Depression und der Blutfluss im Gehirn

Studie zeigt Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der Depression und der Durchblutung bestimmter Bereiche des Gehirns

Depression und der Blutfluss im Gehirn

07.07.2024 In einer neuen Studie untersuchen Forscher den Zusammenhang zwischen der Hirndurchblutung und dem Schweregrad der Depression.

Die Wissenschaftler arbeiteten mit einer privaten psychiatrischen Praxis mit mehreren Standorten zusammen, um die Gehirnscans von 338 Patienten mit schweren depressiven Störungen und 103 gesunden Kontrollpersonen zu analysieren. Der Datensatz umfasst Scans von Patienten im Alter von 18 bis 65 Jahren und erstreckt sich über acht Standorte in den Vereinigten Staaten.

Als eine der größten und repräsentativsten Studien ihrer Art liefert diese Untersuchung neue Erkenntnisse darüber, wie der Blutfluss funktionelle Probleme in den mit Depressionen verbundenen Regulationsstrukturen des Gehirns darstellt – und weist auf den Zellstoffwechsel als Schlüsselmechanismus für das Fortschreiten und die Schwere der Erkrankung hin.

Regionaler zerebraler Blutfluss beeinflusst regulatorische Netzwerke im Gehirn

Die in Translational Psychiatry veröffentlichte Analyse der SPECT-Gehirnscans durch die Forscher ergab, dass der zerebrale Blutfluss bei Patienten mit Depressionen im Vergleich zu der gesunden Kontrollgruppe insgesamt erhöht war. Was die Forscher jedoch am meisten faszinierte, war, wie der Blutfluss je nach Region variierte.

Der regionale Blutfluss im Gehirn war in den limbischen Strukturen – einschließlich der Basalganglien, des Thalamus und des Kleinhirns – überproportional erhöht. Diese Strukturen regulieren die wichtigsten kognitiven Prozesse unseres Körpers wie Denken, Aufmerksamkeit, Emotionen und Verhalten.

„Probleme in diesen Regulationsnetzwerken des Gehirns stehen im Einklang mit den seit langem bekannten kognitiven und Aufmerksamkeitsproblemen bei Menschen mit Depressionen – von Konzentrationsstörungen über Grübeln bis hin zu einer allgemein schlechten Stimmung“, erklärt Dr. Bradley Peterson vom Brain Imaging Lab des Children’s Hospital Los Angeles.

Zuordnung des Stoffwechsels zum Schweregrad der Depression

Die Feststellung eines erhöhten Blutflusses in diesen Schlüsselregionen des Gehirns gibt den Forschern einen Hinweis auf die wahren biologischen Ursachen der Depression: Stoffwechsel und Zellaktivität.

„Es ist nicht der Blutfluss an sich, der uns interessiert, sondern das, was der Blutfluss anzeigt“, fügt Peterson hinzu.

Der Stoffwechsel wird durch eine erhöhte zelluläre Aktivität angetrieben. Hypermetabolismus entsteht, wenn die Zellen übermäßig viel Energie verbrauchen, was einen erhöhten Blutfluss erfordert. „Es scheint eine globale Störung der Zellfunktionen und des Stoffwechsels in den Gehirnen depressiver Menschen zu geben“, sagt Peterson, „Irgendetwas läuft in den Zellen nicht effizient und kontrolliert den Energieverbrauch nicht angemessen.“

Der Anstieg des Blutflusses war auch proportional zum Schweregrad der Depression, was die Forscher zu der Annahme veranlasst, dass der Hypermetabolismus pathologisch ist, d. h. aus strukturellen oder funktionellen Unterschieden in der Biologie resultiert, und nicht kompensatorisch ist, da eine Kompensation den verminderten zerebralen Blutfluss umgekehrt mit dem Schweregrad der Depression korrelieren würde.

Implikationen für die Verhaltensmedizin in der Kinderheilkunde

Für diese Studie wurden Hirnscans von Personen ab 18 Jahren verwendet. Laut Peterson ist diese Forschung jedoch Teil eines größeren Projekts des Behavioral Health Institute, das sich mit der Frage beschäftigt, wie und wo Depressionen bei Kindern beginnen.

„Es gibt allen Grund zu der Annahme, dass die meisten Formen der Depression bei Kindern eine ähnliche Ursache oder Pathophysiologie haben wie Depressionen bei Erwachsenen“, sagt er, vor allem, weil viele Formen der Depression bei Erwachsenen in der Kindheit beginnen. „Diese Studie gibt uns indirekt Aufschluss über die Biologie der Depression bei Kindern“.

Was kommt als Nächstes? Tieferes Eintauchen in die Auswirkungen des Hypermetabolismus auf das Gehirn

Die reichhaltigen Daten aus dieser standort- und generationenübergreifenden Studie geben Peterson und seinem Team genügend Einblicke, um Folgestudien durchzuführen, die das Verständnis der Mechanismen von Depressionen weiter vertiefen und potenzielle Behandlungsmöglichkeiten aufzeigen.

Vor allem sind die Forscher der Ansicht, dass Hypermetabolismus ein sinnvolles Ziel für neuartige Depressionstherapeutika sein könnte, und künftige Forschungen könnten darauf abzielen, die spezifischen zellulären Komponenten aufzudecken, die der metabolischen Dysfunktion zugrunde liegen.

© Psylex.de – Quellenangabe: Translational Psychiatry (2024). DOI: 10.1038/s41398-024-02961-5

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