich gegenseitig sehen?

Einer neuen in der Fachzeitschrift Social Psychological and Personality Science veröffentlichten Studie zufolge nimmt eine Person unter Stress eher das negative Verhalten ihres Ehepartners wahr als das positive.

Wahrnehmung des Partnerverhaltens

Frühere Forschungen haben sich darauf konzentriert, wie Stress das Verhalten beeinflusst, aber diese Studie legt nahe, dass Stress beeinflussen könnte, welche Handlungen Beziehungspartner an erster Stelle wahrnehmen. Zu den beobachteten negativen Handlungen gehörten das Brechen eines Versprechens, das Zeigen von Wut oder Ungeduld oder das Kritisieren des Ehepartners.

Teilnehmer, die über stressigere Lebensereignisse außerhalb ihrer Beziehung berichteten, wie z. B. Probleme bei der Arbeit, bemerkten mit größerer Wahrscheinlichkeit, wenn sich ihr Partner rücksichtslos verhielt, sagt die Hauptautorin Dr. Lisa Neff von der University of Texas in Austin.

Die Studie

Die Forscher baten 79 heterosexuelle, frisch verheiratete Paare, 10 Tage lang jede Nacht einen kurzen Fragebogen auszufüllen, in dem sie sowohl ihr eigenes Verhalten als auch das ihres Partners dokumentierten. Bevor sie mit diesem Teil der Studie begannen, füllten die Teilnehmer einen Fragebogen zu Einzelheiten über stessende Ereignisse in ihrem Leben aus.

Die Untersuchung von Frischvermählten macht die Bedeutung der Ergebnisse noch deutlicher, so Neff, da sich Paare während der „Flitterwochen“ besonders häufig auf das positive Verhalten des anderen konzentrieren und negative Handlungen übersehen.

Längerer Stress

Die Forscher stellten fest, dass ein einziger stressiger Tag nicht ausreicht, um die Aufmerksamkeit auf das negative Verhalten des Partners zu lenken, dass aber eine längere Anhäufung von stressigen Lebensumständen diese Verschiebung des Fokus bewirken könnte. Die Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass Personen unter Stress nicht weniger wahrscheinlich das positive Verhalten ihres Partners wahrnehmen, sondern einfach eher rücksichtslose Handlungen bemerken.

Es ist zwar möglich, dass Paare, die sich der Auswirkungen von Stress bewusst sind, ihr Verhalten korrigieren und den Schaden für die Beziehung begrenzen können, doch Neff merkt an, dass dies bis zu weiteren Untersuchungen Spekulation bleiben wird. Zukünftige Forschungen täten deshalb gut daran, diese Studie über die Flitterwochenphase hinaus auszuweiten.

Z.B. sollte untersucht werden, ob die schädlichen Auswirkungen von Stress bei Paaren, die sich nicht mehr in der Phase des Frischvermähltseins befinden, noch stärker sind, sagt Neff, „aber die Tatsache, dass wir diese Auswirkungen in einer Stichprobe von Frischvermählten gefunden haben, zeigt, wie stark die Auswirkungen von Stress sein können.“

© Psylex.de – Quellenangabe: Social Psychological and Personality Science (2022). DOI: 10.1177/19485506221125411

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